Das Spiel des Schicksals
aufgeben muss, um Spielführer zu werden.«
Cat erkannte langsam, warum einige Leute bewusst das Risiko des Spiels eingingen, wenn sie dafür einen Trumpf gewinnen konnten. Aber sie konnte sich immer noch nicht vorstellen, was nötig war, um dieses Ziel zu erreichen – eine Trumpfkarte zu erringen – ganz zu schweigen von der Großen Dingsbums.
»Aber«, fuhr Toby fort, »wenn man erst einmal den Status eines Spielführers erreicht hat, braucht man weder
Liebe noch Ruhm noch den ganzen anderen Quatsch. Denn dann herrscht man über das Arkanum. Und wer weiß schon, was das schlussendliche Ziel des Spiels wirklich ist? Vielleicht gibt es so etwas gar nicht? Vielleicht ist alles so zufällig, dass es niemals richtig verloren oder gewonnen werden kann.«
Bei diesen Worten hätte sie beinahe gelacht. »Zufall hat damit gar nichts zu tun! Nicht, wenn diese vier königlichen Psychopathen alle nach ihrer Pfeife tanzen lassen.«
»Aber sie haben gar nicht die absolute Kontrolle«, sagte Toby ernst. »Das ist ja genau der Punkt! Sie geben zwar die Karten aus und sehen zu, dass die Regeln eingehalten werden. Aber sie selbst können keine Trumpfkarten gewinnen: In dieser Beziehung sind sie auf die Ritter ihres jeweiligen Hofes angewiesen. Und sie können überhaupt keinen Einfluss darauf nehmen, wie die Karten zum Leben erweckt werden und wie die Ritter auf die jeweilige Situation reagieren. Das liegt nicht in ihren Händen. Was, wenn ein Ritter die Lotterie einberuft? Was, wenn er ein Ass findet? Was, wenn ein Joker sich in einen Spielzug einmischt?«
In Cats Kopf drehte sich alles. Das war einfach zu viel – und dabei hatte sie noch unzählige Fragen. Toby plapperte unbeirrt weiter.
»Wir sind Teil einer noblen Tradition«, sagte er verträumt. »Ein unsterblicher Wettstreit! Poeten, Soldaten, Wahnsinnige, Genies …«
»Wahnsinnige trifft es wohl am ehesten«, unterbrach sie ihn trocken. »Was ist bloß mit euch Typen los? Diese
Ritterin der Schwerter war genauso. Wunder, Engel und Dämonen, Blut und Herrlichkeit und so einen Quatsch.«
»Ritterin? Was für eine Ritterin?«
»Oh. Ja. Nun, die Sache ist die … Ich war gestern im Arkanum.«
»Du bist ohne mich gegangen?« Er saß da und starrte sie fassungslos an. In seinen Augen standen Schock und Gekränktheit. »Aber ich dachte, wir …«
»Hör zu, ich wollte mir einfach nur selbst ein Bild machen, okay? Reg dich bloß nicht auf.«
»Was ist passiert?«, fragte er atemlos. »Wie war es dort? Was hast du getan? Welche Karte war im Spiel?«
»Die Frau, die ich getroffen habe – die Schwertfrau –, hatte die Sechs der Kelche gezogen.«
»Eine Glückskarte! Moment mal … ist das nicht die mit den guten alten Zeiten und den schönen Erinnerungen und dem ganzen Kram? Hast du … ?«
Cat hatte nicht die Absicht, Toby anzuvertrauen, was sie erlebt hatte. Alles, was sie wollte, waren Informationen: wie man das Spiel spielte, wie man wieder zu der Sechs der Kelche kam und wie man sich im Arkanum bewegte, wenn man dort war. Sie bemühte sich um einen gleichmütigen Ton. »Ach, es war irgendwie wie eine Reise in die Vergangenheit. So als wäre man wieder ein Kind. Um die Wahrheit zu sagen, war alles ziemlich verschwommen.«
Tobys Gesicht glühte. »Das klingt ja fantastisch! Ich kann’s kaum erwarten, das selbst zu sehen!«
»Was meinst du damit?«
»Na, endlich selbst ins Arkanum zu gehen.«
Cat glaubte sich verhört zu haben. Oder vielleicht hatte sie ihn nicht richtig verstanden. »Aber du bist doch seit Ewigkeiten dabei. Wir haben uns doch bei dieser Lotterie-Party getroffen.«
»Na ja, aber das Temple House steht ja auch auf neutralem Boden.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Weder auf der einen Seite noch auf der anderen, schon vergessen? Ich habe mein Glück noch nicht im Arkanum selbst versucht, nicht wie du.«
Sie konnte es immer noch nicht fassen. »Aber … aber … du musst doch … Du weißt doch schließlich, wie alles funktioniert, was man machen muss … «
Toby lächelte bescheiden. »Theoretisch ja, da habe ich wohl meine Hausaufgaben gemacht. Man kann eine Menge erfahren, wenn man bei den Lotterien die Augen und Ohren offen hält, und ich habe unzählige Stunden damit verbracht, nach Hinweisen und so etwas zu suchen. Ich habe sogar einmal eine Münze vor einer Schwelle entstehen lassen, aber ich bin nie so weit gegangen, sie in die Luft zu werfen – es war irgendwie nie der richtige Zeitpunkt. Aber jetzt, da wir zu zweit sind, können
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