Das Spiel des Saengers Historischer Roman
wenn er ausschließlich Euch schmeicheln und betören würde.«
»Und wenn er hundert Minnelieder nur für mich singen würde, ich wollte ihn nicht mit der Feuerzange anpacken«, giftete Engelin. Doch dann besann sie sich wieder und fuhr sich über die Stirn, als wollte sie etwas fortwischen. »Nein, das ist nicht richtig, Ida. Ach, ich kann es nicht erklären. Er reizt mich, weil ich … weil ich immer das Gefühl habe, dass er mich verspottet.«
Patta spitzte plötzlich die Ohren, sprang auf den Boden und ging seines Weges.
»Aus welchem Grund mag er das tun wollen, Jungfer? Sicher ist er ein gewandter, kunstreicher Mann und weiß, dass er eine Augenweide ist. Aber das darf er als Sänger auch sein, denn wie beim Mahl die Augen mitessen, so ergötzen sie sich auch beim Vortrag der minniglichen Dichtung an dem Sänger. Aber ich wüsste nicht, dass er deshalb überheblich wäre und auf andere spöttisch herabblickte. Könnte es wohl sein, Jungfer Engelin, dass Ihr ihm Anlass gebt, Euch zu necken?«
»Nur weil ich keine Rosen von ihm will und sein Geturtel bei mir nicht verfängt?«
»Manche Männer reizen vor allem die dornigsten Rosen.«
Engelin schluckte die Antwort darauf hinunter, denn Hildegunda, die Novizin, trat durch die Tür von der Badestube in die Küche und erkundigte sich, ob das Badewasser für ihre Herrin inzwischen heiß geworden sei. Ida stand auf und prüfte den Kessel.
»Heiß genug. Jungfer Engelin, wenn Ihr so freundlich sein würdet, noch drei Eimer kaltes Wasser zu holen. Wir haben lange genug geschwatzt.«
Das hatten sie, und als Engelin sich auf den Weg machte, ihre Aufgabe zu erfüllen, hätte sie beinahe Ismael umgerannt, der mit zwei Eimern im Eingang stand.
»Hoppla, wohledle Jungfer, verschüttet nicht das, was ich drei störrischen kleinen Ziegen abgerungen habe.«
Engelin maß ihn von oben bis unten.
»Du hast gelauscht, Bengel!«
»Ich doch nicht, Jungfer. Ich kam eben die Stiege hoch.«
»Kaum, denn sonst würde der Kater nicht mit einem weißen Milchbart neben dem Eimer sitzen.«
Der Junge sah sich um, der Kater zu ihm hoch.
»Verräter!«, sagte Ismael zu ihm.
»Ein kluges Tier. Du kannst deinem Herrn aber getrost alles genau so ausrichten, wie du es gehört hast.«
»Dass Ihr eine dornige Rose seid, wohledle Jungfer?«
»Wenn er mir zu nahekommt, wird er sich blutige Kratzer holen. Und nun lass mich durch!«
Ehrerbietig, doch mit glitzernden Augen, trat der Bursche zur Seite, und Engelin rauschte an ihm vorbei.
Als sie die letzten Schaff Wasser abgeliefert hatte, traf sie Casta auf dem Hof, die mit dem Reisigbesen vor der Kapelle fegte. Mit einem gespielt verzweifelten Blick wies sie auf ihren feuchten Kittel und die staubige Schürze ihrer Freundin.
»So viel zu uns ehrenwerten Burgfräulein.«
»Tja, in seidenen Gewändern am Arm eines starken
Mannes durch den Lindenhain wandeln würde mir auch besser gefallen.«
»›Verdammte Linden …‹«
»Hast du schlechte Erfahrungen mit Männern unter Linden gemacht? Komm, erzähl, Engelin.«
»Lieber nicht. Bah, du hast ja erschreckend gute Laune heute, Casta. Wo ist denn dein Ritter heute Vormittag? Ich habe ihn noch nicht gesehen.«
»Meiner ist er noch lange nicht. Aber er hat mich heute zumindest einmal wahrgenommen, als ich ihm den Morgenbrei auf den Tisch gestellt habe. Er murmelte etwas davon, dass er mir sehr dankbar sei, dass ich die schmutzigen Küchenarbeiten übernähme. Aber als ich ihn in ein Gespräch verwickeln wollte, behauptete er, die Pacht- und Abgabeaufzeichnungen des Verwalters durchsehen zu müssen.«
»Verständlich. Das muss er wohl tun, um die Angelegenheiten zu regeln.«
Engelin sah ihre Freundin eine Weile an, dann nahm sie ihr den Besen aus der Hand.
»Sauber genug hier. Wir haben uns etwas Kurzeweil verdient, meinst du nicht auch?«
»Ja, ich glaube auch. Frau Loretta kann ihre Kammer ruhig selber fegen.«
»Hat sie dich damit beauftragt?«
»Wie eine Herzogin ihre Magd.«
»Ein eingebildetes Völkchen hat sich hier zusammengefunden.«
»Sicher, aber wir sollten lieber auf den Wehrgang gehen, wenn wir uns über sie unterhalten wollen«, meinte Casta mit einem Blick auf den Höfling, der trotz der frühsommerlichen Wärme in einer weiten, dunkelgrünen Heuke mit Pelzbesatz zum Rittersaal stolzierte.
»Dürfen wir denn auf den Wehrgang?«
»Meister Hardo hat Herrn Ulrich gebeten, es zu erlauben. Die Mannen wissen Bescheid und sollen nur darauf achten,
dass keiner von uns
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