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Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen

Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen

Titel: Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne Ryan
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dass mich nicht alle hassen.
    Auch Ian und die anderen Spieler sehen sich die Videos auf ihren Handys an. Alle Mienen hellen sich auf, sogar Mickis.
    » Fühlt ihr euch jetzt besser, Leute? « , ruft Gayle in den Raum.
    Als Einzige antworte ich: » Besser schon, aber trotzdem nicht gut genug. «
    » Dann hast du noch nicht gesehen, was sich sonst noch auf deinem Handy befindet « , lächelt Gayle.
    Ich schaue noch mal aufs Display und entdecke eine weitere Nachricht. Beim Lesen fällt mir fast das Handy aus der Hand. Zusätzlich zu dem Stipendium kann ich ein Praktikum bei einem der angesagtesten Modedesigner New Yorks gewinnen. Die anderen Spieler müssen ähnlich verlockende Angebote bekommen haben, denn anerkennende Rufe und Pfiffe werden laut.
    Ians Gesicht ist gerötet. » Ich fasse es nicht! «
    » Womit versuchen sie dich zu ködern? «
    » Die wollen mir einen Familienanwalt bezahlen. «
    Als ich ihn fragend ansehe, erklärt er: » Das bedeutet die totale Freiheit. Und was ist mit dir? «
    Ich erzähle ihm von meinem Preis.
    Ian ist so aufgeregt, als hätte das, was eben in dem Raum mit ihm passiert ist, überhaupt nicht stattgefunden. » Das ist es doch wert, das hier noch eine einzige Stunde lang zu ertragen, oder? «
    » Ich weiß nicht… «
    Hat Risk gerade wirklich versucht, mich mit giftigen Abgasen zu töten? Hier in dem hellen Raum, dicht an Ians Brust geschmiegt, erscheint der Gedanke absurd. Damit würden sie niemals durchkommen. Stimmt’s? Ich bin müde und gestresst und fühle mich manipuliert. Genau daraus besteht das Spielprinzip bei Risk. Andererseits locken auch Preise wie nirgendwo sonst. Mit diesem Praktikum und dem Studium wäre meine Ausbildung komplett.
    Ian küsst mich auf die Wange. » Jetzt kann uns niemand mehr aufhalten. «
    Guy klatscht in die Hände, um unsere Aufmerksamkeit wieder auf sich zu lenken.
    » Seid ihr bereit, weiterzumachen? «
    Die anderen Spieler rufen: » Ja! «
    Ich bin von der Idee zwar immer noch nicht begeistert, aber ihre Bestechung funktioniert. Ich nicke.
    » Wunderbar! « , lächelt Guy. » Gut, dann beginnen wir mit der letzten Phase der Preisrunde! «
    Die Monitore verblassen, und der Techno-Beat wird von sphärischen New-Age-Klängen abgelöst, die mich merkwürdigerweise nervöser machen als der aufputschende Beat zuvor, obwohl ich mich entschieden habe, weiterzuspielen. Ich versuche, tief einzuatmen, habe aber das Gefühl, kaum Luft zu bekommen. Eine Schweißperle läuft mir über die Wange. Die leeren Bildschirme hoch oben an den Wänden scheinen uns zu verhöhnen. Nach einem langen Augenblick rollt ein Schriftband darüber:
    Alles, was ihr tun müsst, ist, ein Opfer auszuwählen.

FÜNFZEHN
    Außer Micki, die leise kichert, und mir reden alle wild durcheinander. Mein Kopf fühlt sich wieder ganz leicht an, so als wollte sich mein Gehirn verflüchtigen. Ich beiße die Zähne aufeinander, um mich zusammenzureißen.
    Sie wollen ein Opfer.
    Wie hatte ich so blöd sein können zu glauben, Risk würde mich ein Modedesign-Stipendium gewinnen lassen, ohne mich vorher komplett in den Wahnsinn zu treiben? Zitternd versuche ich, aufzustehen.
    Ian greift sanft, aber bestimmt nach meinem Handgelenk und flüstert: » Wirf nicht gleich alles hin, denk an diese Riesenchance durch das Stipendium. « Dann schaut er in die Kamera und fragt: » Wir sollen ein Opfer auswählen? Wozu? «
    » Nur so zum Spaß, Kumpel! « , lacht Ty.
    Die anderen sehen gespannt auf die Monitore und warten darauf, dass Guy oder Gayle uns erklären, wofür das » Opfer « ausgewählt werden soll. Aber die Bildschirme bleiben schwarz.
    Ian reibt sich über die Wange. » Vielleicht ist das bloß ein Trick und das Opfer gewinnt am Ende irgendetwas. «
    Die anderen grinsen höhnisch. Ich kann das auch nicht glauben.
    Micki deutet mit einer neuen Flasche Bier– ihrer fünften– auf mich.
    » Ich stimme für sie. V steht doch für Victim, das Opfer, oder? Oder war es Virgin, die Jungfrau? «
    Jen lutscht an Mickis Hals. Als sie Luft holen muss, sagt sie: » Ich stimme auch für das Jungfrauenopfer. «
    Was? Und ich dachte, wir wären vorhin bei der Schokolade so was wie Freundinnen geworden. Bitte, lieber Gott, mach, dass sie an einer der Sicherheitsnadeln hängen bleibt, die überall in ihrer Freundin stecken.
    Ich kreuze die Arme vor der Brust, in der sich eine ähnliche Leere ausbreitet wie in meinem Kopf, und zwinge mich zu sprechen, obwohl ich Angst habe, dass mir die Stimme versagt. » Das

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