Das Spiel ist aus, wenn wir es sagen

auch eine Bombe. Ich folge den Lichtern den Gang hinunter in ein Stockwerk, das mindestens eine Etage unter dem Spielzimmer liegen muss. Irgendwann biegt der Gang nach rechts ab, wo sich zwei Türen befinden. Die Lichter führen mich an der ersten vorbei zur zweiten. Ich öffne sie und finde mich in einem kleinen Raum wieder, der von einer roten Halbkugel an der Decke beleuchtet wird. Vor der Wand gegenüber steht ein Ledersessel, der ein bisschen wie ein Autositz aussieht.
    Gayles Stimme erfüllt den Raum und scheint aus allen Richtungen gleichzeitig zu kommen. » Setz dich und mach es dir bequem, Vee. «
    Sobald ich mich in dem Ledersessel niederlasse, fällt die Tür hinter mir ins Schloss. Was soll das werden? Langsam gleitet eine Art Konsole auf mich zu, auf der winzige Lichter aufleuchten, während die rote Halbkugel an der Decke erlischt. Bis auf die kleinen blinkenden Lichter ist es stockdunkel und mein Herz beginnt schneller zu schlagen. Haben sie mir aus Versehen Daniellas Challenge gegeben? Vielleicht steht sie jetzt gerade in nassen Klamotten auf einer Bühne, während Matthew sie auslacht und Sydney ihr vorwirft, eine schlechte Freundin zu sein.
    Als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt haben, nimmt die Konsole vor mir Gestalt an. Ich taste sie ab und finde ein Lenkrad, Schaltknöpfe und Hebel. Es ist ein Armaturenbrett. Ist das ein Fahrsimulator?
    » Schnall dich an, Vee « , verlangt Gayle, immer noch unsichtbar.
    Ich realisiere gar nicht, dass das ein richtiger Befehl ist, bis sie ihn in schärferem Tonfall wiederholt.
    » Schon gut. « Ich suche an meiner linken Schulter, bis ich den Gurt finde, ziehe ihn um mich und lasse ihn rechts von mir einrasten. Vielleicht gibt es hier eine Achterbahn oder so etwas. Schon möglich, zwischen dem Club und der VIP -Lounge befinden sich immerhin vier Stockwerke. Na gut, ich bin so etwas schon öfter im Dunkeln gefahren. Ich fand es nicht wahnsinnig toll, aber ich habe es überlebt.
    Immer mehr kleine Details schälen sich aus dem Dunkel, zum Beispiel die Lüftungsschlitze im Armaturenbrett und ein Radio. Ob es wirklich funktioniert? Ich betrachte angestrengt die Anzeigen und halte unwillkürlich den Atem an, als ich den » Pump up the volume « -Sticker am Lautstärkeregler entdecke. Ich sitze in einem Nachbau meines eigenen Autos.
    Stirnrunzelnd schalte ich das Radio ein. Ein Indie-Song von einer meiner Playlists ertönt, den ich sehr häufig höre. Wer hat Risk meine Playlist gegeben? Hat sich Syd mit den Spielemachern zusammengetan, um sich an mir zu rächen?
    Das Geräusch eines startenden Motors erklingt und mein Sitz vibriert sanft wie in einem richtigen Auto. Eigentlich ist das ganz angenehm. Beruhigend. So beruhigend, dass ich den Kopf zurücklehne und die Augen schließe, auch wenn ich weiß, dass Risk jetzt wahrscheinlich gleich die Spinnen schickt. Sollen sie doch.
    Ich mag den Song und singe mit. Das nächste Lied ist noch besser. Hier ist es so gemütlich wie in meinem eigenen Wagen. Der Set-Designer hat genauso viel Wert auf Details gelegt wie Tommy bei unserem Stück. Es riecht sogar leicht nach Abgasen.
    Abgase? In einem geschlossenen Raum?
    Ich setze mich kerzengerade auf. Das kann nicht sein! Hektisch drücke ich auf den Knopf am Gurt, doch er öffnet sich nicht. Je mehr ich daran zerre, desto fester zieht er sich zu. Und die Musik wird lauter.
    Entsetzt erkenne ich, dass es genau die Musik ist, die ich an jenem Abend in der Garage gehört habe. Damals hatte es auch so friedlich angefangen. Woher wissen sie das? Oder haben sie einfach alle meine Freunde nach meinem Musikgeschmack befragt und dann zufällig richtig geraten?
    Der Geruch von Abgasen wird stärker und mir wird schwindelig. Das kann nicht echt sein. Wahrscheinlich raucht jemand auf der anderen Seite der Wand eine Zigarette und bläst den Rauch durch einen Lüftungsschlitz, um mich zu Tode zu erschrecken.
    Und es funktioniert.
    Ich zerre mein Handy heraus, um einen Notruf abzusetzen, bekomme aber kein Signal. Vielleicht sind die Wände aus Stahl. Wie in einem Gefängnis. Der Gedanke lässt mich erneut erbeben. Ich reiße wieder am Gurt, dann fällt mir ein, dass ich ja ein Publikum haben muss. Natürlich.
    Ich drehe den Kopf in die Richtung, in der ich eine Kamera vermute.
    » Gayle, Guy, lasst mich raus! «
    Mir ist schon längst egal, ob ich damit irgendeine Regel unterlaufe oder nicht.
    Höre ich Gayle hämisch aus den Lautsprechern kichern?
    » Wer auch immer gerade