Das Spiel des Saengers Historischer Roman
davon, mit ihr die Freuden der Minne zu teilen, wie er sie bei der Wäscherin genossen hatte. Doch die Magd war seinen Aufmerksamkeiten nicht geneigt, sondern schwenkte fröhlich ihre Röcke und lächelte den Stallmeister an. Der Winter kam und ging, und als der erste Mai mit seinem frischen Grün die Menschen in die Wälder lockte, da wurden die Träume des jungen Helden immer lustvoller. Darum machte er sich in jener verzauberten Nacht genau wie alle anderen auf, um die Gunst seiner Maikönigin zu gewinnen. Die aber war mit ihren Freundinnen zu der heimeligen Quelle gewandert, wo ein uralter Stein mit den
drei heiligen Jungfrauen stand. Sie schmückten die Stelle mit Kränzen und Girlanden aus Maiblumen und Vergissmeinnicht, Veilchen und Buschwindröschen, Farnwedeln und Kleeblättern. Sie sangen Maienlieder und tanzten im Mondlicht, besprengten einander mit dem reinen, klaren Wasser der Quelle und schmückten auch sich mit Bändern und Blüten.
Der Jüngling beobachtete die Mädchen voll Staunen und Bewunderung, so wie auch andere junge Männer sich nach und nach an der Quelle versammelten. Sie alle hofften, dass eine der Maiden sie erwählen würde, für diese Nacht oder für ein Jahr.
Sie taten es, eine nach der anderen, doch zum größten Ärger des jungen Helden wählte das hübsche Milchmädchen den älteren, kräftigeren Stallmeister zu ihrem Maigemahl. Viel zu lange, viel zu bunt und viel zu bildhaft hatte er sich ausgemalt, wie er sich mit ihr in dem weichen Gras unter den blühenden Weißdornbüschen den Liebeswonnen hingeben würde, als dass er die Abweisung ertragen konnte. Wütend ging er auf den Stallmeister los und versuchte, die Maid von ihm wegzuzerren. Dieses unbotmäßige Benehmen mochte der Mann jedoch nicht dulden; mit einem harschen Befehl wies er den Jüngling an, sich zum Teufel zu scheren. Das aber reizte den eifersüchtigen Tölpel nur noch mehr, und er versuchte sein Recht mit den Fäusten zu erzwingen.
Ein Schlag folgte auf den nächsten, schon wälzten sich die beiden Männer auf dem feuchten Boden, kreischten die Maiden, flohen Fuchs und Hase. Und dann geschah das Entsetzliche - der Simpel stieß gegen den Jungfernstein, der löste sich von seinem morschen Sockel, stürzte in die Quelle und zerbrach in drei Teile.
Alle hielten in jedweder Handlung inne. Schweigen lastete über der Lichtung. Und einer nach dem anderen verschwand lautlos zwischen den Bäumen.
Der törichte Held saß ganz alleine mit blutender Nase
zwischen zertretenen Blüten und den geborstenen Steinen der heiligen Quelljungfern.
Scham und Trostlosigkeit übermannten ihn.
Nie würde er dem Fluch entkommen, der ihn wieder und wieder einholte und ihn ins Unglück führte.
Drei Tage wanderte er in den Wäldern umher, doch dann kehrte er zottig, hungrig und reumütig zum Gut zurück. Die Gutsherrin fand ihn zusammengekauert in den Ställen, und zu seiner unsäglichen Verwunderung strafte sie ihn nicht, sondern hieß ihn, sich zu waschen, gab ihm neue Kleider und ein Essen und redete ihm nicht unfreundlich ins Gewissen. Der Stallmeister, so sagte sie ihm, sei ein weit wichtigerer Mann für das Gut als ein junger, heißblütiger Bursche, und eifersüchtige Streitereien könne man nicht dulden. Sie zahlte ihm jedoch einen anständigen Lohn aus und empfahl ihm, sein Glück bei einem anderen Herrn zu suchen. Nichts anderes hatte der Jüngling vor, und so schnürte er sein Bündel, um sich erneut der Gefahr des Lindwurms zu stellen und endlich die Laute zu erlangen, die ihm helfen würde, ohne Schlägerei und Demütigung die Herzen der Frauen zu gewinnen.
An dem Morgen, als er aufbrach, fand er sich an der Grenze der Ländereien dem Gutsherrn gegenüber, der ihn mit einem Wink zum Stehen brachte.
»Geh, mein Sohn. Und Maria, die Mutter der Barmherzigkeit, möge über deinen Weg wachen.«
»Herr?«
Der Herr wies ihn auf die Knie, schlug das Kreuz über ihm und segnete ihn. Und dann lächelte er. »Ich habe vor vielen Jahren die Priesterweihe erhalten, Junge. Aber auch wenn dir das nichts bedeutet, so solltest du wenigstens den Segen eines alten Mannes nicht ausschlagen.«
Der Tölpel stammelte verwirrt seinen Dank, und der Gutsherr schritt davon.
Der Kampf mit dem Lindwurm
Nach wenigen Tagen hatte der junge Held den Rhein überquert und stand nun am Fuße des Siebengebirges. Dort raffte er all seinen Mut zusammen und machte sich auf den Aufstieg zur Burg hoch droben auf dem Berg, denn dort, wie man ihm sagte,
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