Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
Tier sprechen konnte, schloss der Held, dass es eine Seele besitzen müsse und damit vielleicht sogar ein menschliches Wesen war. Ein kleines, junges. Ein verängstigtes Geschöpf. Zu disputieren aber war es nicht der rechte Augenblick, denn schon hörte er draußen die Stimmen der Mannen, das Klirren der Waffen und den Befehl: »Durchkämmt den Wald!«

    Bewegungs- ja atemlos drückten sich die beiden Verfolgten tief in die Höhle hinein.
    Es dauerte lange, bis der junge Held sich getraute, einen vorsichtigen Blick nach draußen zu werfen.
    Es schien alles ganz friedlich im Wald. Die Vögel sangen, ein Reh mit zwei Kitzen stand zwischen den hohen Bäumen, ziehende Wolken verteilten Licht und Schatten über dem Laubdach. Nur Hufspuren zeigten, dass Reiter hier durchgekommen waren.
    Der Jüngling kroch aus dem Versteck, das Reh floh, ein Vogel flatterte auf, und hinter ihm krabbelte ein mageres, struppiges Kind ans Tageslicht. Es trug einen ungebleichten, sehr schmutzigen Kittel, gehalten von einem zu langen Ledergürtel, staubige, dünne Beine steckten in ausgetretenen Schuhen, und ein Büschel brauner, borstiger Haare hingen zottelig in das verschmierte Gesicht.
    »Du hattest Schiss vor dem Ritter«, stellte das Schmuddelkind fest.
    »Du auch!«
    »Ich hatte einen Grund!«
    »Ach ja? Und welchen?«
    Das Geschöpf zog die Nase hoch.
    »Ich will Knappe werden. Aber nicht bei dem schwarzen Ritter. Der ist grausam. Ich will zum Drachenherrn.«
    »Knappe? Du?«
    Der Simpel hatte schon Edelknaben getroffen, wohlerzogene Jungen, die ihre Körper in Waffenübungen stählten und die Schlachtrösser ihrer Herren zu bändigen wussten.
    Der kleine Bursche reckte das Kinn nach oben.
    »Natürlich ich. Nur weil mein Kittel staubig ist, brauchst du nicht zu meinen, dass ich aus der Gosse stamme. Und was willst du auf der Burg? Ganz bestimmt nicht in den ritterlichen Dienst. Solche tollpatschigen Tröpfe wie dich nehmen die nicht.«
    »Du musst es ja wissen«, brummte der Jüngling.

    »Na, das sieht man doch! Also, was willst du da, und warum hast du Schiss vor dem Ritter?«
    »Ich bin auf dem Weg, die magische Laute zu erwerben!«, verkündete der junge Held und erntete schallendes Gelächter.
    »Magische Laute? Und, willst du dir dann mit dem Spiel einen Goldschatz herbeizaubern?«
    »Davon verstehst du nichts.«
    »Ach nein? Ah, du willst die Weiber betören, was?«
    »Davon verstehst du nichts«, wiederholte der Tropf. »Dazu bist du noch viel zu klein.«
    »Meinst du? Ich bin dreizehn Jahre alt. Ich weiß, wie es in der Welt zugeht.«
    Der Jüngling erlaubte sich, sein Gegenüber daraufhin ein wenig gründlicher zu mustern, und unter all dem Schmutz und Staub erkannte er das zierliche Mädchen.
    »Du wolltest nie ein Knappe werden. Du hast gelogen, Jüngferchen!«
    Das Mädchen senkte ganz kurz die Lider, dann schniefte sie noch einmal.
    »Dumm, ja. Ich sag wohl besser die Wahrheit. Aber du musst sie auch sagen.«
    »Aber ich will wirklich den Lautenbauer auf der Burg aufsuchen. Nur dass der schwarze Ritter hinter mir und den Meinen her ist und uns wegen einer Fehde vernichten will.«
    »Ah so. Aber er ist hinter mir her. Ich war nämlich Köchin an seinem Hof. Und er hat ein lüsternes Auge auf mich geworfen. Er wollte mich schänden, aber ich konnte ihm eben noch entfliehen.«
    »Eine so hässliche kleine Kröte wie dich hat er lüstern angesehen?«
    Da in der Ferne wieder Männerstimmen zu hören waren, gab die Maid keine Antwort, sondern kroch eilig ins tiefere Unterholz. Der Jüngling folgte ihr ebenso flink.
    Lange durchsuchten die Gewappneten den Wald, und
der junge Held und seine neue Begleiterin, die sich Line nannte, wanderten immer weiter von der Burg fort.
    Der Jüngling, der vor Zeiten schon immer gerne durch die Wälder gestreift war, fand genug, um sie beide zu ernähren. Er kannte essbare Beeren und Pilze, konnte Fische aus kleinen Bächen fangen und mit der Schleuder Vögel von den Bäumen holen. In einer verlassenen Köhlerhütte fanden sie einen alten Topf, und er bat das Mädchen, aus dem, was er gesammelt und gejagt hatte, eine schmackhafte Suppe zu kochen. Er gab Line sein Messer und einen Hasen und machte sich zu einem weiteren Streifzug auf.
    Als er zurückkam, lag der Hase noch in seinen Pelz gehüllt neben dem Feuer, aber ein paar hübsche rote Pilze mit weißen Punkten auf dem Hut schwammen in dem Kessel.
    »Du bist keine Köchin, Line«, warf er ihr vor. »Oder wolltest du mich vergiften, damit ich

Weitere Kostenlose Bücher