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Das Spiel des Saengers Historischer Roman

Titel: Das Spiel des Saengers Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Brei. Aber das Weib war geizig und hartherzig. Zwar hatte ihr Mann mit seinen Instrumenten gutes Geld verdient, doch sie war nicht willens, das als Lohn für ihre Helfer zu verschwenden. Sie trug es zu den Tuchhändlern und Schneidern und ließ sich einen roten Surkot machen und prunkte damit vor ihren Gevatterinnen im Dorf.
    Der Held kam seinen Aufgaben recht geübt nach, hackte Holz und werkte im Gemüsegarten, fegte die Kammern und schleppte Wassereimer. Lines Brei aber schmeckte weiterhin angebrannt, und sie wurde darob bös gescholten. Als es ans Wäschewaschen ging, entfleuchte ihr ein Hemd im Rhein, und sie bezog Prügel von der Witwe. Also nahm sich der Jüngling auch der Wäsche an, und zusammen holten sie sich aufgesprungene Hände im eisigen Wasser.
    Line war so ungeschickt in allen groben Arbeiten, und mehr als einmal dachte er darüber nach, was sie wohl in Wirklichkeit sein mochte. Denn sie hatte über ihre Herkunft bisher nur gelogen, und er hatte nicht weiter gefragt. Aber als er sie einmal beobachtete, wie sie mit sehr zierlichen Stichen eine Cotte umsäumte, kam ihm der Verdacht, sie könne möglicherweise ein entflohenes Nönnchen oder
eine Novizin sein. Das erklärte ihm auch ihre kurzen, struppigen Haare, die sie jetzt immer unter einem ausgefransten Tuch versteckte. Noch mehr verdichtete sich dieser Verdacht, als er sie eines Tages, als die Witwe wieder einmal ihren Lustbarkeiten nachging, über einem Büchlein sitzen sah.
    »Was ist das?«, wollte er wissen.
    »Lies selber«, antwortete sie und hielt ihm den Band hin.
    Verlegen starrte er auf die Buchstaben. Rechnen konnte er gut, aber nur im Kopf. Das Lesen hatte man ihm nicht beibringen können.
    Line zog ihm das Buch wieder weg und meinte hämisch: »Simpel. Zu dumm zum Buchstabieren!«
    »Na und? Dafür kann ich einen ordentlichen Brei kochen.«
    »Wer nur Brei im Kopf hat, braucht auch nicht mehr.«
    »Pah, eher lerne ich lesen als du Brei kochen.«
    »Werden wir sehen.«
    Und mit einem Wachstäfelchen und Griffel lehrte Line den Helden, die Buchstaben zu deuten. Es verdutzte sie beide, dass es ihm in kurzer Zeit gelang, und als das neue Jahr begann, konnte er selbst die Lieder und Gedichte entziffern, die in dem Büchlein standen.
    Lines Brei aber schmeckte auch noch im Januar angebrannt.
     
    Ich unterbrach meine Erzählung, um die Gesellschaft mit meiner Musik zu unterhalten. Dabei betrachtete ich die Gesichter vor mir. Es war der ruhige Teil meiner Mär, die vom Lernen und von täglichen Pflichten handelte, von innerem Wachstum und stiller Kameradschaft. Allenthalben schien man diese Entwicklung zu genießen, und aufgewühlte Gemüter waren dadurch zur Ruhe gekommen.
    Fast alle.
    Ich stimmte die nächste Strophe an.

    »O weh, sie küsste ohne Zahl
In meinem Schlafe mich,
da fielen hin zu Tal
ihre Tränen all auf mich,
doch konnt ich trösten sie,
dass sie ihr Weinen ließ
Und sie mich ganz umfing -
da ward es Tag.«
    Jonata wischte sich verstohlen über die Wangen, Ida schnupfte ungeniert, Loretta starrte in ihren Becher. Ännchen aber, die an den Tafeln Wein ausschenkte, sandte Ismael heiße Blicke. Allzusehr zierte sie sich offensichtlich nicht mehr. Er aber mimte den Gelassenen. Schlingel, der er war.
    Ich widmete mich dem Fortgang der Geschichte.
Die Spur der magischen Laute
    Die kalten Wintertage wurden nun wieder länger, und nachdem schließlich die Witwe erkannt hatte, dass Line geschickt mit der Nadel umgehen konnte, hieß sie sie in der warmen Kammer spinnen, weben, nähen und sticken. Der junge Mann aber erledigte weiter die groben Arbeiten, und dann und wann hörte er sich im Dorf um. Und so erhielt er endlich den Hinweis darauf, dass die Witwe die letzte Laute, die ihr Mann gefertigt hatte, einem fahrenden Händler als Bezahlung für einen Ballen Stoff mitgegeben hatte. Er beschloss, diesen Händler zu suchen, und als das Osterfest vorüber war, kündigte er der Witwe den Dienst auf. Als Line das erfuhr, legte auch sie ihr Nähzeug nieder und sagte der Frau, sie habe ebenfalls keine Lust mehr, Tag um Tag an den Kleidern zu sticheln. Das nahm das geizige Weib ihnen übel, und statt ihnen einen Lohn zu zahlen, drückte sie dem Jüngling das zerlesene Buch in die Hand,
mit dem sie selbst nichts anfangen konnte. Er wollte aufbegehren, doch Line nahm es ihm ab und wickelte es in ihr Bündel. Als sie auf der Straße waren, zischte sie ihn an: »Das ist wertvoller als die paar Münzen, die sie uns gegeben hätte.«
    »Ach ja?

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