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Das Spiel - Laymon, R: Spiel

Das Spiel - Laymon, R: Spiel

Titel: Das Spiel - Laymon, R: Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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trat.
    Das ist ja ein richtiges Gespensterschloss. Warum habe ich den Job überhaupt angenommen?
    Jetzt mach mal halblang, dachte sie. Der Job ist völlig in Ordnung.

    Der Job schon. Aber das Gebäude nicht.
    Jane erreichte den Treppenabsatz. Das pendelnde Gewicht in ihrer Brusttasche erinnerte sie daran, dass sie das Messer in die Hand nehmen wollte.
    Hol es jetzt raus, solange du die Gelegenheit hast. Wenn du wartest, bis du es wirklich brauchst, ist es zu spät …
    Ich brauche es aber nicht, sagte sie zu sich selbst.
    Himmel, das hoffe ich jedenfalls.
    Sie ging weiter die Treppe hoch und steckte die Hand in die Brusttasche. Der Daumen passte nicht hinein, aber sie würde es auch so schaffen.
    Sie schob ihre Fingerspitzen zwischen den Messergriff und den Boden der Tasche (und spürte so etwas wie Sand – wie kam der denn da rein?) und zog das Messer heraus. Da sie es nicht richtig greifen konnte, blieb es an der Unterseite ihrer Brust hängen.
    Sie erreichte die oberste Treppenstufe. Plötzlich sprang die Tür auf, und ein Mann kam auf sie zugestürzt.
    Jane schrie auf und griff nach dem Geländer.
    »Hoppla! «, keuchte der Mann.
    Mit ihrer linken Hand packte Jane das Geländer. Die rechte hielt immer noch das Messer umklammert.
    Sie spürte, wie sich der Verschluss des Messers löste.
    Oh-oh!
    Sie ließ das Messer los. Die Klinge sprang aus dem Griff und schnellte gegen ihre Brustwarze. Jane taumelte zurück. Der Mann blieb abrupt stehen und packte sie an der Schulter.
    Sein Griff half ihr, das Gleichgewicht zu behalten.
    »Es tut mir sehr leid«, sagte der Mann schnell. »Ist alles in Ordnung?«
    Jane nickte und versuchte, ihre Fassung wiederzugewinnen. Ihr Herz schlug schnell und fest. Die Brustwarze
kribbelte und brannte. Sie sah an sich herab. Fast hätte sie erwartet, einen Blutfleck auf ihrer Bluse zu finden.
    Aber da war kein Blut.
    Nur ein paar Zentimeter blinkenden Stahls, die aus ihrer Tasche herausragten.
    Der fremde Mann starrte ebenfalls darauf. Dann sah er ihr in die Augen. »Haben Sie sich sicher nichts getan?«
    »Nein. Alles in Ordnung.«
    »Sie haben sich doch nicht etwa geschnitten?«
    Er redet über meinen Busen! Mann!
    »Hat sich zwar so angefühlt, aber da ist kein Blut.«
    Er hielt immer noch Janes Schulter fest.
    Sie wollte weg von ihm, sich um ihre Verletzung kümmern und den Schaden begutachten. »Wollten Sie gerade runtergehen?«
    Er nickte, schien jedoch nicht zu verstehen, worauf sie hinauswollte. »Ich hätte mich nicht so beeilen sollen. Ich habe gar nicht bemerkt, wie spät es ist. Sie sind die Bibliothekarin, stimmt’s?«
    »Richtig.«
    »Sie wollten mich wohl gerade rauswerfen?«
    »Ich wusste nicht, dass noch jemand hier oben ist.«
    »Tut mir wirklich leid.« Er ließ ihre Schulter los, drehte sich um und öffnete ihr die Tür.
    »Danke«, sagte sie.
    Sie hatte erwartet, dass er nach unten gehen würde. Stattdessen folgte er ihr. Sie drehte sich zu ihm um.
    Er lächelte sie freundlich und etwas schüchtern an. »Macht es Ihnen was aus, wenn ich Sie begleite? Ich könnte beim Aufräumen helfen oder so. Mir ist nicht wohl dabei, wenn Sie alleine hier oben sind. Besonders nicht, nachdem ich Sie gerade zu Tode erschreckt habe.«

    Es gab keinen Grund ihm zu vertrauen. Was machte er hier oben? Die Bibliothek war bereits geschlossen. Vielleicht war er der Mann, der sich MOG nannte. Besonders bedrohlich sah er allerdings nicht aus. Im Gegenteil: Ungekämmtes Haar, ein glatt rasiertes, sympathisches und eher durchschnittliches Gesicht und gewöhnliche, aber saubere und ordentliche Kleidung.
    Jane bemerkte erst jetzt, dass er ein Buch in der Hand hielt. Er musste es schon die ganze Zeit mit sich herumgetragen haben.
    Ein ziemlich dickes Buch.
    Ihre Nackenhaare stellten sich auf.
    »Schau heimwärts, Engel.« Zweifellos. Es konnte gar nicht anders sein.
    »Was ist das für ein Buch?«, fragte sie.
    Der Fremde zeigte es ihr. »›Ein Mann kam nach New York‹. Von Herman Wouk. Ich wollte es eigentlich fertig lesen … kann ich es noch ausleihen, oder ist es schon zu spät?«
    »Nein, nein. Kein Problem.« Sie atmete erleichtert aus. »Sie können mich begleiten oder unten warten. Ich bin in ein paar Minuten fertig.«
    »Dann komme ich mit, okay?«
    »In Ordnung.«
    Vom Treppenhaus führte ein Gang quer durch den Raum. Auf der rechten Seite befanden sich mehrere Arbeitsplätze und links standen lange Reihen von Bücherregalen, die bis zur Decke reichten. Der Fremde ging einen Schritt

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