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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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seinem Äußeren beurteilen, vor allem nicht, wenn es … wenn es …«
    »Ist schon gut, Liebes. Ich fürchte nur, er selbst hält sich auch für unansehnlich.«
    Das mag sein, dachte Engelin, aber da ihre Freundin sich nicht abgestoßen fühlte, bestand sicher noch Hoffnung für die beiden. Also meinte sie aufmunternd: »Hör auf, Grillen zu fangen. Als Kunkellehen ist diese Burg hier nicht zu verachten.«
    Casta seufzte.
    Engelin auch.
    Dann fragte Casta unvermittelt: »Und was für einen Mann wünschst du dir zum Gatten?«
    »Oooch, das ist ganz einfach - er muss alle ritterlichen Tugenden besitzen, reich sein und mir ein aufregendes Leben bieten.«
    »Das genügt dir? Nun, dann sollten wir nach einem buckeligen Greis mit faulen Zähnen und Mundgeruch Ausschau halten, dessen weicher Hintern wie eine Dörrpflaume in seiner Bruche hängt.«
    Engelin lachte laut auf.
    »Vergaß ich eines, liebste Casta - eine Augenweide sollte er natürlich auch sein.«
    »Ah, dann also der schöne Minnesänger, der uns gleich zur Unterhaltung aufspielt. Ännchen hat ganz recht. Soviel ich gesehen habe, sind er und sein junger Begleiter den einen oder anderen Blick wert.«
    »Na, dann gehen wir mal unsere Augen weiden. Jede auf ihrer eigenen Wiese.«

Erster Abend
    Dem Palas schloss sich ein langgestrecktes, zweigeschossiges Gebäude an. Unten befanden sich Vorratsräume und Waffenlager, darüber der große Rittersaal, ein prächtiger Raum, doppelt mannshoch mit dunklem, schimmerndem Holz getäfelt; die hohen Mauerbögen darüber, die die Decke trugen, waren mit Wappenschilden, Bannern und Wandteppichen geschmückt. Sowohl zur Landseite wie zur Hofseite hin fiel das Licht aus zwei- und dreifachen Bogenfenstern, die mit klaren Rautengläsern geschlossen waren. Zwischen den beiden Fenstern links nahm der mit poliertem schwarzem Marmor eingefasste mächtige Kamin einigen Platz ein, doch ein Feuer war darin nicht entfacht. Der Mai war warm genug, um darauf zu verzichten. Zwei eiserne Leuchterkränze, mit Wachskerzen bestückt, hingen über den beiden langen Tafeln, die der Länge des Raumes nach aufgestellt waren. Die Mägde hatten sie mit weißem Leinen gedeckt. Ziselierte Zinnbecher und geschnitzte Schneidbrettchen standen an jedem Platz bereit, auf jedem Tisch prunkten ein Salzfass und ein Tafelaufsatz aus funkelndem Kristall, in dem die kostbaren Gewürze aufbewahrt wurden. Es war ein eindrucksvoller Saal, einem Herrn von Stand würdig.
    Wir überblickten die Tische von der Galerie aus, auf der Ismael und ich unsere Instrumente aufbauten. Dieser Empore gegenüber wölbte sich ein blauer Samtbaldachin über der Hohen Tafel, an der sich jetzt der Ritter, die Äbtissin und der Stiftsherr niederließen. Die anderen Gäste wurden von Dietrich, dem Knappen, und einem Diener zu ihren Plätzen geführt.
    Ich war Ida dankbar, dass sie mir zuvor ein Essen gerichtet hatte, denn schon trugen die Mägde Schüsseln und Platten, Körbe und Krüge auf, aus denen mir verlockender Duft in die Nase stieg.
    »Schon ein armseliges Los, das wir hier haben«, murrte Ismael und befreite meine Schalmei aus ihrem Behältnis.
Ich nahm die Laute aus ihrer Umhüllung und stimmte leise die Saiten.
    »Wir bekommen schon unseren Anteil, Gierschlund.«
    »An abgenagten Knochen und ausgekratzten Schüsseln.«
    »Du hast schon lange nicht mehr Hunger leiden müssen, Ismael.«
    »Aber ich hab’s, und daran erinnert man sich gut.«
    Ich schlug ihm die Hand auf die Schulter und grinste: »Dann spiel jetzt um deinen Lohn, Junge.«
    »Da unten gäb’s reichere Beute als das.«
    »Wie es heißt, hat jede Burg ein Verlies.«
    »Ihr seid wie immer ein Born der Erquickung, Meister.« Aber sein Murren war mehr Pose als echter Ärger. So gut kannte ich ihn inzwischen schon. Ich legte die Laute zur Seite und nahm die Schalmei zur Hand.
    »Musizieren wir, aber ich werde meine Stimme noch schonen, denn wie es aussieht, wird sie später noch gebraucht.«
    »Ihr wisst, was hier vorgeht?«
    »Sagen wir so: Ich habe eine gewisse Vorstellung davon, was unser wohledler Herr Ulrich sich von mir erwartet. Obwohl ich mir nicht sicher bin, aus welchem Grund er das tut.«
    Um nicht weiter darüber sprechen zu müssen, stimmte ich eine heitere Weise an, und mit langer Übung fiel Ismael mit dem Schellenkranz mit ein. Musikalisch war der Junge nicht, eine Melodie konnte er kaum halten, und sein Gesang trieb die Vögel aus den Nestern, aber er hatte ein gutes Gefühl für den Rhythmus. Unsere

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