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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Darbietung übertönte die Gespräche unten an den Tischen nicht laut, doch hier und da wandte sich ein Gesicht nach oben zu uns.
    Wir hatten unsere Barette aufgesetzt, Ismael eines aus rotem Samt mit drei schwarz-weißen Elsterfedern; meines war dunkelgrün, und ein Fasan hatte seine längsten Federn dafür lassen müssen. Als unser erstes Stück zu Ende war, erhoben wir uns, schwenkten schwungvoll unsere Kopfbedeckungen und verbeugten uns. Applaus war nicht zu
erwarten, nur diese Geste, darum setzten wir unsere Tischmusik fort.
    Eine Magd kam nach einer Weile zu uns hoch und brachte uns einen Krug mit Wein, den ich mit einem dankbaren Nicken annahm. Doch es dauerte noch immer geraume Zeit, bis das Mahl seinem Ende entgegenging. Schließlich räumten die Knechte die Tische ab und brachten nur noch Bier-, Most- und Weinkrüge in den Saal. Dietrich, der Knappe, tauchte bei uns auf der Galerie auf, zeigte uns, wie eine wirklich höfische Verbeugung auszusehen hatte, und sagte: »Meister Hardo Lautenschläger, mein Herr bittet Euch, nach unten zu kommen und die Gesellschaft mit einigen Liedern und Geschichten zu erfreuen.«
    »Dann will ich das tun, Dietrich. In der Zwischenzeit könntest du meinem Begleiter ein Essen besorgen.«
    »Natürlich. Wenn du mir folgen wolltest, Ismael.«
    Der nahm eine übertrieben höfische Pose ein und fragte: »Lernt man dies gedrechselte Wesen, oder ist das angeboren?«
    Ich gab Ismael eine Kopfnuss.
    »Er wird’s wohl nie lernen, Dietrich. Sei nachsichtig mit ihm.«
    »Ein gestrenger Herr …«
    »Wie der deine?«
    Dietrich sagte nichts mehr, sondern führte uns noch einmal seine anmutige Verbeugung vor. Eine Silbe zu dem Gedicht über den düsteren, grüblerischen Ritter Ulrich gesellte sich zu den anderen und ergab ein Wort.
    Nachsicht.
    Das war ungewöhnlich. Und ich mochte keine Überraschungen! Es hatte sich in mir ein Bild von Ritter Ulrich von der Arken geformt, und das schloss Nachsicht bisher aus. Nun gut, man würde später weitersehen.
    Mit meiner Laute in den Armen schritt ich an den Tischen vorbei auf die Hohe Tafel zu. Drei Stufen aus glänzend gewachstem Holz führten zu der mit schimmerndem
Brokat gedeckten Tafel hinauf, und ich nahm auf der obersten Stufe meinen Platz zu Füßen der Herrschaften ein. Von hier hatte ich einen guten Überblick über die Gäste, und sie konnten mich ebenso bewundern. Doch zunächst widmete ich mich meinem Instrument. Die Laute war ein Kunstwerk aus feinsten Hölzern, der Klangkörper schmiegte sich weich wie ein üppiger Frauenleib an den meinen, zierliche Schnitzereien verschlossen das Schallloch, köstliche Einlegearbeiten aus Elfenbein und Perlmutter schützten sie vor Kratzern des Plektrums, mit dem ich die Saiten anschlug. Noch einmal stimmte ich sie, dann schaute ich zu dem Ritter auf.
    »Spielt auf, Meister Hardo, wir bitten Euch.«
    »Wohl denn, hört das Lied von den Linden am Weg.«
    Ich ließ auf den Saiten die heitere Melodie erklingen und hub dann zu singen an. Ich weiß, alle Welt zuckt zusammen, wenn meine Stimme ertönt, und so war es auch hier. Nicht dass sie unangenehm klang, sie war laut und tief und füllte den Raum. Aber sie war rau wie das Raspeln einer Feile auf hartem Holz.
    »Ich war ein Kind, so wohlgetan
Virgo dum florebam;
So brüstet sich die ganze Welt,
omnibus placebam.
Hoy et oe!
Verdammte Linden dort am Weg!
     
    Ich wollte in die Wiesen gehen
Flores adunare,
da wollte mich ein Tunichtgut
ibi deflorare
Hoy et oe!
Verdammte Linden dort am Weg!« 3

    Die Klage der Jungfrau, die ihr Blümlein unter den Linden verlor, erregte wie üblich hier Heiterkeit, dort Entrüstung. Und das war das Bestreben eines jeden guten Sängers - die tödlichste aller Vorstellungen ist jene, die Langeweile erzeugt. Nach der zweiten Strophe allerdings endete ich und spielte nur noch einmal die Melodie, während ich in mein Publikum schaute. Zufrieden mit dem Ergebnis ließ ich das Lied ausklingen und setzte zu der Geschichte an, mit der ich beschlossen hatte, die Gesellschaft zu unterhalten. Eine Geschichte reich an Abenteuern, wie sie geschätzt wird, eine Geschichte von Helden und den Gefahren, denen sie trotzen, eine Geschichte von Liebe, von Sehnsucht und Magie. Und vom Tod.
Der Ruf erreicht den Helden
    Es lebte einst ein junger Bursche in einer kleinen Burg in den Wäldern. Er war ein schmächtiger Kerl, dessen Hände und Füße zu groß und zu ungelenk von seinem Körper baumelten, und zottelige Simpelfransen hingen ihm in

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