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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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ganz wild darauf, einen zu finden. Er glaubt, es könnte einer in der Kapelle sein, und darum habe ich sie mir mal genauer angesehen.«
    Natürlich, Geheimgänge, verborgene Kammern, Verstecke - das musste die Jungen ja reizen. Ich lächelte in mich hinein.
    »Neugier ist der Katze Tod.«
    »Irgendwann. Diesmal nicht. Ich untersuchte also gerade so eine merkwürdige Stelle hinter dem Altar, als ich aus der Sakristei einen Laut hörte. Eigentlich zwei. Ziemlich lustvolle Laute, um es genau zu sagen.«
    »Woraus ich schließen kann, dass sich der ehrenwerte Doktor Humbert nicht mit der Sünde Onans bekleckert hat?«
    »Nein, er legte nicht selbst Hand an sich, sondern erlaubte dem Kaplan, diese liebliche Pflicht zu erfüllen.«
    Mir blieb dann doch kurzfristig die Spucke weg.
    Ismael weidete sich an meiner Sprachlosigkeit.
    »Ich machte mich ganz klein und unsichtbar, Meister, denn kurz darauf kam der Gelehrte aus dem Raum, besuchte das Weihwasserbecken, lehnte seine Krücke an die Wand, lupfte den Talar und spülte sich die Sünde ab. Danach hinkte er durch den Ausgang, der zum Lichhof hinausgeht, wobei er beinahe über mich gestolpert wäre.«
    »Der Kaplan hatte diese - äh - Waschung nicht vollzogen?«
    »Nicht in der Kapelle. Er ordnete seine Kleider in der Sakristei und trank einen ordentlichen Schluck Messwein. Dann verließ er die Kapelle durch die Tür, die zu dem Nebengebäude führt, in dem er seine Wohnung hat. In dem Augenblick hörte ich die Jungfer Casta schreien und lief hinaus.«
    »Damit kommen also diese beiden Herren nicht dafür in Frage, den Sigmund vom Leben in den Tod befördert zu haben. Gut zu wissen, Ismael. Aber dennoch solltest du deine Kenntnisse darüber zunächst einmal für dich behalten.«
    »Macht Ihr was draus, Meister?«

    »Mal sehen. Später. Aber wir können die hehre Gesellschaft bei der Abendandacht beobachten und auch später, wenn wir ihnen aufspielen.«
    »Die belauern einander mit größtem Misstrauen.«
    »Natürlich. Gönnen wir ihnen den Spaß.«
    Ismael und ich wanderten von den Ställen zurück zum Hof und erklommen die Stiege des Palas. Erst als wir in meinem Gemach waren, fragte er wieder: »Wisst Ihr, wer es war, Meister?«
    Ich erlaubte mir ein ganz feines Lächeln.
    »Ich habe so meine Theorien.«
    »Aber Ihr sagt sie mir nicht?«
    »Nein.«
    Sinnend sah mich der Junge an. Dann nickte er wissend.
    »Es steckt mehr dahinter.«
    »O ja.«
    Plötzlich wurden seine dunklen Augen ganz schwarz vor Furcht.
    »Meister, bringt Euch nicht in Gefahr.«
    »Ich bemühe mich, mein Junge.«
    Mehr konnte und mochte ich ihm aber nicht anvertrauen, denn auch ihn wollte ich nicht in Gefahr bringen.
    »Und nun, Ismael, lass mich eine Weile alleine - mir steht ein langer Abend bevor.«
    Er verließ mich, und ich streckte mich auf meinem Lager aus, um mich der Auswahl meiner Lieder zu widmen, die ich später singen wollte. Darüber döste ich allerdings ein.
     
    Ein leises Geräusch und der warme Duft von Weihrauch und Myrrhe weckten mich. Ich blieb jedoch liegen und beschränkte mich auf das Lauschen. Nur meine Hand näherte sich dem Griff des Dolches an meinem Gürtel.
    Jemand war in mein Gemach eingedrungen, unbemerkt und mit heimlichen Absichten. Ein Weib, dem Duft und Kleiderrascheln nach. Ich hätte erfreut sein sollen über diese köstliche Aufmerksamkeit, war es aber nicht. Vorsichtig
hob ich meine Lider und schaute mich unter den Wimpern um.
    Die Äbtissin - hoppla, welch eine Überraschung.
    Sie stand vor der Laute, die in ihrem Behältnis an der Wand lehnte, und machte sich daran zu schaffen. Ich schätzte es überhaupt nicht, wenn sich jemand an meinem kostbaren Instrument vergriff, also gab ich ein unwilliges Schnarchen von mir und rollte mich auf die Seite.
    Sie machte einen Satz zurück und drehte sich zu mir um.
    »Ehrwürdige Mutter«, murmelte ich schlaftrunken.
    Sie kam auf mich zu, und ich setzte mich auf.
    »Meister Lautenschläger«, sagte sie lächelnd und trat näher. »Verzeiht mein Eindringen. Ich wollte mir die Burg etwas näher betrachten und habe Euch ganz übersehen.«
    Ein Mann schaut nicht gerne zu einem Weib auf, wenn es nicht gute Gründe dafür gibt, also erhob ich mich von meinem Lager. Die Blicke der Äbtissin ruhten mit offensichtlichem Wohlgefallen auf mir, weshalb ich eine leichte Verneigung machte und mit einer Handbewegung in mein Gemach wies.
    »Eine angenehme Unterkunft, die mir der Ritter zugewiesen hat, nicht wahr? Die ehemaligen Räume

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