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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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werden dich hinaufziehen!«
    Es war etwas mühsam für uns beide, das alles in dem tiefen Graben zu bewerkstelligen, aber Line war hartnäckig und jammerte auch nicht, als sie sich die Ellenbogen und Knie an den rauen Steinen aufschürfte. Als sie sicher am Seil hing, rief ich leise »Hoch!« nach oben, und sie wurde hinaufgehievt. Dann kam das Seil wieder nach unten, ich packte es und kletterte daran nach oben. Engelin war bereits verschwunden, als ich mich über die Zinne fallen ließ. Ismael und Dietrich nickten mir zu.
    »Eure Kleider liegen unten. Rasch, Meister. Puckl fällt den Wachen lästig, aber deren Geduld ist begrenzt.«

    Ich rannte die Stiege nach unten und suchte Schutz unter den Obstbäumen. Line zog sich eben einen trockenen Kittel über. Ihre Haare waren diesmal nicht nass geworden.
    »Lauf, Line. Ich schick dir Nachricht, wenn du wieder aus der Kemenate kommen kannst.«
    »Ist gut!«
    Bewundernswert - ein Weib, das einfachen Befehlen einfach gehorcht!
    Ich riss mir die nassen Kleider vom Leib und zog die trockenen an, die Ismael besorgt hatte, woher auch immer. Eine fadenscheinige Bruche, ein knielanger Bauernkittel, einfache Bundschuhe. Der Ledergürtel mit der Dolchscheide musste auch nass genügen.
    »Und jetzt, Meister Hardo?«, fragte Dietrich.
    »Jetzt holen wir uns Cuntz. Wir drei, sonst keiner. Traut ihr euch das zu?«
    Selbst der vornehme Edelknabe Dietrich grinste geradezu teuflisch.
    »Darf Puckl helfen, Meister?«
    »Wenn er kann.«
    »Er ist ein verdammt schlauer Kerl.«
    »Dann holt ihn.«
    Ismael schoss los, und ich überlegte, wie ich die drei Helfer am geschicktesten einsetzte. Als Erstes als Kundschafter. Ich musste wissen, wo der Pächter sich aufhielt. Dann mussten wir ihn an einen Ort locken, wo ich ihn, ohne dass es Aufsehen erregte, überwältigen und fesseln konnte. Danach würde er in dem gastlichen Raum unten im Bergfried Wohnung nehmen. Aber vorher wollte ich gerne einen kurzen Bericht darüber hören, wie die Jungen mein Verschwinden entdeckt hatten.
    »Puckl war es, Meister«, begann Ismael, als die drei sich unter den Obstbäumen eingefunden hatten. »Er hat die Spuren in der Kapelle entdeckt.«
    »Und darum wird Sebastian mir selbst erzählen, was passiert ist.«

    Der buckelige Junge sah aus, als hätte er lieber Ismael das Reden überlassen. Er räusperte sich dreimal, fing dann aber an zu berichten. Ich hörte schweigend, aber mit wachsender Anerkennung zu, bis er mit den Worten endete: »Schließlich hörten wir das Käuzchen schreien. Den Rest wisst Ihr.«
    »Ja, Meister Hardo. Aber warum habt Ihr den Gang genutzt?«, wollte Dietrich wissen.
    Ich gab den dreien eine kurze, zensierte Zusammenfassung der Ereignisse und legte ihnen dann meinen Plan vor.
    Puckl glühte vor Aufregung, bewahrte aber einen kühlen Kopf, als ich geendet hatte.
    »Die Vorratskammer unten im Wohnturm neben der Küche, Meister Hardo, wäre wohl für Euer Unterfangen geeignet. Dort kann man sich recht gut verbergen, und sie liegt nicht weit vom Verlies entfernt.«
    »Gefällt mir.«
    Dietrich nahm den Faden auf. »Ich könnte Cuntz den Wunsch meines Herrn mitteilen, dass Ida für das Mahl heute einen Braten zubereiten soll. Es hängen Schweinehälften in der Kammer.«
    »Und leere Mehlsäcke finden wir dort auch.«
    »Sehr schön. Lederriemen, einen Knebel und - ich werde aus der Küche einen Fleischklopfer benötigen.«
    »Um den Pächter weichzuklopfen, selbstverständlich!« Puckl nickte verstehend. »Ich kümmere mich darum.«
     
    Die Ausführung des Plans gelang fast reibungslos. Ich betrat die Vorratskammer, einen kühlen, großen Raum, der halb in die Erde eingelassen war. Nur zwei schmale Belüftungsschlitze spendeten etwas Helligkeit. An einer Wand stapelten sich die Säcke mit Mehl, getrockneten Erbsen und Körnern. Auf Borden standen Steinguttöpfe mit allerlei eingelegtem Gemüse und Obst, Schmalzfleisch, Honig und Öl. Käse reiften auf Gestellen, und Butterklumpen lagen in Salzwasser. Dörrfisch, gesalzener Schinken, aber auch allerlei Gewürze verbreiteten ihren Duft.

    Ich verbarg mich hinter den drei von der Decke hängenden halben Schweinen. Cuntz betrat den Raum und ging geradewegs auf die Hälften zu. Er wuchtete die erste vom Haken und drehte mir dabei zuvorkommend den Rücken zu. Der hölzerne Fleischklopfer tat sein Werk, Cuntz brach lautlos unter dem Borstentier zusammen. Ich schob es zur Seite und zog die Lederriemen aus dem Gürtel. Kurz darauf war Cuntz sauber

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