Das Spiel des Saengers Historischer Roman
beugte ich die Knie, legte die Laute zu seinen Füßen ab, nahm den Kranz von meinem Kopf und reichte die Lorbeeren ihm.
»Aber nein, mein Junge. Dein Sieg, dein Preis.«
Er nahm den Kranz und setzte ihn mir wieder auf.
»Wir sprechen uns heute Abend, Hardo von Langel. Erhebt Euch und nehmt die Laute. Haltet sie in Ehren, denn ihre Geschichte ist auch die Eure.«
Hinter mir ertönte ein Zischen einer giftigen Schlange gleich. Aber die Aufmerksamkeit der Zuhörer hatte ich bis aufs Letzte gefesselt.
Darum spielte ich noch eine kurze Melodie, bevor ich mit dem Erzählen fortfuhr. Darin berichtete ich von dem, was Meister Urban mir anvertraut hatte.
Wir trafen uns im Haus des Handelsherrn, und Meister Urban wurde mit großen Ehren empfangen. Doch nach dem festlichen Mahl ließ man uns alleine, damit wir uns unterhalten konnten. Der alte Trouvère hörte sich zuerst an, was ich erlebt hatte, seit er mich im Wald an der Wildererfalle getroffen hatte. Einmal lächelte er.
»Ja, Hardo, ich habe Euren Weg verfolgt, auch wenn Ihr manches Mal wie vom Erdboden verschwunden seid. Ich bedauere, dass wir Euch erst fanden, als der Verrückte von Falkenstein Euch in der Gewalt hatte und Eure Stimme durch Folter und Schmerz gebrochen hat. Tröstet Euch, es wird immer Menschen geben, die auch das Raue lieben.«
Damit hatte er eine der vielen Fragen beantwortet, die noch für mich offen waren.
Er berichtete mir auch von meiner Mutter und der Heidin Nele, die ich vier Jahre zuvor zu ihr nach Langel geschickt hatte. Sie war tatsächlich als Magd aufgenommen worden und hatte sich mit meiner Mutter angefreundet.
Und er erzählte mir, dass jene Laute, die ich durch meinen Gesang als meinen Besitz errungen hatte, von jenem Handwerker am Drachenfelsen stammte, zu dem er mich gesandt hatte. Dass seine Instrumente mit Magie beseelt seien, so erklärte Meister Urban mir, habe er um meinetwillen gesagt, denn der unwissende Jüngling, der ich war, würde eher an zauberische Kräfte glauben als an den Nutzen der weltlichen Bildung.
Ich konnte nun lächeln über diesen Winkelzug.
Dann aber erzählte Meister Urban mir von seiner Zeit am Hofe des Herzogs von Jülich. Lange vor meiner Geburt, als Wilhelm der Zweite dort herrschte und Urban selbst noch ein junger Sänger war, hatte er dort einen Edelknaben im Lautenspiel unterrichtet und in ihm ein großes Talent entdeckt. Der Vater des Knaben, ein kunstsinniger Mann, war stolz auf die Begabung seines Sohnes und schenkte ihm eine Laute aus Meisterhand, die der Knappe auch dann noch in Ehren hielt, als er zum Ritter geschlagen wurde, sein Lehen erbte und sich durch Tapferkeit in Schlachten und Turnieren auszeichnete. Als er starb, gelangte jedoch die Laute in die Hände des Domgrafen von Speyer, der sie zwar bewunderte, doch nicht zu schlagen in der Lage war. Sie wartete darauf, wieder in kundige Hände zu gelangen, und so fand sie ihren Weg zu mir.
Ich unterbrach meine Erzählung, denn wieder hatte sich Getuschel erhoben. Ja, ich war ein Meister der Auslassung, aber der eine oder andere der Anwesenden wusste nun, wessen Laute ich in den Händen hielt. Gottfried jedoch kannte die ganze Geschichte, aber wie ich sah, widersetzte er sich allen Versuchen seiner Tischnachbarn, ihm diese zu entlocken. Er sah jedoch nicht amüsiert, sondern sorgenvoll aus.
Ich würde ihnen sogleich eine Ablenkung bescheren.
Die letzen Töne verklangen unter meinen Händen, und ich erzählte weiter.
Rückkehr des Helden
Lange sprachen wir an jenem Abend und auch noch am nächsten Tag. Und als Meister Urban sich schließlich verabschiedete, brachte er mir noch die Nachricht, dass meine Mutter auf einer Wallfahrt nach Maria Laach krank geworden sei. Nele, die sie begleitet hatte, sorgte nun für sie. Sie bewohnte nahe dem Kloster ein kleines Haus und schien zufrieden damit zu sein, dort ihre letzten Tage verbringen zu können.
Als der alte Trouvère gegangen war, stand für mich der Entschluss fest, noch einmal meine Mutter aufzusuchen.
Ich traf im November zusammen mit Ismael an dem stillen Maar ein, an dem sich die Benediktinerabtei erhob. Wir fanden das Häuschen, in dem Gina, meine Mutter, mit ihrer Aufwärterin Nele lebte. Doch eine zehrende Krankheit hatte sie schon fast in eine bessere Welt entführt. Schwach und müde lag sie auf einem reinlichen Lager, sie erkannte mich zuerst nicht, und als sie es doch tat, freute sie sich nicht besonders. Kreuze und Heiligenbilder, zweifelhafte Reliquien
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