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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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wenig Angst ist immer eine schmackhafte Würze in der Mär. Ebenso wie ein wenig Schlüpfrigkeit. Darum griff ich wieder in die Saiten und sang mein freches Liedchen weiter.

    »Da er zu der Linden kam,
dixit: ›sedeamus!‹
die Minne drängte sehr den Mann -
›ludum faciamus!‹
Hoy et oe,
Verdammte Linden dort am Weg!
     
    Er griff mir an den weißen Leib,
Non absque timore;
Er sprach, ich mache dich zum Weib,
Dulcis es cum ore.
Hoy et oe!
Verdammte Linden dort am Weg!«
    Ja, sie grinsten. Vor allem die wohledlen Herren.
    So entlarvt man ihre Gedanken. Aber das war nur ein weiterer Vers, den ich mir auf die Gesellschaft machte. Ich wiederholte die Melodie, schwieg aber dazu, die letzten Strophen würden den Abend beschließen. Nun war nur noch das Ende des ersten Teils meiner Geschichte zu erzählen, und da mein Publikum ausgiebig dem Wein und dem Bier zugesprochen hatte und hier und da schon ein Gähnen sichtbar wurde, hielt ich den letzten Abschnitt kurz.
     
    Der junge Mann war einige Tage lang auf ihm unbekannten Wegen geritten, hatte sich von den Früchten des Waldes und hier und da auch der Felder ernährt, aber selbst ihm wurde allmählich klar, dass er, wenn er in der Fremde, fern von seinem Heim, leben wollte, ein paar Münzen brauchte, um sich Brot und Stiefel kaufen zu können. Ein geschütztes Lager für die Nacht hätte er auch gerne gehabt, und so verkaufte er zunächst das klapprige Eselchen. Dann fand er einen Müller, der ihn seine Pferde betreuen ließ, die im Göpel gingen, vor allem aber lernte er die Wäscherinnen kennen, die die Körbe mit Leinen zum Ufer des Flusses brachten. Diese Mädchen waren laut und lustig, und wenn er ihnen
half, die schweren, nassen Tücher auszuwinden, waren sie auch bereit, fröhliche Scherzworte mit ihm zu wechseln. Darum ging er nun, da der Sommer gekommen war, immer häufiger ans Ufer, vertrödelte seine Zeit, lauschte den kecken Liedchen, die die Wäscherinnen beim Schlagen der Wäsche sangen, und vergaß darüber seine hohen minniglichen Gefühle, die er einst der schönen Tochter des Verwalters entgegengebracht hatte. Vollends aber veränderte sich sein Verständnis für die Liebe, als eine der Maiden ihn in die Wonnen der niederen Minne einweihte. Manch köstliche Sternennacht verbrachte er hinter raschelnden Büschen, im weichen Gras unter den Linden, am Ufer eines plätschernden Bächleins, um den süßen Leib der willigen Schönen zu erkunden und den seinen von ihr entflammen zu lassen. Er war ein gelehriger Schüler, und sie sparte nicht an Lob. Doch als die Erntezeit kam, trat ein neuer Müllerknecht seinen Dienst an. Ein breitschultriger Kerl mit rauen Händen, älter, erfahrener und ein ganzer Mann.
    Der verlassene Jüngling ertränkte seinen Kummer drei Tage lang in schlechtem Wein, und als er schließlich von seinem urgewaltigen Kater genesen war, erinnerte er sich daran, dass es irgendwo dort auf der anderen Seite des Stroms einen Instrumentenbauer gab, der ihm eine magische Laute verschaffen konnte, mit der er die Herzen der Weiber betören sollte.
    Also überwand er seine Angst vor den drohenden Gefahren am Drachenfels und machte sich erneut auf den Weg, diese Laute zu erwerben.
     
    Ich nahm die Laute auf und sang zum Abschluss das Lied, mit dem ich begonnen hatte.
    »Er schob das Hemdlein mir herauf,
corpore detecta,
erstürmte dann mein Bürgelein,
cuspide erecta.

Hoy et oe
Verdammte Linden dort am Weg!
     
    Er nahm den Köcher und den Bogen,
Bene venabatur!
Derselbe hat mich dann betrogen:
›ludus compleatur!‹
Hoy et oe
Verdammte Linden dort am Weg!«
    Die letzten Töne verklangen, das Spiel war aus: Ludus compleatur! Ich verneigte mich, und auf des Ritters Zeichen kamen die Knechte in den Saal, um die Tafeln aufzuheben. Die Gäste begaben sich in ihre Kammern, leise schwatzend die einen, leicht schwankend die anderen, doch insgesamt in friedfertiger Stimmung.
    Oberflächlich. Denn mir war nicht entgangen, dass hier und da Unruhe schwelte.
    Ismael trat zu mir und übte sich in einer höfischen Verbeugung.
    »Du nimmst dir an Dietrich ein Vorbild?«
    »Er macht es hübsch, und die Jungfern lieben es.«
    »Du willst ihn ausstechen?«
    »Das Leben ist ein Wettkampf!«, sagte er grinsend, und ich nickte. Eine gesunde Einstellung.

Nächtliche Gespräche
    Unsere Kammer im Palas war gemütlich eingerichtet, wenngleich vermutlich nicht so üppig wie das Schlafgemach des ehemaligen Burgherrn, das der Ritter für sich in Anspruch genommen hatte.

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