Das Spiel des Saengers Historischer Roman
auskömmliche Einkünfte sichern würde.
»Was wirst du tun, wenn dir die Burg zugesprochen wird?«
»Nun, zusehen, dass ich einen Ritter finde, der sie für mich führt.«
»Es sollte ein hübsches Angebinde für den Herrn Ulrich von der Arken sein.«
Doch Castas Miene verdüsterte sich wieder.
»Er wird zu stolz sein, mich der Mitgift wegen zu freien.«
»Männer!«, grollte Engelin.
»Ja, Männer.«
Sie schwiegen, und Engelin wandte ihren Blick von den wohlbestellten Feldern zur Burg hin. Vor der Mauer lag der wassergefüllte Graben, hinter ihr schaute man auf die Dächer der Stallungen. Soweit sie es erkennen konnte, war alles ausgezeichnet in Ordnung gehalten. Mochte auch das Holz verwittert sein, so waren alle schadhaften Stellen
sorgfältig ausgebessert, in dem Zwinger waren an Pflöcken einige Ziegen angebunden, die das Gras niedrig hielten, der Eimer des Ziehbrunnens lief lautlos und ohne zu quietschen über seine Rolle, die Tränke war mit klarem Wasser befüllt. An den Mauern rankte sich fachgerecht aufgebundenes Spalierobst. Was immer man von Sigmund als Mann halten mochte, als Verwalter hatte er gründlich und sorgsam gearbeitet. Es würde schwer werden für den neuen Eigner, einen derart fähigen Burgvogt zu finden.
Das scheppernde Glöckchen der Dorfkirche rief die Mittagsstunde aus, und Casta stupste Engelin an.
»Wir werden gebraucht, um das Essen zu verteilen, Engelin. Schluss mit Schwatz und Kurzeweil!«
»Ja, du hast recht. Die Pflicht ruft.«
Die dornige Rose
Die dornige Rose hatte Brot und Quark vor mir auf den Tisch geklatscht und auch Ismael in ähnlich freundlicher Manier bedient. Gut, der Junge hatte gelauscht und mir getreulich von ihrem Gespräch mit Ida berichtet. Er wusste, wie sehr es mich amüsieren würde. Und die Aussicht auf den heutigen Abend erheiterte mich noch viel mehr. Es stand mir nämlich ein ganz persönliches Vergnügen bevor.
Aber bis dahin war es noch etwas Zeit.
Nach der mittäglichen Labung folgte ich der nicht unerwarteten Bitte des Kaplans, mich um das Ausheben der Grube zu kümmern, und machte mich mit der Schaufel daran, ein Grab im Lichhof zu richten. Sigmund würde neben seinem Vater, dem früheren Burgvogt, und seiner Mutter seine letzte Ruhe finden. Die Herren der Burg, wenn sie denn hier gestorben und nicht im Feindesland gefallen waren, hatten jedoch ehrenwertere Plätze an der Kapellenwand.
Während ich Grassoden ausstach und die sandige Erde lockerte, gingen mir etliche Gedanken durch den Kopf.
Die Stimmung in der Burg war naturgemäß etwas angespannt, und vermutlich bildeten sich immer neue Gruppen und Grüppchen, die sich gegenseitig belauerten und verdächtigten. Über kurz oder lang mochte es zu heftigen Reaktionen kommen. Beschimpfungen, tätliche Angriffe - oder Gedanken an Flucht.
Um die beiden Ersteren konnte der Ritter sich kümmern. Auf Letzteres würde ich ein Auge haben.
Als die Grube tief genug war, stellte ich die Schaufel zur Seite, ging zur Pferdetränke, um mich zu waschen - gründlicher als Engelin es mit ihrem Schaff Wasser getan hatte -, und suchte die Kapelle auf. Der neugierige Puckl hatte gar nicht so falsch gelegen mit seiner Vermutung, dass es einen Geheimgang aus der Burg gab.
In der Kapelle war es kühl, der Duft von Weihrauch und Wachskerzen hing noch in der Luft, und durch die bleiverglasten Fenster fiel nur gedämpft das Nachmittagslicht. Die Blumen, die Ida wohl noch immer alle paar Tage zu Füßen der Heiligen in Krüge stellte, waren verwelkt. Nun ja, sie hatte derzeit andere Aufgaben zu erfüllen, und die Heiligen mochten ihr verzeihen, dass sie in dieser Pflicht nachlässig geworden war.
Ich wollte eben um den Altar herumgehen, als sich die Tür öffnete und Jungfer Engelin ihren Schatten auf den hellen Marmorboden warf. Sie trat ein, und mir stockte der Atem. Auch wenn sie nur einen unförmigen Arbeitskittel trug und die Haare mit einem braunen Tuch zurückgebunden hatte, wirkte sie um vieles schöner als selbst die Engel, nach denen sie benannt worden war. Die Sonnenstrahlen, die von draußen hereinfielen, umgaben sie mit einer goldenen Gloriole. Ein Strauß eben erblühter Rosen lag in ihrer Armbeuge, in der Hand hielt sie einen blau glasierten Tonkrug. Sie bemerkte mich nicht, sondern ging zielstrebig auf die Heiligenfigur zu.
Ich stellte mich leise hinter sie, als sie die welken Blumen aus dem Krug nahm, und raunte ihr ins Ohr:
»Könnt’ ich doch erleben, dass ich Rosen
mit der Minniglichen
Weitere Kostenlose Bücher