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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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dein dunkles Geheimnis nicht verrate?«
    Das Mägdelein schmollte und grollte, aber sie musste, während der Jüngling den Hasen herrichtete, zugeben, dass sie keine Köchin war. Eine Wäscherin, behauptete sie nun gewesen zu sein. Doch er sagte nichts dazu, sondern machte sich seine eigenen Gedanken.
    Die Tage vergingen, warm und sonnig, und dem Jüngling gefiel das freie Leben. Er hatte einen Unterstand aus Zweigen und Laub gebaut, hin und wieder fand er einen alten Baumstumpf, in dem wilde Bienen Waben mit Honig gefüllt hatten, und brachte ihn zu einem kleinen Weiler, um ihn gegen Brot, ein paar Decken oder einen Kittel zu tauschen.
    Auch Line schien die Freiheit zu behagen, und meist klebte sie wie eine lästige Klette an dem jungen Mann.
     
    Ich machte eine Pause, um den Zuhörern die Möglichkeit zu geben, sich ihre eigenen Gedanken zu der neuen Wendung zu machen. Dietrich kredenzte mir Wein; ich wiederholte
die Melodie, mit der ich die Geschichte eingeleitet hatte, und sang dann die zweite Strophe.
    »O weh, soll er denn nimmermehr
Den Morgen sehen tagen?
Dass uns die Nacht vergeh
Dass wir nicht dürfen klagen:
›O weh, nun ist es Tag‹,
wie er’s mit Klage sagt,
da er jüngstens bei mir lag -
da ward es Tag.«
    Die Augen der Frauen vor mir an den Tischen begannen vor Rührung zu glänzen, wie ich es gewollt hatte. Ein Augenpaar aber schoss grimmige Blitze gegen mich.
    Ratet, welches!
    Ich klimperte die Melodie noch einmal und fuhr dann mit der Mär fort.
Lektionen und angebrannter Brei
    Der Sommer verging, und als es nach einer kühlen Nacht im Erntemond Tag wurde, fauchte ein mächtiger Sturm um den Berg. Schlimmer als die Dämonen der Hölle heulte er zwischen den Bäumen und um die Felsen, trockenes Laub riss er von den Ästen, hart prallten Graupel auf den notdürftigen Verschlag, und ängstlich drückte sich Line an den Jüngling, der ebenfalls mit Zagen den entfesselten Naturgewalten lauschte. Doch war es seiner Umsicht zu verdanken, dass sie gerade noch eben entkamen, als die hohe Fichte mit einem Krachen umstürzte und den Unterstand unter sich begrub.
    Kalt war es geworden, und zitternd saßen die beiden im feuchten Laub, die Kleider nass, die Glieder klamm und die dürftigen Vorräte vernichtet.

    »Wir brauchen eine Unterkunft für den Winter«, stellte der junge Held schließlich fest.
    »Ich geh aber nicht zurück«, trotzte Line, obwohl auch sie durchnässt ihr dünnes Hemd um sich wickelte.
    »Wär aber besser für dich.«
    »Nein. Ich bleibe bei dir. Du wirst schon einen Weg finden.«
    Missmutig betrachtete der Jüngling die aufsässige kleine Kröte an seiner Seite, aber dann raffte er sich zusammen. Sie mochte eine erbärmliche Klette sein, aber ihr Vertrauen in ihn weckte den unerwarteten Wunsch, ihr beizustehen.
    »Na gut, dann suchen wir uns eben gemeinsam einen Unterschlupf. Ich kann für Bett und Brot arbeiten, aber du wirst das auch tun.«
    »Ich kann arbeiten!«
    »Ja, vor allem kochen!«
    »Ich hab’s doch jetzt gelernt!«
    »Du kannst einen Fisch am Stecken braten, aber den Brei lässt du noch immer anbrennen.«
    »Du auch!«
    Sie zankten sich den ganzen Weg über, den der Jüngling eingeschlagen hatte. Mit seinen langen Beinen war er ihr immer einen Schritt voraus, und sie hoppelte zeternd hinter ihm her.
    »Wo willst du überhaupt hin?«
    »Zu dem Lautenbauer. Ich hab mein Ziel nicht vergessen.«
    »Ich will nicht auf die Burg!«
    »Wir gehen nicht zur Burg.«
    Auf seinen Streifzügen hatte der Jüngling vor einigen Tagen einen Kesselflicker getroffen und, wie es so seine Art war, ein Gespräch mit ihm begonnen. Da er tatsächlich sein Ziel nicht aus den Augen verloren hatte, hatte er ihn auch nach dem Lautenbauer gefragt und erfahren, dass der inzwischen ins Tal gezogen war und dort in einem kleinen Dorf am Rhein lebte.

    Line gab endlich Ruhe, und zwei Tage später hatten sie sich zu dem Häuschen durchgefragt, in dem der Handwerker sein Heim gefunden hatte.
    Doch hier traf sie eine bittere Enttäuschung. Das Weib des Instrumentenmachers teilte ihnen mit, ihr Mann sei vor zwei Monaten gestorben. Der junge Held wurde mutlos und wollte sich abwenden, doch Line hielt ihn am Kittelzipfel fest.
    »Wir suchen Arbeit, werte Frau. Wir sind fleißig und stark.«
    Die Witwe maß sie abschätzig, nickte dann aber.
    »Ich brauche einen Knecht. Und die Wäsche könnte auch häufiger gewaschen werden.«
    So erhielten die beiden ein Strohlager neben dem Küchenherd und täglich ihren

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