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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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zusammen.
    Dann aber widmete ich mich wieder dem Wehrgang. Der Wachmann war verschwunden, oben schlenderte Loretta mit dem Domgrafen hinter den Zinnen entlang.
    »Die versucht es auch bei jedem«, zischte Engelin.
    »Nicht immer mit Erfolg.«
    »Warum hast du sie verlassen? Oder hat sie dich sitzenlassen?«
    »Wir haben einander sitzenlassen, aber das ist eine Geschichte, die ich heute Abend noch erzählen will. Vermutlich nicht zu Lorettas Entzücken.«

    » Mich stört das nicht.«
    »Nicht mehr eifersüchtig?«
    »Doch, aber nicht mehr so sehr.«
    »Ich habe dir sehr wehgetan, damals. Ich weiß, Line. Es gibt viel, was ich dir noch erklären muss.«
    »Das eine oder andere. Manches, Hardo, habe ich aber inzwischen auch selbst eingesehen und verstanden.«
    Ich nahm ihre Hand und drückte sie.
    »Du bist schon ein ganz besonderes Weib, meine Herrin.«
    »Eigentlich nicht. Nur eine Krämerstochter.«
    »Aber mutig und verständig, von schnellem Witz und starkem Willen.«
    »Das ist es, was du an mir bewunderst?«
    »Neben deinem keuschen Leib - ja.«
    Ihre Augen blitzten zufrieden auf.
    Und ich entdeckte Ismael.
    Er wanderte langsam den Wehrgang entlang und schaute immer mal wieder über den Wald. Kluger Junge. Ich machte den Ruf eines jagenden Käuzchens nach, und er hielt in seinem Gang inne.
    Käuzchen jagen nachts.
    Noch einmal ließ ich das Uhuuhuhh ertönen und trat noch etwas weiter unter den Bäumen hervor.
    Er entdeckte mich.
    Ich zupfte Line am Ärmel, sodass sie neben mich trat, und er machte eine beredte Geste des Erstaunens. Dann gab ich ihm mit Handzeichen zu verstehen, dass wir ein Seil brauchten, an dem wir über die Mauer hinten am Obstgarten klettern konnten.
    Er nickte und deutete auf den Wachturm. Ich machte einen Buckel, und er grinste. Dann zeigte ich auf unsere Kleider und wrang sie mit großer Geste aus. Er schüttelte den Kopf und gab mir zu verstehen, dass er eine bessere Idee hatte. Dann gab ich ihm mit den uns beiden vertrauten Handzeichen noch schnell einen Überblick über unsere
Lage. Wieder nickte er und deutete an, dass wir Richtung Palas gehen sollten.
    »Was hast du eben gemacht, Hardo? Ich meine, mit den Handbewegungen?«
    »Oh, das ist eine nützliche Fähigkeit in manchen Situationen. Ich habe das sehr schnell gelernt, als ich meine Stimme verloren hatte. Irgendwie musste ich mich mit Ismael verständigen. Dabei haben wir eine einfache Zeichensprache erfunden.« Ich grinste sie an. »Die Räuber verwenden so etwas Ähnliches.«
    »Ja, und die schweigenden Mönche auch.«
    »Komm, gehen wir.«
    Sie trottete wortlos neben mir her; plötzlich hielt sie inne.
    »Patta. Was ist mit Patta? Irgendwann ist er auf der Lichtung verschwunden.«
    »Wenn er klug ist, wird er sich dort auch ein paar Tage vergnügen und zurückkommen, sowie das Tor wieder offen ist. Mach dir um ihn keine Sorgen. Er kennt den Wald, und für ihn gibt es hier ausreichend Nahrung.«
    »Ja, das stimmt wohl.«
    Wir hatten die Rundung des Wehrturms am Palas erreicht, hielten uns aber so gut es ging außerhalb des Blickfelds der Wachen.
    »Warum soll uns eigentlich niemand sehen, Hardo? Ich meine, Cuntz muss doch wegen seiner Tat zur Rechenschaft gezogen werden.«
    »Wird er auch, aber auf meine Weise. Ich verspreche dir, die wird ziemlich fies für ihn sein.«
    »Du hast einen Plan.«
    »Habe ich.«
    »Und was soll ich tun?«
    »So unauffällig wie möglich in deiner Kammer verschwinden und mit niemandem über das reden, was passiert ist.«
    »Mh.«

    »Nein, meine liebliche Herrin, auch über das nicht. Dein Vater hat eine harte Faust.«
    Sie kicherte noch einmal, und das junge Bäumchen regte sich.
    Ich wies es an, Ruhe zu halten.
    Tat’s nicht.
    Aber dann erschien Ismael wieder, und ich winkte ihm zu. Ein langes Tau ringelte sich die Mauer hinab, und er gab mir ein Zeichen, schnellstmöglich zu handeln.
    »Kannst du schwimmen?«
    »Nein.«
    »Dann halte dich an mir fest. Vertraust du mir?«
    »Vertraue ich dir nicht schon seit jeher, Hardo?«
    Eine heiße Stichflamme durchfuhr mich bei diesen Worten.
    An ihnen würde ich mich später erfreuen. Jetzt war leider keine Zeit dafür.
    »Auf geht’s!«
    Das Wasser war kalt und nass und schlammig, aber breit war der Graben zum Glück nicht. Ich bekam das Ende des Taus zu fassen. Vorausschauend hatte Ismael bereits eine Schlinge geknüpft.
    »Mit beiden Händen umfassen, Line. Dann zieh dich so weit hoch, dass du einen Fuß in die Schlinge stecken kannst. Die da oben

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