Das Spiel des Saengers Historischer Roman
sagte in seiner Verwirrung wieder das Pattanosta auf. Dann ergriff er zitternd die Axt mit seiner schweißnassen Hand, bereit, sein Leben teuer zu verkaufen.
Das Grollen schwoll an. Und da!
Ein greller Ton zerriss die atemlose Stille im Saal.
Nach und nach erloschen nun auch die letzten heruntergebrannten Kerzen der Leuchter.
Vor seinen Augen barst eine alte Eiche, vom Feuerstrahl getroffen. Schwefelgeruch lag in der Luft. Kreischend riss
das Holz, und ein ohrenbetäubendes Krachen erschütterte den Berg. Blitz um Blitz erhellte zuckend die Welt, ein Sturmwind rauschte durch die Blätter, und Schritt für Schritt näherte sich das Ungeheuer. Schon sah der Held, wie sich der zottige Bart des Ungeheuers im Wind bewegte, wie seine mächtigen Krallen sich in das Erdreich gruben, knotige, graue, schuppenbedeckte Krallen, die Moos und Wurzeln zermalmten. Angstvoll rollte er mit den Augen, hob die Axt - und schlug zu.
Grell zischte das Feuer über ihn hinweg, bebte die Erde unter dem wütenden Donner.
Er sah die gelben Augen des Untiers über sich und verlor die Besinnung.
Ich hielt inne, und auch das Donnern und Kreischen, Dröhnen und Gellen verklangen. Das geneigte Publikum starrte mit runden Augen, manche mit offenem Mund, zu mir hin. Hinter mir hörte ich ein leises: »Beeindruckend!«
Einige Momente überließ ich die Zuhörer ihrem Grauen, dann klimperte ich auf den Saiten, sodass es sich anhörte wie fallender Regen.
Als der junge Held erwachte, war der Untergrund feucht, und vom Laub über ihm tropfte stetig das Wasser. Verblüfft darüber, dass er noch am Leben war, schüttelte er seine nassen Haare. Noch war der Himmel bedeckt, die Sonne noch nicht über die Bergkuppen gestiegen, doch es war hell genug, dass er seine Umgebung erkennen konnte. Eine geborstene Eiche weiter unten zeugte von der Gewalt, die in der Nacht hier geherrscht hatte, doch davon völlig ungerührt sangen die Vögel in ihren Ästen das Morgenlied. Über ihm schwankten lange Efeuranken in der kühlen, frischen Brise, und als er seinen ängstlichen Blick auf den Stiel der Axt richtete, fand er nicht den erlegten Lindwurm, sondern lediglich ein wenig gesplittertes Holz einer Buche, deren knotige, klauenartige Wurzeln sich in den Untergrund krallten.
Betreten gestand sich der Simpel ein, dass er sich von einem Gewitter hatte narren lassen. Nicht Ungetier, sondern ein Unwetter und seine eigenen Vorstellungen eines Lindwurms hatten ihn in Angst und Schrecken versetzt. Mit einigem Kraftaufwand zerrte er die Axt aus der Wurzel und steckte sie sich wieder in den Gürtel. Jetzt, da die Bedrohung vorüber war, merkte er, wie ungemütlich es in seinen nassen Kleidern war. Und auch ein nagender Hunger machte sich in seinem Magen breit.
Noch war er sich nicht ganz sicher, ob es feuerspeiende Ungeheuer gab oder nicht, aber er überlegte ernsthaft, ob solche Erlebnisse, wie er sie in dieser Nacht gehabt hatte, die Leute nicht dazu gebracht hatten, die Chimäre eines solchen Unwesens aufzubauen. Eine gute Geschichte ergab sie allemal.
Mit frischerem Mut machte er sich daran, zur Burg auf dem Drachenfelsen hinaufzusteigen.
Hiermit beendete ich meine Erzählung und sang für meine Zuhörer ein weiteres fröhliches Liedchen:
»Freut euch, ihr Jungen und Alten.
Der Maie mit Gewalten
Den Winter hat er bezwungen;
Die Blumen sind entsprungen;
Wie schön die Nachtigall
Auf dem Reise
Ihre süße Weise
Singt, mit wunderlichem Schall.« 8
Nächtliche Gespräche
»Womit, in Gottes Namen, hast du ein derartiges Spektakel angestellt, Ismael?«, fragte ich den Jungen, als wir in mein Gemach traten.
»Oh, Frau Ida war da sehr hilfreich. Ein großer Kupferkessel, ein hölzerner Schlegel, ein eiserner Spieß und zwei Pfannen erzeugten Donner und Blitz!«
»Überaus einfallsreich«, sagte Ritter Ulrich von der Tür her. »Und meinen Knappen hast du dabei zu deinem Spießgesellen gemacht.«
»Ja, Herr, obwohl es einer gewissen Überredung bedurfte.«
»Ich hörte davon.«
Ich sah den Ritter fragend an.
»Euer Begleiter und mein Knappe haben sich geprügelt.«
»Ah, daher die etwas hölzernen Bewegungen, mein Freund«, stellte ich fest. »Hast du ihn gewinnen lassen?«
»Sicher.«
Der Ritter schnaubte. Ismael kicherte.
»Er ist sehr streng zu sich, der edle Dietrich. Aber als wir uns schließlich einig waren, hatte er einige hilfreiche Ideen beizusteuern. Er fand es eine treffliche Idee, die Fackeln zu löschen, sodass nur noch das
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