Das Spiel des Saengers Historischer Roman
verschweigen, und habe ihr damit großen Kummer bereitet.«
»Ich werde dem edlen Fräulein natürlich erklären, wie sie in diese unmögliche Lage kam.«
»Das wird meine Herrin schon erledigen. Ihr, Ulrich, solltet ihr deutlich machen, dass Ihr sie nicht nur der Ehre wegen heiraten werdet. Mann, Ulrich, Ihr liebt sie doch!«
Er rieb sein vernarbtes Gesicht.
»Ich weiß nicht, was Liebe ist.«
»Ihr schaut Fräulein Casta aber wehmütig an«, meinte Ismael.
»Tue ich das?«
»Und habt sie in ihrem Schlaf beschützt.«
»Ich kann ihr kein Leben von Stand bieten.«
»Sie hat noch immer eine Mitgift zu bekommen. Handelt sie kräftig aus. Die wird dann schon noch ausreichen, Euch eine kleine Kate zu kaufen«, unkte ich, wurde dann aber wieder ernst. »Was meint Ihr denn, was sie erwartet? Das Leben, das sie bisher führte, war auch nicht sonderlich standesgemäß.«
»Sie hätte Georg vam Steyne heiraten können.«
»Der natürlich durch Eure Hand fiel«, stichelte ich.
»Durch meine Schuld.«
Der Ritter blieb bitterernst, und ich verstand ihn. Sein Panzer war trotz der ersten kleinen Spalten und Ritzen noch immer fest und hart und bedurfte weiter der Lockerung.
»Nein, Ulrich. Wer den Weg des Ritters wählt, begibt sich vom ersten Tag als Knappe an in die Gefahr zu fallen. Das wisst Ihr genauso gut wie jeder andere.«
»Und der Ritter trägt die Verantwortung für die, die ihm anvertraut sind.«
»Das ist Euch wichtig, ich weiß.«
»Seit Urban mich an die Tugenden erinnert hat, die mir abhanden gekommen waren …«
»Und was würde Urban zu Eurer Haltung Casta gegenüber sagen?«
Jetzt schwieg der Ritter lange. Dann nickte er.
»Ihr habt recht. Ich werde mit ihr darüber reden. Und … Sancta Maria, Hardo, gebt mir ein paar Zeilen aus Euren Minneliedern, damit ich nicht stammle wie ein Narr.«
Ich zitierte ihm einige Zeilen, und er brummte: »Schreibt’s mir auf! Und nun sollten wir schlafen, die Nacht wird kurz.«
»Ismael und ich werden hier nächtigen.«
»Passt auf Euch auf.«
»Und Ihr auf Euch, Ulrich.«
Er verließ uns, und anschließend hüllten Ismael und ich uns in die Umhänge. Kühl war es in dem Turmgelass, und
der Nachtwind strich durch die Schießscharten. Wir legten zwei Polster auf den Boden, und wie so oft auf langen Fahrten rollte sich Ismael an mich, damit wir einander wärmen konnten.
Ich dankte Gott für die Gnade, dass er mir gute Freunde geschenkt hatte, während in der Burg ein Meuchelmörder nach meinem Leben trachtete.
Nächtliches Getuschel
Engelin und Casta waren ebenfalls aus dem Saal gehuscht, um dem aufgeregten Gerede zu entgehen.
»Komm, wir nehmen unsere Umhänge und machen einen Spaziergang auf der Wehrmauer. Ich muss meinen Kopf noch ein wenig durchpusten lassen.«
»Ist recht. Geschlafen hast du ja heute lange genug«, erklärte Engelin sich bereit, und kurz darauf erklommen sie, Casta mit einem Windlicht in der Hand vorausleuchtend, den holzbedachten Wehrgang. Dabei bemerkten sie die drei Gestalten, die sich zum östlichen Turm begaben.
»Das sind doch keine Wachen«, flüsterte Casta.
Angestrengt blinzelte Engelin in die angegebene Richtung. Noch ließ ein letzter heller Schimmer die Dämmerung grau erscheinen. Sie hatte gute Augen, mehr noch, auf eine ganz vertraute Art erkannte sie einen der Männer an seinen Bewegungen.
»Hardo. Ismael vermutlich.«
»Und der Ritter.«
»Was wollen die denn dort? Sonst treffen sie sich nach dem Mahl immer in Hardos Gemach, das hat er mir neulich gesagt.«
»Sie werden schon ihre Gründe haben. Dein Hardo hat ganz schön für Aufregung gesorgt. Vielleicht fürchten sie Lauscher.«
Da Engelin sich selbst am Nachmittag als Lauscherin betätigt hatte, erschien ihr die Erklärung einleuchtend.
»Mir ist es auch lieber, mich hier draußen mit dir zu unterhalten, Engelin«, meinte Casta und zog ihre Freundin ein Stück mit sich fort, bis sie auf halbem Weg zum Bergfried an einer Stelle angelangt waren, an der sich vor ihnen friedlich die Felder, Wiesen und Weiden erstreckten; hinter ihnen lag das Wirtschaftsgebäude mit der Badestube, die vermutlich jetzt niemand mehr nutzte.
Die letzten Abendvögel sangen ihre Lieder, und unten vor dem Graben schlich eine kleine graue Gestalt am Feldrain entlang.
»Patta«, wisperte Engelin. »Der arme kleine Kerl. Er wird die Wurstzipfel und den Milchtopf vermissen.«
»Nicht mehr lange, denke ich. Nach diesem Abend!«
»Nein, es wird nun bald ein Ende haben.«
»Wir
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