Das Spiel seine Lebens
Regenschirme erleuchtet, die man in Fotostudios immer sieht. Außerdem standen diverse Kameras auf Stativen herum und unter der Decke hingen farbige Scheinwerfer.
Noch vor der Ausr üstung waren Myron jedoch noch andere Sachen ins Auge gestochen. Die nackte Frau auf dem Motorrad zum Beispiel. Genau genommen war sie nicht völlig nackt - sie trug schwarze Stiefel. Weiter nichts. Das hätte nicht jeder Frau gestanden, doch bei ihr kam es ganz gut. Sie hatte ihn noch nicht gesehen, sondern las konzentriert in einer Illustrierten. The National Sun. Schlagzeile: Junge, 16, wird Großmutter. Hmm. Er trat näher heran. Sie hatte große Brüste, fast wie die Stars in RussMeyer-Filmen, aber Myron sah Narben unter den großen Rundungen. Implantate, das Mode-Accessoire der Achtziger.
Erschrocken blickte sie auf.
Myron l ächelte freundlich. »Hi.«
Sie schrie. Gellend. »Raus hier, Sie Schwein«, kreischte sie und bedeckte ihre Brust. Schamgefühl. Fand man heutzutage nur noch selten. Schön, das zu sehen.
Myron sagte: »Ich heiße -«
Noch ein gellender Schrei. Myron h örte hinter sich ein Geräusch und fuhr herum. Ein hagerer Jugendlicher mit nacktem Oberkörper lächelte ihn an. Mit einem kurzen Schlag öffnete er ein Klappmesser. Das irre Lächeln schien ihm ins Gesicht gemalt zu sein. Sein Bruce-Lee-Körper schimmerte im grellen Licht. Er kauerte sich nieder und winkte Myron zu sich heran. Fast wie in West Side Story. Wenn er doch nur anfangen würde, mit den Fingern zu schnippen.
Eine andere T ür wurde geöffnet, und rotes Licht drang heraus. Eine Frau stand in der Tür. Es sah aus, als hätte sie lockige rote Haare, doch Myron war nicht sicher, ob das die Farbe ihrer Haare war oder ob sie im Licht der Dunkelkammer nur so wirkten.
»Sie sind hier unerlaubt eingedrungen«, sagte sie zu Myron. »Hector hat das Recht, Sie auf der Stelle umzubringen.«
»Ich weiß nicht, wo Sie Ihr Juraexamen gemacht haben«, sagte Myron, »aber wenn Hector nicht aufpasst, nehme ich ihm sein Spielzeug weg und stecke es ihm an einen Ort, wo die Sonne nicht scheint.
Hector kicherte. Er fing an, das Messer von einer Hand in die andere zu werfen.
»Wow«, sagte Myron.
Das Nacktmodell floh in die Umkleidekabine, die cleverweise als »Entkleidekabine« beschriftet war. Die Frau aus der Dunkelkammer trat ins Studio und schloss die Tür hinter sich. Sie hatte wirklich rote Haare, rotbraune, um ganz genau zu sein.
Sie war etwa 30 und wirkte, so seltsam es auch klingen mochte, keck. Die Katie Couric der Pornobranche.
»Sind Sie hier die Besitzerin?«, fragte Myron.
»Hector kann sehr gut mit dem Messer umgehen«, antwortete sie ruhig. »Er könnte einem Menschen das Herz aus der Brust schneiden und es ihm noch zeigen, bevor er tot umfällt.«
»Das bringt eine Party bestimmt so richtig auf Trab.«
Hector kam auf Myron zu. Myron bewegte sich nicht.
»Ich könnte jetzt meine Kampfsport-Fähigkeiten vorführen«, fing Myron an. Dann zog er seinen Revolver und zielte auf Hectors Brust. »Aber ich bin frisch geduscht.«
Hectors Augen weiteten sich überrascht.
»Lass dir das eine Lehre sein, Messerboy«, fuhr Myron fort. »Vermutlich trägt mindestens die Hälfte der Leute in diesem Haus Schusswaffen. Wenn du weiter hier rumläufst und mit dem Spielzeug da wedelst, wird dich irgendwann jemand kaltmachen, der nicht so großherzig ist wie ich.«
Die Rothaarige lie ß sich durch den Revolver nicht aus der Fassung bringen. »Raus hier«, sagte sie zu Myron. »Sofort.«
»Sind Sie hier die Besitzerin?«, versuchte Myron es erneut.
»Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«
»Ich bin kein Cop.«
»Dann machen Sie, dass Sie rauskommen.« Sie wogte beim Sprechen. Ihre Hüften und die Beine waren immer in Bewegung. Sie winkte zu Hector hinüber, der sein Messer zusammenklappte: »Du kannst gehen, Hector.«
»Nur nichts überstürzen, Hector«, sagte Myron. »Geh in die Dunkelkammer. Damit du mir nicht auf dumme Gedanken und womöglich mit einer Pistole zurückkommst.«
Hector sah die Rothaarige an. Sie nickte, und er verschwand in der Dunkelkammer.
»Mach die Tür zu«, sagte Myron,
Er schloss sie. Myron ging hin über und schob den Riegel vor.
Die Rothaarige stemmte die H ände in die Hüfte: »Sind Sie jetzt glücklich?«
»Fast schon ekstatisch.«
»Und jetzt raus.«
»Hören Sie«, sagte Myron mit seinem süßesten, herzerweichendsten Lächeln, »ich will keinen Ärger machen. Ich bin nur gekommen, um ein paar Fotos zu kaufen.
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