Das Spiel des Saengers Historischer Roman
für
seinen Samen betrachtete und als willige Dienerin seiner Bedürfnisse aller Art. Vielleicht hätte er mir mit den Jahren mehr Achtung entgegengebracht, wenn ich ihm ein paar kräftige Söhne geboren hätte. Ich wurde auch sogleich schwanger, aber Jonata habe ich unter großen Schwierigkeiten zur Welt gebracht. Ein Jahr später kam unser Sohn zur Welt, und danach war ich lange krank. Ich habe dann nie wieder empfangen, und er mied mein Lager, als er das schließlich bemerkte, und schmähte mich eine unfruchtbare Ziege.«
»Aber das war doch nicht Eure Schuld!«
»Wen interessiert das schon.«
»Was ist mit Eurem Sohn?«, entfuhr es Engelin.
»Er starb, als er zwei Jahre alt war. Sigmund gab mir und dem Burgherrn die Schuld daran.«
»Ihr müsst ihn gehasst haben!«
»Ach nein, Jungfer, nein. Das ist das Schicksal vieler Weiber. Ich hatte meine Tochter, die ich lieben konnte, der Burgherr war ein freundlicher Mann, die Herrin behandelte mich gut, und auch ihre kleine Tochter, Eure Freundin Casta, tollte oft mit Jonata im Hof herum und ließ sich von mir verwöhnen.«
»Ja, sie spricht sehr liebevoll von Euch, Ida.«
Ida lächelte sie nun wieder an.
»Wollen wir hoffen, dass ihr ein besseres Los beschieden ist mit ihrem zukünftigen Gatten. Ihr und sie, Ihr mögt die Minne so kennenlernen, wie sie die Dichter besingen, Jungfer Engelin. Ich wusste jedoch nichts von ihr und hörte erst später davon, wenn Herr Eberhart Gäste einlud und zu ihrer Unterhaltung Sänger aufspielten. Natürlich lauschte ich hingerissen den Liedern und träumte von einem Ritter, der sich vor Sehnsucht nach einem Kuss von mir verzehrte. Aber mir war immer klar, dass es nur Geschichten waren, ähnlich denen, wie sie die Priester vom Paradies berichten. So etwas war nicht für dieses Leben bestimmt, sondern würde nur in einer anderen, besseren Welt zu finden sein.«
»Glaubt Ihr wirklich?«
Ida schüttelte den Kopf.
»Heute nicht mehr. Einer der wirklich großen unter den Sängern, Meister Urban, der uns einmal aufsuchte, hatte die Güte, sich lange mit mir zu unterhalten. Er wusste so viele Lieder und Dichtungen, und wenn auch die Minne zwischen Mann und Weib darin eine große Rolle spielte, so zeigte er mir doch auch, dass Liebe viele Seiten hat.«
Patta trabte mit hoch erhobenem Schwanz in die Küche und legte Ida eine tote Maus zu Füßen. Dann setzte er sich stolz auf und blickte sie an.
»Seht Ihr, Jungfer Engelin, auch das ist Liebe.«
Ida streichelte den Kater, warf die Maus in den Abfall und schnitt ein Wurstzipfelchen ab. Sehr würdig nahm Patta ihr die Gabe aus den Fingern und verzehrte sie genüsslich unter dem Tisch.
»Man brachte ihn zu mir, als er noch ein ganz kleines Kätzchen war. Seine Mutter war eine Stallkatze, doch sie war einem Marder erlegen, ebenso wie die drei anderen ihrer Kinder. Dieser hier aber überlebte, denn ich zog ihn heimlich hier in der Küche auf, ließ ihn Milch von meinen Fingern lecken und hackte Fleisch für ihn klein, obwohl die Köchin damals murrte. Aber er wurde schon bald ein gewitzter Mäusefänger, und so wurde er geduldet.«
Patta hatte sein Mahl beendet und sprang Ida auf den Schoß. Dort rollte er sich zufrieden zusammen und schnurrte, als ihre rauen Hände ihn kraulten.
»Ja, Ihr habt recht, auch das ist Liebe«, stimmte Engelin ihr zu.
»Ich habe Euch Eure Fragen freimütig beantwortet, Jungfer Engelin. Gestattet Ihr mir, auch Euch eine zu stellen?«
»Natürlich. Sprecht nur.«
»Warum habt Ihr Meister Hardo mit kaltem Wasser begossen und durchbohrt ihn mit flammenden Blicken? Er ist ein ansehnliches Mannsbild, und sein Benehmen scheint mir sehr gefällig.«
»Er ist ein eingebildeter Gockel und ein weibischer Geck,
der seine Finger nicht bei sich behalten kann«, fauchte Engelin.
»Holla, Jungfer! Ist er Euch zu nahe getreten?«
»Nicht mit Taten, aber mit Worten.«
»Ja, mit Worten ist er sehr gewandt. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er Euch beleidigen wollte.«
»Er beleidigt mich, weil er jedes Weib, jede Magd, jede Jungfer mit denselben schleimigen Schmeicheleien beschwatzt. Weil er bei jeder nach Küssen und Kosen giert. Weil er sich einbildet, sein schöntuerisches Gehabe würde ihn unwiderstehlich machen und mit seiner grässlichen Stimme alles, was Röcke trägt, betören zu können.«
Ida lachte auf, biss sich dann aber auf die Lippen.
»Verzeiht, Jungfer Engelin, aber das hört sich mir ganz danach an, als ob Ihr ihn weit lieber hättet,
Weitere Kostenlose Bücher