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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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noch mal ein Wort verlieren, wenn sich die Gelegenheit bot. Aber alles das konnte nicht der Grund für ihren Kummer sein.
    »Hardo, ich dachte, ich kenne die Frauen, aber Jungfer Engelin versteh ich nicht.«
    »Sprach der alte weise Mann.«
    »Na ja, ich dachte, ich hätte von Euch gelernt.«
    »Kein Mann versteht die Frauen. Das Teuflische aber ist, dass sie uns durchschauen. Aber was hat dein Unverständnis in noch größerem Maß geschürt als üblich?«
    »Als Jungfer Engelin ihre Geschichte beendet hatte, fragte sie nach Euren Geschäften. Ich dachte, es schadet nichts, wenn ich ein bisschen damit angebe, oder?«
    »Sich mit fremden Federn zu schmücken ist nicht eben fein, Ismael, aber ich habe vor meiner Herrin keine Geheimnisse mehr.«
    »Gar keine?«
    »Keine, die sich vermeiden lassen. Also, was hast du ihr berichtet, und was hat sie davon zu Tränen gerührt?«
    »Ich habe ihr von Eurem Haus bei Venedig erzählt und den Reisen ins Morgenland und den Schönheiten des Orients. Da wurde sie plötzlich ganz muffelig.«
    »Was hast du ihr in diesem Zusammenhang erzählt?«
    »Nnna ja, ich pries auch die Schönheit der Frauen. Aber da hat sie doch keinen Vergleich zu fürchten, Hardo.«
    Mich beschlich eine dumpfe Ahnung.
    »Ich habe ihr versichert, dass für Euch die minniglichen Spiele immer nur ein Scherz waren.«
    Mir rutschte die Hand aus.
    Ismael hielt sich entsetzt die Wange.
    »Du hirnloser Trottel!«

    »Aber …«
    »Du machst meine Herrin glauben, dass ich Scherz mit ihr getrieben habe, und schwärmst ihr von anderen Frauen vor? Ja, was soll sie denn von mir denken?«
    »Aber sie will Euch doch heiraten.«
    »Jetzt vermutlich nicht mehr«, knurrte ich. Und dann wurde mir bewusst, dass auch ich an diesem Missverständnis Schuld trug. Ich hatte Lines - Engelins - Liebe oft genug abgewiesen. Hier, als wir uns wieder begegneten, hatte ich sie geneckt, mit Scherzen und heiteren Versen. Und im Angesicht des Todes hatten wir der Minne gehuldigt.
    Dass sie meine wahre Liebe war, hatte ich ihr weder gezeigt noch gesagt.
    Heilige Apollonia von den Zahnschmerzen, das tat weh.
    Und bedeutete nun ernsthafte Arbeit.
    Ich vergrub meinen Kopf in den Händen.
    »Hardo, ich will das wiedergutmachen«, sagte Ismael, und seine Stimme klang brüchig.
    »Das kann nur ich alleine, fürchte ich.«
    »Ich werde vor ihr auf die Knie fallen. Ich werde mich geißeln. Ich werde ein Keuschheitsgelübde ablegen. Ich werde fasten und beten. Ich werde …«
    »Am besten die Klappe halten.«
    »Ja, Herr.«
    »Spar dir den Herrn.«
    Ich erhob mich, und wundersamerweise war die Erde wieder fest unter meinen Füßen.
    »Ismael, was du gesagt hast, war stinkender, fauliger Mist, und ich habe ein Recht, mich darüber zu ärgern. Mein Freund bleibst du trotzdem.« Ich legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ich brauche dich.«
    Er sah so unglücklich drein. Aber er nickte.
    »Solltet Ihr Eurer Herrin auch mal sagen.«
    »Eine ziemlich gute Idee. Und nun wollen wir Vorbereitungen treffen für das große Finale.«

    Ismael hatte geholfen, mich wieder recht passabel herauszuputzen, wenn auch das Haarebürsten noch schmerzhaft war. Dann aber begleitete er mich nur bis zur Tür zum Rittersaal und machte sich auf den Weg, seine eigenen Besorgungen zu erledigen.
    An diesem Abend saß auch die Äbtissin wieder an der Hohen Tafel. Sie wirkte sogar einigermaßen zufrieden mit sich und der Welt. Ulrich trug seine ausdruckslose Miene zur Schau, der Stiftsherr zog einen Schmollmund.
    Ich ließ mich nach einer Verbeugung auf den Stufen vor der Hohen Tafel nieder und griff in die Saiten, während ich das Publikum musterte. Gereizt war die Stimmung nach wie vor, aber man gab sich den Anschein oberflächlichen Friedens. Casta wirkte müde, doch nicht unglücklich, ganz im Gegensatz zu Engelin, die ihre Blicke streng auf ihren Becher vor sich gerichtet hielt, als ob darin das Heil der Welt verborgen läge. Die Novizin machte einen lebhafteren Eindruck als die Abende zuvor. Van Dyke schenkte mir einen Blick, in dem ich so etwas wie Achtung las, Gottfried nickte mir kurz zu, der Gelehrte pulte wieder einmal in sich gekehrt an seinen Fingernägeln herum. Am anderen Tisch fehlten der Kaplan und Cuntz; die Unterhaltung zwischen Ida, Jonata, Loretta und dem Höfling war aber nicht eben beschwingt. Sie hatten einander wohl wenig zu sagen.
    Eigentlich hatte ich ein Lied der geistlichen Minne spielen wollen, passend zum Anlass, den ich berichten wollte. Aber dann

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