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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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aber vorverurteilen wollte ich hier niemanden.
Welches Laster außer der Gelehrsamkeit der ehrwürdige Gelehrte haben mochte, der sich schwer auf seinen Gehstock stützte, wagte ich nicht einzuschätzen. Er zeigte ein ausdrucksloses Gesicht und schien gänzlich in seine eigenen gelehrten Betrachtungen versunken zu sein. Völlerei und Wollust aber dünkten mich die Sünden des wohlbeleibten Kaplans zu sein, der uns mit wollüstiger Leidenschaft vor den Folgen unrechten Tuns warnte.
    Ismael an meiner Seite begutachtete ebenfalls die fromme Versammlung, aber wie ich ihn kannte, waren es die Reize der Jungfern und Frauen, die er studierte. Es befanden sich ein paar hübsche Weibsleute darunter. Die hochmütige Äbtissin war eine üppige Matrone mit einem unerwartet sinnlichen Kussmund, Jonata, die Ehefrau des Pächters, trug, wenn auch ein wenig verhärmt, so doch edle Züge. Loretta war ein lockendes Weib, wenngleich mit gierigen Augen. Hatten auch die beiden edlen Maiden, die neben van Dyke beieinanderstanden, ihre Häupter züchtig mit Schleiern verhüllt, so besaßen sie doch höchst anmutige Figuren.
    »Das Novizchen ist ein bisschen scheu, aber von hübscher Gestalt, und Ännchen, die Kammerjungfer, hat ein einladendes Hinterteil«, ergänzte Ismael meinen Gedankengang.
    »Und wer ist der Buckelige da?«, wisperte ich zurück.
    »Der Secretarius des van Dyke. Sie rufen ihn Puckl.«
    »Wie einfallsreich.«
    Endlich hatte Magister Johannes alles gesagt, was es zu fallenden Sternen und dräuendem Unheil zu sagen gab, und Ritter Ulrich von der Arken trat vor. Er trug nicht mehr seinen Wappenrock, sondern einen schwarzen Surkot, dessen weite Falten mit einem ebenfalls schwarzen, silberbeschlagenen Gürtel zusammengehalten wurden. Doch sein prachtvolles Gewand beeindruckte mich nicht; es ging darum, die Lage zu verstehen, in die er mich gebracht hatte.
    Der Ritter ergriff das Wort.
    Burg Langel, so erklärte er uns, sei ein verwaistes Lehen,
seit der Erbe des verstorbenen Burgherrn Eberhart von Langel sich im vergangenen Jahr dazu entschieden hatte, das Gelübde bei den schweigenden Kartäusern abzulegen. Die Burg samt Dorf und Ländereien aber war ein Kon-Dominium des Kurfürsten und Erzbischofs von Köln und dem Herzog von Jülich und Berg - ein Erblehen, das nun an die Eigner zurückfiel, die es neu vergeben wollten. Dabei gab es aber Ansprüche zu bedenken. Erbberechtigt wäre Casta, die Tochter des verstorbenen Lehnsmanns, oder sein Neffe, der Hofministerial König Ruperts, Lucas van Roide. Beide Personen hatten Fürsprecher benannt, Casta ihren Oheim, den Speyrer Domgrafen Gottfried von Fleckenstein, und Lucas seinen Oheim, den Gelehrten Doktor Humbert von Langel.
    »Kann denn ein Weib eine Burg zu Lehen bekommen?«, flüsterte Ismael.
    »Ja, als Kunkellehen, sozusagen als Mitgift«, erklärte ich ihm leise.
    Herr Ulrich sandte einen schnellen Blick in unsere Richtung und fuhr mit seinen Erklärungen fort. Es schien sich noch ein wenig komplizierter zu gestalten, denn sowohl der Erzbischof als auch der Graf hatten ihre Vorstellungen davon, wer das Lehen erhalten sollte. Wie es aussah, hatte der ständig unter Geldnöten leidende Kölner Erzbischof Friedrich von Saarwerden einen umfänglichen Kredit bei Hinrich van Dyke aufgenommen und wollte ihm die Burg und ihre Einkünfte dafür überlassen. Vertreten wurde der Erzbischof von dem Stiftsherrn von Sankt Gereon, Anselm van Huysen. Und er selbst, so erklärte Ritter Ulrich, sei als Vertreter des Herzogs von Jülich und Berg anwesend, der ihm überlassen hatte, nach Gutdünken zu entscheiden.
    »Aus diesem Grund habe ich alle Betroffenen hierher eingeladen. In den nächsten Tagen wollen wir die Gründe der Anspruchsberechtigten hören und über sie beraten. Doch heute Abend wollen wir gemeinsam essen und uns von Meister Hardo Lautenschläger unterhalten lassen.«

    Ich neigte, die Rechte auf mein Herz gedrückt, mein Haupt, als sich die verwunderten Blicke zu mir wandten. Doch dann entzogen Ismael und ich uns rasch der Gesellschaft, um uns für den Auftritt vorzubereiten.

Der Jungfern Wünsche
    »Meinst du, dass wirklich ein großes Unglück über uns kommt?«
    Casta löste den Schleier über ihren Haaren und legte ihn sorgsam zusammen. Engelin rupfte den ihren mit weit größerem Schwung herunter und warf ihn nachlässig über die Truhe.
    »Der Schweifstern ist ein gefundenes Fressen für alle Moralapostel. Seit seinem Auftauchen vergeht keine Andacht, in der nicht

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