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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Kapelle verlassen, Sigmund hatte den Toten zurück in die Burg gebracht. Cuntz war frühmorgens am Tor erschienen, wurde eingelassen und war zu den Ställen gegangen, wo der Vogt in der Nacht den Leichnam hingeschafft hatte. Dort hatte er gewartet, bis mein Vater in der Frühe nach den Tieren sah, ihn dann niedergeschlagen, Gerwins Dolch dem Leichnam in die Brust gerammt und die Wachen gerufen. Auf Sigmunds Anweisung wurde Gerwin in den Kerker geworfen.
    »So weit scheint die Geschichte zu stimmen, die du uns erzählt hast. Nur ein paar Kleinigkeiten müssen noch ins
richtige Licht gesetzt werden«, sagte ich, als er geendet hatte. »Warum mein Vater? Sigmund hätte den Burgherrn doch zum Beispiel auch einfach in den Wald bringen und dort liegen lassen können. Er war ja auf dem Weg nach Lohmar. Wilderer, Räuber - ein Opfer eben. Und dein Schweigen hätte er entweder kaufen oder dich mundtot machen können.«
    Inzwischen konnte ich recht gut in Cuntz’ Miene lesen. Die Frage bereitete ihm Unbehagen.
    »Hat er aber nicht. Wollte es so haben.«
    »Sigmund wollte es so haben? Wollte er auch Gerwins Tod?«
    »Vielleicht. Ich hab nur gemacht, was er gesagt hat.«
    »Der Secretarius des Hinrich van Dyke besitzt einen ausgesprochen klugen Kopf, Cuntz, auch wenn der auf einer verwachsenen Schulter sitzt. Er hat die Bücher durchgesehen, die der Vogt geführt hat. Darin finden sich einige bemerkenswerte Geschäfte, die auf dem Pferdemarkt abgewickelt wurden. Es wurden erstaunlich gute Preise für recht alte Tiere erzielt«, erzählte Ulrich beiläufig.
    »Ach ja«, ergänzte ich. »Und dein Weib Jonata hat mir von einigen Hilfsmitteln erzählt, die du in den Ställen bereithältst. Auf deinem Pachtgut weiden die Pferde, die der Burgherr und später der Vogt gezüchtet haben. Könnte es möglich sein, dass der Besuch des Burgherrn damals auf dem Pachtgut etwas damit zu tun hatte?«
    Wir mussten Cuntz nur noch eine kurze Weile zusetzen, dann war auch diese Frage geklärt. Die Antwort machte mich unerwartet betroffen. Mein Vater verstand sich wirklich gut auf Pferde, und Eberhart hatte ihm dieses Aufgabengebiet vollkommen überlassen. Er hatte die Zucht beaufsichtigt, die Tiere für die Schlacht oder die Jagd ausgebildet, sie auf Turnieren gepflegt und natürlich die ausgebildeten Pferde weiterverkauft. Deshalb hatte Gerwin in seinem Auftrag oft Pferdemärkte besucht und dabei natürlich auch diejenigen Händler kennengelernt, die als Rosstäuscher ihre
üblen Geschäfte machten. Cuntz war einer von ihnen gewesen. Doch dann war Gerwin wieder einmal mit Eberhart ins Feld gezogen, und während seiner Abwesenheit hatte Sigmund ausgerechnet Cuntz die frei gewordene Pächterstelle gegeben, auf der die Pferdezucht angesiedelt war.
    Mein Vater musste entsetzt gewesen sein, als er diesen Umstand bei seiner Rückkehr feststellte. Er wollte Cuntz vermutlich so schnell wie möglich wieder loswerden, aber Eberhart, der immer bestrebt war, das Gute im Menschen zu sehen, wollte sich offensichtlich zunächst selbst vergewissern, was da vorging. Und Cuntz, der um seine auskömmliche Stelle fürchtete, hegte eine tiefe Abneigung, geboren aus Angst und Demütigung, gegen meinen Vater. Dazu kam, dass er sich auch noch in eine meiner Schwestern vergafft und mein Vater ihn rüde abgewiesen hatte.
    »Es war also gar nicht so viel Überredungsgabe nötig, dich zu dem falschen Zeugnis mir gegenüber zu bewegen«, stellte Ulrich abschließend fest.
    »Herr, mein Vater war ein Edelknecht und von gutem Stand. Aber er hat alles verloren, und wir mussten uns mit niederen Arbeiten vor dem Verhungern retten.«
    Cuntz fing jetzt wieder an zu jammern, aber ich verschloss meine Ohren, erhob mich und setzte mich vor die Schießscharte an der anderen Wand, um in den Sonnenschein hinauszublicken. Wut war zurückgekehrt, nicht nur auf Sigmund und Cuntz, sondern auch wieder auf Ulrich. Es wäre so einfach gewesen, ein paar Fragen mehr zu stellen. Mein Vater wird die Tat geleugnet haben, aber man hat ihm das Geständnis letztendlich unter Folter entrissen. Er hatte keinen Fürsprecher. Niemand, der seine Schuld angezweifelt hatte. Nicht einmal meine Mutter.
    Ulrich rief die Wachen herein und befahl, den Pächter in eine Turmkammer zu sperren. Am Nachmittag sollte er noch einmal zu dem Fall gehört werden, und dann würde das Urteil über ihn gesprochen.
    Als Cuntz fort war, stellte der Ritter sich neben mich.
    »Ich weiß keine Worte mehr, Hardo, um Euch meine

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