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Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen

Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen

Titel: Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne Ryan
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nicht erwarten. «
    » Nettsein wird massiv überbewertet « , erkläre ich. Und verantwortungsbewusst, loyal und die anderen Adjektive, die man in meinem Eintrag im Jahrbuch findet, ebenfalls.
    Er sieht mich fragend an.
    Durch die halb offene Tür dringt das Lachen der Schauspieler, die auf dem Weg in ihre Garderoben sind, zu uns heraus. Ich habe ihnen Cremetiegel und Kosmetiktücher hingestellt, damit sie sich abschminken können, aber ich würde meinen Wochenlohn bei Vintage Love darauf wetten, dass die meisten mit meinem Make-up auf die Party gehen, weil sie ihre betonten Augen und Wangenknochen so toll finden.
    Die Aprilkälte lässt mich zittern, und ich spüre, dass ich Kopfschmerzen bekomme. Mitanzusehen, wie meine beste Freundin sich in aller Öffentlichkeit an den Jungen ranschmeißt, für den ich mich interessiere, hat bei mir sämtliche emotionalen Sicherungen durchbrennen lassen. Ich fühle mich leer.
    Vielleicht bin ich aber auch einfach nur dämlich, denn auf einmal höre ich mich sagen: » Was findet ihr eigentlich alle an Sydney? «
    Die Frage ist ehrlich gesagt sogar mehr als dämlich, nicht nur weil ich mich dadurch als unsichere Versagerin oute, sondern weil die Antwort so offensichtlich ist: Sydney bringt einfach jeden Jungen in ihrer Gegenwart dazu, sich wichtig zu fühlen; sie hat sexbombenblonde Haare und einen Körper, den sie mit engen Strickpullovern und tief sitzenden Jeans hervorragend zur Geltung bringt. Ganz zu schweigen von der Korsage, die sie im letzten Akt des Stückes trägt und die sie garantiert anbehalten wird, bis sie ihr jemand Öse für Öse vom Körper löst.
    Tommy blinzelt mich an. » Äh, nicht alle Jungs stehen auf sie. Manche von uns mögen Mädchen, die ein bisschen… ähm… unauffälliger sind. « Er wird rot.
    Meint er damit, dass zierliche Mädchen mit einer Vorliebe für Retro-Klamotten unauffällig sind oder schlimmer noch… unsichtbar? Es ist ja nicht so, als würde ich mit meinem Outfit kein Statement setzen wollen.
    Die Tür hinter uns knallt so heftig auf, dass die Treppe erzittert. Mein Herz macht einen Satz.
    Matthews Gesicht ist gerötet und er hat sich die Hälfte seines Make-ups bereits abgewischt. Vielleicht hat es auch jemand anders für ihn getan.
    » Hey, kleine Vee, ich hab dich schon überall gesucht. «
    » Ehrlich? « , bringe ich mit quiekender Stimme hervor.
    Er lacht. » Eeeehrlich! «
    Tommy verdreht die Augen.
    Ich stehe auf und streiche mir den Rock glatt. » Was gibt es denn? «
    Er wirft Tommy einen Blick zu. » Vielleicht könnten wir irgendwo ein ungestörteres Plätzchen finden. «
    Mein Herz setzt einen Moment lang aus. » Äh, sicher. « Ich muss den Drang unterdrücken, triumphierend die Faust zu ballen.
    Matthew nimmt mich an der Hand und zieht mich nach drinnen.
    » Bis später, Tommy « , sage ich noch, bevor die Tür hinter mir zufällt.
    Wir schieben uns durch die Schauspieler, die in Grüppchen mit ihren Eltern und Freunden zusammenstehen und sich mit Glückwünschen überschütten lassen. Eine Wolke von Parfüm und After Shave hängt in der Luft. Einen Augenblick lang bilde ich mir ein, Dad zu sehen, aber ich verliere den grauen Stoppelhaarschnitt schnell wieder aus den Augen. Wahrscheinlich war es der Vater von jemand anderem. Warum sollte Dad auch hinter die Bühne kommen? Nur um zu sagen: » Tolle Kostümauswahl, Liebling! « Schließlich ist heute mein erster Abend in Freiheit. Da lassen sie sicher mal etwas lockerer.
    Matthew führt mich zu der kleinen Hausmeisterkammer am Ende des Ganges, die auch als Mini-Umkleideraum dient. Sie ist leer. Bevor ich reagieren kann, fasst er mich um die Taille und wirbelt mich herum wie eine Zuckerfee.
    Ich lache und fühle mich plötzlich ganz leicht.
    Dann setzt er mich ab und tippt mir auf die Nasenspitze. Wir schweben wieder in dieser himmlischen Sphäre, in der wir die letzten Wochen verbracht haben. Damit hatte ich nicht gerechnet. Vielleicht habe ich den Bühnenkuss zwischen ihm und Sydney doch falsch gedeutet und sie haben ihn tatsächlich nur gespielt.
    Mein Herz hämmert wie wild. » Du warst heute Abend echt toll. «
    » Dank dir und dem Rest der Crew « , erwidert er, legt mir den Arm um die Schultern und dreht mich zum Spiegel. » Du warst unser kleiner Engel, der vom einen zum anderen geflattert ist und uns in unsere Kostüme geholfen hat. Und die Kuchen, die du mitgebracht hast, sehen köstlich aus. «
    Ich setze mich auf den kleinen Tisch und er lässt sich auf den

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