Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)
wieder, und mit ihm die Grubenleute und singen ihm Halleluja.«
»Was ist mit Georg Hoechstetter?«
Hurlocher war aus der Bahn geworfen. Sein Mund arbeitete lautlos, während sein Gehirn sich auf die neue Frage einzustellen versuchte.
»Wegen seiner Entsendung nach Venedig«, brachte er schließlich heraus.
»Ach, die Sache.« Gregor winkte ab. »Hoechstetter schickt seine Söhne zur Ausbildung in andere Städte. Ambrosius, der Nächstjüngere, ist für Brügge vorgesehen, wie man hört. Georgsoll nach Venedig. Das Haus Hoechstetter hat im Fondaco dei Tedeschi dort ein eigenes Kontor.«
»Das ist doch nichts Besonderes.«
Stinglhammers Majordomus war sichtlich bemüht, die Welt seines Aberglaubens zu verlassen und wieder in die Wirklichkeit zurückzufinden. »Da war wohl im Vorfeld einiges los«, sagte er nach einer kleinen Pause.
»Was wissen Sie darüber?«
»Was Herr Stinglhammer mir darüber anvertraut hat – eine ganze Menge.« Er schien in sein altes Selbst zurückzukehren. »Allerdings unter dem Siegel der Verschwiegenheit.«
»Ich löse dieses Siegel«, sagte Gregor und starrte Hurlocher an. Der Majordomus gab ohne Gegenwehr nach. Ich hatte das Gefühl, er hätte es auf jeden Fall getan.
»Georg Hoechstetter bringt Beteiligungsrechte an einem Bergwerk bei Reutte nach Venedig – Ulrich Hoechstetter hat sie teuer verkauft, denn die Serenissima ist ganz wild auf leicht bearbeitbares Metall für ihre Flotte. Und im Haus Hoechstetter trägt man sich schon einige Zeit mit dem Gedanken, eine Messinghütte in der Nähe des Bergwerks zu errichten; das Geld aus Venedig könnte dieses Vorhaben beschleunigen.«
»Und weshalb sagten Sie, es habe Aufruhr im Vorfeld dieses Handels gegeben?«
»Sehen Sie«, Hurlocher senkte tatsächlich die Stimme, »es ist nicht ganz klar, ob die Ursprungsrechte an diesem Erzvorkommen wirklich ausschließlich dem Hause Hoechstetter gehören. Wie es heißt, melden auch die Häuser Fugger, Gossembrot, Welser und Herwart Rechte darauf an. Als Ulrich Hoechstetter der Ältere die Ausbeutungsrechte erwarb, lieh er sich wohl von den genannten Familien Geld und überschrieb ihnen dafür als Sicherheit Beteiligungen. Nach Prüfung der Dokumente hat sich zwar herausgestellt, dass die Beteiligungen nach Rückzahlung der Kredite zurückgegeben wurden, doch zumindest die Welser und Gossembrot behaupten, diese Dokumente seien gefälscht und es habe sich niemals um Sicherheiten, sondern um Übereignungen gehandelt.«
»War einer der Prüfer, die die Dokumente begutachtet haben, Martin Dädalus?«
»Der Name sagt mir wirklich nichts.«
»Aber Ludwig Stinglhammer war in die Prüfung der Dokumente verwickelt.«
»So ist es.«
Ich stand auf. Gregor sprang nach sekundenlangem Zögern mit auf, sodass Hurlocher verstummte und zu uns hochsah. »Was ist nun?«, stotterte er verwirrt.
»Wir sind fertig. Danke für Ihre Mitarbeit«, sagte ich, als wäre ich der liebenswürdigste Mensch auf der Welt. Hurlochers Unterkiefer sank herab.
»Das ist... alles?«
»Verlangen Sie denn nach mehr?«
Er schüttelte den Kopf. Gregor räusperte sich.
»Bringen Sie uns nach vorn, oder sollen wir uns selbst rauslassen?«, fragte er grob. Hurlocher riss sich zusammen und zwang ein Lächeln in sein Gesicht. Das Lächeln wurde breiter und weniger angestrengt, als ihm klar wurde, dass wir es ernst meinten. Schnell drückte er sich an uns vorbei und öffnete die Tür. Gregor warf mir einen fragenden Blick zu, als ich ihm den Vortritt ließ, und ich antwortete mit einem leichten Schulterzucken.
»Ich bin gespannt, was du mir draußen zu sagen hast«, flüsterte er.
»Geht mir genauso.«
Er brummte etwas und trat beiseite, damit Hurlocher an uns vorbeidienern konnte. Das Gesinde saß noch immer in der Wohnstube, wie wir es verlassen hatten. Hurlocher ließ seine Blicke über die Leute schweifen und rollte die Augen, um zu bekräftigen, dass sie allesamt Gesindel seien, dem nur die unverständliche Langmut ihres Herrn die harte Hand seines Majordomus erspart hatte. Die wenigen Schritte von Stinglhammers Kammer hier herein hatten genügt, um ihn vollends zu überzeugen, dass die peinliche Befragung nicht auf ihn wartete und dass er uns so gut wie los war. »In der Kammer des Herrnsteht Essen und Trinken«, rief er verächtlich in den Raum hinein. »Ihr könnt euch davon holen.« Dann zwinkerte er uns einmal mehr zu und richtete seinen Blick auf die Dienstmagd, die uns das Essen gebracht hatte. »Ein rechter
Weitere Kostenlose Bücher