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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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nicht.«
    »Doch.«
    Sie gingen auf die Unterkunft zu. Es war Zeit, sich für den Abend bereitzumachen. Nicht nur ihre Kleider mussten sie in Ordnung bringen, sondern auch mithelfen, im Saal die Tische und Bänke aufzustellen. Und Ismaels Vorbereitungen für die Unterhaltung treffen.
    Die Rauferei hatte ihren Zweck erfüllt, Dietrich war bereit mitzuhelfen, wenn auch unter Murren und Bemerkungen
zur Pietätlosigkeit des Unterfangens angesichts des Todesfalles. Puckl hingegen war Feuer und Flamme für das Vorgehen.

Der zweite Abend
    Als wir die Galerie der Musikanten betraten, hatte sich der Saal bereits gefüllt. Man saß in gleicher Ordnung wie am Abend zuvor, doch der Platz des Burgvogts blieb unbesetzt. Auch die Gespräche verliefen weit gedämpfter als am Vortag. Das Essen war ebenfalls schlichter, wenngleich die verbleibenden Mägde, unterstützt von Dietrich, Ismael und Ännchen, große Platten mit dampfenden Würsten, Schüsseln mit Suppe, Teller mit Schinken und Körbe voll Brot hineintrugen. Auch die Krüge mit Bier, Würzwein und Honigwasser erfreuten sich großen Zuspruchs. Die Vorratskammern der Burg mussten wohlgefüllt sein.
    Ich wählte diesmal eine Flötenweise, die an den lieblichen Gesang der Vögel gemahnte, und ließ Triller, Zwitschern und melodiöse Rufe erklingen. Das war leicht und verlangte keine besondere Aufmerksamkeit von den Zu hörern. Allerdings hatte sich am offenen Fenster ganz in meiner Nähe eine Amsel niedergelassen, die mit großer Freude in ein Duett mit mir einfiel. Sie flatterte fort, als Dietrich mir einen Trunk und ein paar Schmalzbrote brachte.
    »Ihr habt ein großes Talent, Meister Hardo, dass selbst wilde Vögel in Euer Spiel mit einstimmen.«
    »Amseln lieben es, im Wettstreit mit anderen zu singen. Ich habe von ihnen manch eingängiges Liedchen gelernt. Von ihnen und auch von anderen gefiederten Sängern.«
    »Kommt wieder an die Hohe Tafel, Meister Hardo, wenn die Platten abgetragen werden. Mein Herr meint, es täte uns allen gut, Ablenkung von dem Unglück zu finden. Es gab schon wieder viel Geraune wegen des Schweifsterns.«

    »Das werde ich alsbald tun.«
    Und dem Ritter den Rat geben, dem Kaplan einen Maulkorb zu verpassen. Die Bibel bot fruchtbarere Texte als den ewig vom Himmel stürzenden Luzifer.
     
    Das Mahl fand ein baldiges Ende, und ich nahm meine Laute, um mich wieder auf die Stufen zu setzen, die zur Hohen Tafel führten. Ein kurzer Blick in die Runde zeigte mir, dass meine morgendliche Rosengabe keinen Gefallen gefunden hatte. Die Jungfer Engelin, nicht mit Blumen geschmückt, unterhielt sich angeregt mit ihrer Freundin Casta und gönnte mir keinen Blick. Es musste sie sehr anstrengen.
    Außerdem fiel mir auf, dass an den hohen Kranzleuchtern die Kerzen ungewöhnlich weit heruntergebrannt waren; einige waren bereits erloschen. Na gut, meine Geschichte hatte dramatische Höhepunkte, die das Halbdunkel nur noch grausiger machen würden.
    Ich griff in die Saiten und ließ zunächst eine sanfte, einschmeichelnde Melodie erklingen.
    Nicht niedere Minne noch kecke Maiden waren mein Thema an diesem Abend, die Natur sollte auch weiter den Ton bestimmen. Und so stimmte ich die Weise der Nachtigall an:
    »Nachtigall sing einen Sang mit Sinn
Meiner hochgemuten Königin!
Künde ihr, mein treuer Sinn und mein Herze brenne
nach ihrem also süßen Leib und nach ihrer Minne.« 6
    Man schwieg, hier und da nickte einer beifällig, Jungfer Engelin musste die Bänder ihres Chapels neu ordnen.
    Ich wiederholte die süße Melodie ohne Worte und bat dann um Aufmerksamkeit für den zweiten Teil meiner Mär, die ich am vorherigen Abend begonnen hatte.

Die erste Bewährungsprobe
    Gestern endete die Geschichte des Helden damit, dass er seinen Kummer in Wein ertränkte. Hört nun, wie sie weitergeht. Der Jüngling, von seinem Kater und seinem Liebesleid durch seine Jugend schnell genesen, machte sich nach der Erntezeit also wieder auf, die magische Laute zu erwerben. Er fragte hier und dort nach dem Instrumentenbauer, und man wies ihn des Wegs zu jenem verwunschenen Berggebiet, in dem der Lindwurm in einer Höhle über dem Rhein hauste. Immer zaghafter wurden seine Schritte, je mehr er unterwegs von dem Ungeheuer hörte. Riesig musste es sein, mit hornigen Schuppen bedeckt. Messerscharfe Klauen gruben sich in den Fels, wenn der Lindwurm erwachte und sich ein Opfer suchte. In seinen Augen glomm ein unheiliges Licht, und sowie er grollte, bebten mächtige Eichen. Besonders

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