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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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die Tür zur Schmiede halb offen stand. Er warf einen vorsichtigen Blick hinein und staunte. Dort an der Bretterwand drückte sich der humpelnde Humbert herum. Offensichtlich hatte er einen Spalt oder ein Astloch gefunden, durch das er das Geschehen im Badebottich beobachten konnte.
    »Hab ich dich!«, murmelte Ismael und schlenderte weiter. Dietrich hatte das runde Schaff gefüllt und war eben dabei, sich auszukleiden. Ismael trat ein, musterte kurz die Wand des Verschlags und entdeckte auch sofort den etwa
daumenbreiten Spalt. Er stellte sich so, dass dem heimlichen Beobachter der Blick auf den nackten Knappenrücken verstellt war, und sagte leise zu Dietrich: »Nicht erschrecken. Du hast einen Bewunderer in der Schmiede nebenan, der bei dem Anblick deines lilienweißen Leibes dem heiligen Onan huldigt.«
    Dietrich zuckte nur kaum merklich zusammen.
    » Was tut er?«
    »Er holt sich einen runter.«
    Der Knappe äußerte etwas erstaunlich Unflätiges und wollte aus dem Verschlag stürmen.
    »Gemach, dem werden wir den Spaß verderben. Steig ins Wasser, aber dreh dich erst um, wenn ich ›Jetzt‹ sage.«
    »Was …«
    »Vertrau mir einfach.« Und lauter erklärte er: »Hier ist ein Stück Seife, Dietrich.«
    »Danke. Aus Aleppo?«
    »Natürlich. Ich helfe dir nachher beim Barbieren.« Ismael hatte sich rasch umgesehen und eine irdene Schale gefunden, die er auf den Schemel neben dem Bottich stellte. Dann nahm er die leeren Eimer und ging damit noch einmal zum Brunnen. Unterwegs las er einen langen Strohhalm auf. Wieder zurück in dem Verschlag hielt er sich außerhalb des Blickwinkels auf, den der Gelehrte haben musste, und verrührte etwas Seife mit dem Wasser in der Schale, während sich Dietrich umständlich und ohne allzu viel von seinem bloßen Leib preiszugeben die Haare wusch. Leise bewegte Ismael sich auf die Bretterwand zu. Dahinter hörte er heftiges Atmen. Geschwind tauchte er den Strohhalm in die Seifenlauge, sog an und näherte sich dem Spalt von der Seite.
    »Jetzt!«
    Dietrich drehte sich zur Wand um.
    Ein schneller Blick, Zielen und ein heftiger Luftstoß, und die ätzende Brühe landete genau im weit aufgerissenen Auge des Betrachters.

    Ein Stöhnen erklang, ein Rumpeln, das von einem herben Rückwärtsfall zeugte, und ein unterdrückter Fluch wurde laut.
    »Die Seife ist gut, nicht, Dietrich? Du musst nur aufpassen, dass dir nichts von der Lauge in die Augen kommt. Das brennt grässlich.«
    »Ja, habe ich schon gemerkt«, sagte der Knappe, und ein Grinsen breitete sich auf seinem schaumigen Gesicht aus. »Reich mir doch bitte mal einen Eimer Wasser.«
    Ismael tat es, und der Knappe murmelte: »Danke. Ist er weg?«
    Ein kurzer Blick nach draußen zeigte den Gelehrten, der mit beiden Händen Wasser in sein Gesicht klatschte.
    »Doktor Humbert kämpft gegen seinen Sehverlust - ähm, sagt man nicht, dass diese Art der Befriedigung blind macht?«
    »Der Gelehrte? Heilige Jungfrau!«
    »Wusstest du das nicht?«
    »Nein. Aber dass manche Männer lüsterne Gedanken bekommen, wenn sie mich sehen, das ist mir schon einige Male passiert. Es ist widerlich.«
    »Du bist eben ein hübscher Edelknabe. So, und jetzt machen wir dich noch hübscher. Ich habe auch die Klinge aus Damaszenerstahl dabei, die das harte Gestrüpp deines Bartes sauber lichten wird.«
    Schweigend ließ sich Dietrich den Flaum abschaben und murmelte dann: »Das ist etwas, das ich nie mit meiner rechten Hand machen werde.«
    »Nein, außer du willst so schartig aussehen wie dein Ritter. Haben sie dich sehr gehänselt?«
    »Nicht nur das. Ich war der ungeschickteste aller Pagen, ein richtiger Tölpel. Kein Ritter wollte mich als Knappen. Verstehst du das?«
    »Herr Ulrich wollte dich, und ihm macht es nichts aus.«
    »Mhm.«
    »Mir auch nicht.«

    »Er lehrt mich die ritterlichen Tugenden, aber ich werde mit ihm nie auf Ritterfahrt gehen.«
    »Und? Dann steht dir ein langes, gesundes Leben bevor.«
    »Aber die Ehre …«
    »Erlangt man Ehre nur durch das Töten von Feinden?«
    »Dir ist das egal, nicht?«
    »Ehre? Vollkommen!«, tönte Ismael im Brustton der Überzeugung.
    »Lügner.«
    »Nenn mich nicht Lügner, solange ich das Barbiermesser in der Hand halte.«
    »Vermutlich ein guter Rat.«
    Ihr Geplänkel fand ein Ende, denn nun trat auch Puckl mit Handtuch und Wasserschaff ein.
    »Ich rieche feine Seife.«
    »Ist aufgebraucht bis auf den Rest, der für mich bestimmt ist«, beschied ihn Ismael und legte die Klinge beiseite. »Nett, dass

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