Das Spiel des Saengers Historischer Roman
Eberhart Brüder waren, wird ihr Grimm noch größer sein.«
»Aber ist sie des Mordes fähig?«
»Sie hat meinen Vater mit dem Vogt betrogen«, knurrte Casta.
»Und der Vogt hat sich vom Bergfried gestürzt.«
Casta wirkte geisterhaft blass im Licht des aufgehenden Mondes.
»Was, wenn sie und Sigmund seinen Tod beschlossen hätten?«
»Hardo und Ulrich suchen wahrscheinlich nach einem Mann, nicht nach einer Frau. Und bei allen Vergehen, deren
sich deine Mutter schuldig gemacht hat: Ich glaube nicht, dass sie sie verdächtigen, hinter all diesen Anschlägen zu stehen.«
»Obwohl sie von dem Anschlag heute ihren Nutzen gehabt hätte.«
»Ich würde Hardo so gerne helfen, aber ich glaube, der Brocken ist zu groß für mich.«
»Wir denken zu kompliziert, Engelin. Wir werden nicht herausfinden, ob Sigmund aus eigenem Antrieb Eberhart ermordet hat oder, falls nicht, wer den Mord veranlasst hat. Das ist zu lange her, und wir wissen weit weniger als Hardo und Ulrich über die Zusammenhänge damals. Aber wir können überlegen, wer hinter der heutigen Tat stecken könnte.«
»Ja, es stimmt, es muss sich jemand dieses Ränkespiel ausgedacht haben, der Ulrich und Hardo falsch eingeschätzt hat.«
»Das ist richtig. Denn beide lassen sich nicht durch ihre Leidenschaften vom kühlen Denken und überlegten Handeln abhalten.«
»Wohl wahr«, schnaufte Engelin, und Casta lachte leise auf.
»Was für eine Herausforderung!«
»Wenn man es so betrachtet. Aber das ist Stoff für späteres Nachdenken. Also - wer glaubt, dass Ulrich derart in heißer Liebe zu dir entbrannt ist, dass er, ohne Fragen zu stellen, aus wilder Eifersucht seinem Freund das Messer ins Herz stößt, der hat sich geirrt.«
»Ebenso wie in dem Glauben, dass Hardo sich in wilder Leidenschaft mit mir in Ulrichs Lager wälzt.«
»Loretta.«
»Ja, das ist die Denkweise eines Weibes. Und sie hat mir den Schlaftrunk gemischt. Aber auch meine Mutter, Gott steh mir bei, lenkt ihre Gedanken in diese Richtung.«
»Ida stellt diesen Schlaftrunk her«, murmelte Engelin.
»Doch was sollte ihr an Hardos Tod liegen?«
»Angst vor Entlarvung, wie jedem Mörder. Ida ist Sigmunds Weib gewesen.«
»Sie hätte Grund gehabt, meine Mutter zu vergiften. Die Mittel dazu kennt sie.«
»Oder ihren Gatten. Aber beides hat sie nicht getan. Aber ich bezweifle, dass sie nichts von dem ehebrecherischen Tun wusste. Und dass ihr Mann den Mord begangen hat - wer weiß, Casta?«
»Dann gibt es viele Möglichkeiten.«
»Ja, und Hardo liebt sie mehr als seine eigene Mutter, weil sie sich um ihn gekümmert hat, als er von allen drangsaliert wurde. So hat er es mir gesagt. Aber, Casta, wenn sie das alles wusste - oder noch etwas anderes mehr? Immerhin hat ihre Tochter den zweiten Verräter geheiratet. Cuntz.«
Beide Jungfern schauten über das schlafende Land hinaus. Der Schweifstern war kaum mehr zu erkennen, dafür rundete sich der Mond zusehends. Als Engelin nach Süden blickte, bemerkte sie den Mann, der den Turm verließ.
»Da geht einer von ihnen über den Hof zum Palas.«
Casta folgte ihrem Blick.
»Ulrich. Ismael und Hardo werden die Nacht wohl dort verbringen.«
»Ich hoffe, sie sind klug genug, nicht unbewaffnet zu schlafen.«
Casta legte Engelin den Arm um die Hüfte und drückte sie an sich.
»Du hast selbst gesagt, dass sie kühl denken und überlegt handeln.«
»Und dasselbe sollten auch wir tun, Casta.«
»Was bedeutet, dass ich meiner Mutter kühl und gut überlegt einige sehr peinliche Fragen stellen sollte.«
Engelin legte ebenfalls ihren Arm um ihre Freundin.
»Schwer, so etwas zu tun. Ich möchte meine Mutter nicht der Unzucht oder gar des Mordes bezichtigen müssen.«
»Es ist gegen die Gebote Gottes und die Natur, wenn ein Kind so etwas seinen Eltern gegenüber tun muss.«
»Andererseits ist es auch gegen die Gebote Gottes, die Ehe zu brechen und zu töten.«
»Es sollte ein Priester mit ihr sprechen.«
»Der Kaplan? Magister Johannes scheint mir nicht der rechte Mann zu sein, der das tun sollte. Wo ist der überhaupt? Heute Morgen hat dein Oheim die Andacht gehalten, und beim Mahl war der Kaplan auch nicht anwesend.«
»Stimmt, das ist seltsam.«
Casta löste sich aus der Umarmung und ging einige Schritte hin und her.
»Ich dachte heute früh, dass er vielleicht verschlafen hat«, meinte Engelin. »Er hat reichlich dem schweren Wein zugesprochen.«
»Er ist schon immer eine Saufnase gewesen. Nein, auch aus dem Grund ist er nicht der
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