Das Spiel des Alchimisten: Historischer Roman (German Edition)
Haushalt.« Er wandte sich an die junge Frau, die das Brot neben der Speckseite auf die Truhe legte. Er grinste und zwinkerte uns zu. »Als Majordomus muss man in alles eindringen, was mit dem Gesinde zu tun hat; ist doch so?«
Die Magd wandte den Kopf zur Seite und erwiderte nichts. Ich ließ sie bis zur Tür kommen, dann sagte ich zu ihr: »Wie gut hast du Herrn Stinglhammer gekannt?«
Sie hob den Kopf und senkte ihn gleich wieder. Sie zuckte mit den Schultern.
»Er hat die Befehle an das Gesinde über mich erteilt«, beeilte sich Hurlocher zu erläutern.
Ich wandte mich erneut an die junge Frau: »Hättest du gedacht, dass ihn jemand ermorden würde?«
Sie erschauderte, blieb jedoch weiterhin stumm. Bisher hatte ich sie nur einmal sprechen hören.
»Niemand hätte das je für möglich gehalten«, sagte Hurlocher.
»Du redest nicht gerade viel«, meinte ich. Sie sah mich an. Hurlochers Gesicht verzog sich zu einem Grinsen.
»Frauen und ihre Launen. Bevor Sie gekommen sind, hat sie den Mund noch ganz schön voll genommen, habe ich Recht?«
Die junge Frau zuckte zusammen und schluckte krampfhaft. Ich nickte ihr zu, und auf Hurlochers Wink hin verschwand sie.
»Erzählen Sie uns etwas über Stinglhammers Feinde«, forderte ich Hurlocher auf.
»Ich glaube nicht, dass er Feinde hatte.«
»Es wird nicht gerade ein Freund gewesen sein, der ihm den Hals umgedreht hat.«
»Nein, wahrscheinlich nicht.«
»Wo waren Sie in der Nacht von gestern auf heute?«
»Ich? Aber Sie glauben doch nicht ernsthaft...?«
»Wo?«
Hurlocher sagte nichts. Er wandte sich an Gregor, doch dieser starrte durch ihn hindurch und klopfte mit dem Stöckchen gegen seinen Schenkel.
»Ich glaube, mir ist gar nicht klar, wer Sie eigentlich sind«, begann Hurlocher schließlich mit bemühter Höflichkeit, »den Burggrafen kenne ich, doch ...«
»Ihn werden Sie noch kennen lernen«, sagte Gregor, und ich war erstaunt, dass er über so viel Geistesgegenwart verfügte, aus meiner Person weiterhin ein Geheimnis zu machen.
Hurlocher sah zwischen Gregor und mir hin und her. Seine Haltung war angespannt.
»Ich kann Zeugen benennen, die mich gesehen haben«, sagte er langsam.
»Vor Gericht?«
Er wand sich. »Wenn es sein muss.«
»Die Aussage einer Dienstmagd zählt nicht vor Gericht.«
»Sie können doch nicht ernstlich glauben, dass ich Herrn Stinglhammer ... und dann die Begleitumstände ...«
»Welche Begleitumstände?«
Er blinzelte. »Die ... das Zeichen ... das unheimliche Verschwinden des Mörders ...«
»Wer hat Ihnen davon erzählt?«
»Irgendwer, ich weiß nicht. Der Waibel des Bischofs ...«
»Unwahrscheinlich«, knurrte Gregor.
»Na schön«, sagte ich hart. »Ich glaube Ihnen kein Wort. Wir müssen das Verhör im Rathaus fortsetzen.«
»Aber ich ... der questor hat doch ...«
»Ein Befragungszimmer mit dicken Wänden gibt es auch im Bischofspalast«, versicherte ich.
»Bitte nicht. Ich bin doch kooperativ!« Er wies hastig auf das Fleisch und das Brot. »Wollen Sie nicht... Sie müssen doch hungrig sein?«
»Mit wem hatte Ludwig Stinglhammer in den letzten Tagen Umgang?«
»Ah, wie? Ich meine ... Männer, die ihn besucht haben, möchten Sie sagen?« Ich starrte ihn an.
»Niemand hat ihn besucht. Aber er war viel unterwegs in der letzten Zeit, kaum zu Hause.«
»Wo war er?«
»Er hat es mir nicht gesagt.«
»Das ist seine Stube, oder?«
»Ja, ja, sicher.« Hurlocher sah sich verwirrt um.
»Würde er es für gutheißen, dass Sie sie benutzen?«
Er räusperte sich und versuchte, einen Hauch seiner vorherigen Überlegenheit wiederzugewinnen. »Ich hatte vermutet, Sie wollten in Ruhe mit mir sprechen.«
»Sie haben keine eigene Kammer?«
»Ich schlafe beim Gesinde.«
»Wenn das Ihr Bruder wüsste, der hoch geehrte Pfleger von Sankt Nikolaus.«
Hurlocher errötete bis unter die Haarwurzeln. Er sah zu Boden.
»Mit wem hat sich Ludwig Stinglhammer getroffen?«
»Ich habe gehört, er sei viel bei Herrn Hoechstetter gewesen. Aber bitte, das sind nur Gerüchte.«
»Natürlich war er viel bei Georg Hoechstetter. Er war der Buchhalter seines Vaters.«
»Nein, ich meine Herrn Hoechstetters Vetter Karl.«
»Wer ist das?«
»Der Faktor der Hoechstetter«, sagte Gregor.
»Ging es um Geld?«
»Das weiß ich doch nicht!«
»Ich sehe immer noch keine Möglichkeit, auf die peinliche Befragung zu verzichten«, brummte ich. Hurlocher erbleichte. Ich hatte ein schlechtes Gefühl dabei, ihm mit der Folter zu drohen.
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