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Das Spiel seine Lebens

Das Spiel seine Lebens

Titel: Das Spiel seine Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harlan Coben
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Achtziger hatte er mit ein paar Freunden ab und zu einen, wie sie es nannten »China-Abend« veranstaltet - Hunan Gardens hatte das Essen geliefert, Noble House die Frauen. Tatsache war, dass Win für Frauen nichts empfand. Er misstraute ihnen. Er wollte Huren. Das lag nicht nur an mangelnder Hingabe. Win würde sich nie einer Frau hingeben. Prostituierte jedoch waren Einwegfrauen. Wegwerfartikel.
    Myron glaubte nicht, dass Win Noch an solchen Sachen teilnahm - nicht in dieser von Seuchen gepr ägten Ära -, aber genau wusste er es nicht. Sie sprachen nicht darüber.
    »Hübsch hier«, sagte Myron. »Klasse Aussicht.«
    Esperanza nickte.
    Sie kamen an einem Nachtclub vorbei. Die Musik war laut genug, um den Asphalt rissig werden zu lassen. Ein Teenager -Myron konnte nicht sagen, ob er m ännlich oder weiblich war -mit grünen, zu Stacheln geformten Haarbüscheln rannte ihn fast um. Sah aus wie die Freiheitsstatue. Es gab jede Menge Motorräder, Ohr - und Brustwarzenringe, Tätowierungen, Hals-, Arm -und Fußketten. Von allen Seiten bombardierten ihn Huren mit einem monoton wiederkehrenden Kanon von »Hey, Baby«. Ihre Gesichter verschmolzen zu einem Brei menschlicher Überreste. Die ganze Szenerie erinnerte an ein Monstrositätenkabinett auf dem Jahrmarkt.
    Auf dem Schild über der Tür stand CLUB FU. Das Logo war ein ausgestreckter Mittelfinger. Sehr subtil. Auf einer Tafel stand:
    Heavy- »Medical« -Night!
    Live Bands!
    Die einzigen Konzerte in der Stadt von
    PAP SMEAR
    und
    RECTAL THERMOMETER
    Myron konnte durch die offene T ür hineinsehen. Die Leute tanzten nicht. Sie sprangen mit fest an die Brust gepressten A r -men herum. Ihre Köpfe wackelten wie an Gummibändern leblos hin und her. Myron konzentrierte sich auf einen ungefähr 15 Jahre alten Jugendlichen, der ganz in lila Glückseligkeit auf ging. Die langen, schwei ßnassen Haare klebten ihm im Gesicht. Myron fragte sich, ob die Gruppe auf der Bühne Pap Smear oder Rectal Thermometer war. Spielte keine Rolle. Es klang, als hätte jemand ein brünstiges Schwein in eine Küchenmaschine gesteckt.
    Das Ganze sah aus wie eine Mischung aus Dickens und Blade Runner.
    »Das Studio ist nebenan«, sagte Esperanza.
    Das Geb äude war entweder ein völlig heruntergekommenes Mietshaus oder ein kleiner Lagerkomplex. Huren hingen aus den Fenstern wie Fetzen einer alten Weihnachtsdekoration.
    »Da drin soll das sein?«, fragte Myron.
    »Zweiter Stock«, antwortete Esperanza. Ihr schien die Umgebung nichts auszumachen, doch sie stammte auch aus einem Viertel, das nicht viel besser war als dieses. Ihr Gesicht strahlte weiterhin Ruhe aus. Esperanza zeigte nie Schwäche. Manchmal ging ihr Temperament mit ihr durch, doch o b w o h l sie häufig zusammen waren, hatte Myron sie nie weinen sehen. Das konnte sie von ihm nicht sagen.
    Myron ging die Stufen zur Eingangst ür hinauf. Auf dem Treppenabsatz kam eine übergewichtige Hure in einem Bodysuit, der auch als Wurstpelle getaugt hätte, auf ihn zu, leckte sich über die Lippen und stellte sich ihm in den Weg.
    »Hey, soll ich dir einen blasen? Fünfzig Mäuse.«
    Myron zwang sich, nicht die Augen zu schlie ßen. »Nein«, sagte er und senkte den Kopf. Er wollte ihr gute Ratschläge geben, Ratschläge, die sie veränderten, sie veranlassten, einmal in Ruhe über ihr Leben nachzudenken. Er bekam jedoch nur ein »Tut mir Leid« heraus und quetschte sich an ihr vorbei. Die fette Frau zuckte die Achseln und ging weiter.
    Wie nicht anders zu erwarten, gab es keinen Fahrstuhl. Im Treppenhaus lagen jede Menge Leute herum. Die meisten waren bewusstlos oder wom öglich tot. Esperanza und Myron stiegen vorsichtig über sie hinweg. Eine Kakophonie aus Musikstücken - von Neil Diamond bis Pap Smear oder Ähnlichem - dröhnte durch den Flur. Auch andere Geräusche waren zu hören. Das Splittern von Flaschen, Schreie, Flüche, Schläge, ein weinendes Baby. Ein Höllenorchester.
    Im zweiten Stock stie ßen sie auf ein durch Glaswände abgetrenntes Büro. Drinnen war niemand zu sehen, aber die Bilder an der Wand - und natürlich Handschellen und Peitsche -machten deutlich, dass sie hier richtig waren.
    Myron ging zur T ür. Sie war nicht abgeschlossen.
    »Du wartest hier«, sagte er.
    »Okay.«
    Er ging hinein. »Hallo?«
    Er bekam keine Antwort, h örte aber Musik aus dem anderen Zimmer. Klang nach Calypso. Er rief noch einmal und betrat das Studio.
    Die Profi-Ausr üstung überraschte Myron. Der Raum wurde durch einen dieser großen weißen

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