Das Spiel des Saengers Historischer Roman
des Burgherren, will mir scheinen.«
»So ist es wohl. Und einem Meistersänger wie Euch gewiss angemessen.«
Sie kam noch etwas näher, offensichtlich in der Absicht, sich die Gobelins an den Wänden näher zu betrachten. Dabei streifte ihr üppiger Busen wie zufällig meinen Arm. Weich war der Stoff ihrer schwarzen Kutte, ein goldenes Kreuz, fast eine Spanne lang, hing an einer Kette, und der Rubin in seiner Mitte funkelte bei jedem Atemzug, der ihre Brust zum Beben brachte. Der balsamische Duft entströmte ihrem Gewand süß und betörend, und ich verspürte ein verräterisches Ziehen in meinen Lenden. Sie war eine sinnliche Frau, wenn auch nicht mehr in ihrer
ersten Jugend. Doch das friedvolle Klosterleben und vermutlich auch zarte Salben und Elixiere hatten ihr eine samtig glatte Haut erhalten.
»Kunstvolle Arbeiten«, schnurrte sie und wies auf einen der Wandteppiche. Dabei berührte ihr Körper wiederum den meinen. Einen kurzen Moment war ich versucht, meine Hände um ihren vollen Busen zu legen und ihn mit festen Griffen zu kosen. Ich war mir ziemlich sicher, dass nicht empörtes Quieken, sondern lustvolles Stöhnen die Antwort gewesen wäre. Doch die Zucht siegte. Ich trat zurück.
»Betrachtet die Behänge nur in Muße, ehrwürdige Mutter. Ich für meinen Teil werde jetzt meinen Verpflichtungen nachkommen und mein Handwerkszeug zur Galerie der Musikanten bringen.«
»Es ist noch ein wenig Zeit, Meister Lautenschläger.«
»Nicht, wenn man eine so anspruchsvolle Geliebte besitzt wie die meine.«
Ich nahm die Laute von der Wand und verneigte mich sehr tief und respektvoll vor der Äbtissin.
Ihre Augen blitzten böse auf.
Die ehrwürdige Mutter schien Zurückweisungen nicht eben zu schätzen. Aber wenn ich auch einer raschen Tändelei selten abgeneigt war - das hier war ein etwas zu großer Brocken für mich.
Margarethe rauschte beleidigt aus dem Gemach.
Mit einem erleichterten Seufzer setzte ich mein Barett auf und strich die langen Federn glatt. Dann brachte ich die Laute, die Flöte und die Handtrommel in den Rittersaal und begab mich anschließend zur Kapelle, um mir wiederum über das böse Omen des Schweifsterns predigen zu lassen. Die Worte jedoch flossen an meinen Ohren vorbei, denn mannigfaltige Gedanken und Gefühle bewegten mich. Erst als das Paternoster gesprochen wurde, kehrte ich in die Gegenwart zurück und verließ die Kapelle mit den anderen. Auf die Benetzung meiner Finger mit dem Weihwasser verzichtete ich allerdings.
Schwertübung
Ismael hatte einen langen Tag hinter sich. Schon im Morgengrauen hatte ihn das Krähen der Hähne im Burghof geweckt. Er hatte sich um die Pferde gekümmert und sich danach auf die Suche nach einer Wäscherin gemacht, aber da die Dienstleute aus dem Dorf nicht zur Burg gekommen waren, hatte er mit einer alten Magd höchstselbst seine und die Reisekleider seines Herrn gewaschen und sich dabei den Spott der beiden kleinen Stallburschen zugezogen. Er luchste Ida eine Schüssel Brei ab, und da sein Herr die Burg verlassen hatte, stellte er schließlich auf eigene Faust weitere Nachforschungen an. Unter anderem nach dem Geheimgang. Man sollte immer wissen, wie man das Gebäude verlassen konnte, das man betreten hatte. Natürlich führte er seine Suche ohne Puckl und Dietrich durch. Dabei hatte er sein Erlebnis in der Kapelle gehabt, und der Vogt war vom Söller gestürzt. Danach ging alles etwas durcheinander.
Immerhin hatte Puckl anerkennend gemeint: »Dein Herr hat schnell reagiert. Ich hätte das von einem Minnesänger nicht gedacht.«
»Mein Herr hat schon einige brenzlige Situationen erlebt. Nicht nur Ritter sehen der Gefahr ins Auge.«
Prompt wollte Puckl wissen, was für Gelegenheiten das gewesen waren. Aber die zu erzählen fühlte Ismael sich nicht verpflichtet.
Später hatte er dann bei der Erledigung von allerlei Aufgaben mitgeholfen, um sich von seinen Sorgen um Hardo abzulenken. Es war schon richtig, dass sie gemeinsam einige ziemlich mistige Begebenheiten überstanden hatten, und der Sense des Schnitters waren sie dann und wann nur durch einen kühnen Sprung entkommen. Ein Teil seiner - Ismael wusste kein rechtes Wort dafür - Zuneigung, so konnte man es wohl nennen, stammte aus derartigen Erlebnissen. Kurz und gut, er fühlte sich dem Minnesänger verpflichtet. Daher hatte er sich auch einen Plan zurechtgelegt, wie er
dessen Vortrag an diesem Abend so gut wie möglich unterstützen konnte, damit die Burgbewohner von dem Tod des Vogts
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