Das Spiel
den Feuerlöscher. »Das erfahren wir gleich.«
Als die Türen endlich aufgehen, erwartet uns nichts anderes als der dunkle Stollen. Lange kann es nicht dauern. Sobald jemand den Kerl mit dem Schnurrbart findet, wird er Alarm schlagen. Wir können nur hoffen, daß wir einen kleinen Vorsprung herausholen.
»Los geht's!« rufe ich und laufe los.
»Wo willst du hin?«
»Zum Lastenaufzug. Wenn wir erst mal oben sind, haben wir es so gut wie geschafft.«
51. KAPITEL
Janos stand vor dem leeren Aufzugschacht und ließ das Stahlkabel nicht aus den Augen. Er wartete darauf, daß es sich endlich aufrollte. »Haben Sie schon Ihren Mann hier unten erreicht?«
»Ich versuche es seit heute früh. Er geht nicht ans Telefon«, erwiderte Sauls in seinem Handy.
»Dann schieben Sie mir nicht die Schuld in die Schuhe, wenn Sie nicht bekommen, was Sie wollen«, knurrte Janos. »Sie hätten den Sicherheitsdienst verständigen sollen, als ich Ihnen sagte, daß die beiden hierher unterwegs waren.«
»Ich habe Ihnen das jetzt schon hundertmal erklärt: Diese Einheimischen da unten sind froh, weil sie wieder arbeiten können, aber sie wissen nicht, worum es hier geht. Wenn wir bewaffnete Wächter aufstellen, können wir das Mikroskop gleich abschreiben. Je länger diese Hinterwälder es für ein Forschungslabor halten, desto besser für uns alle.«
»Ich dachte immer, es wäre ein Forschungslabor.«
»Sie wissen, was ich meine«, entgegnete Sauls.
»Trotzdem sollten Sie nicht alles riskieren, um ...«
»Sagen Sie mir nicht, wie ich meine Operation führen soll. Ich habe Sie engagiert, weil...«
»... weil vor zwei Jahren ein schmieriger kleiner taiwa-nesischer Seidenhändler mit einer Andy-Warhol-Frisur überraschenderweise mehr Ahnung von Kunst hatte, als Sie erwartet haben. Glücklicherweise ist dieser Winzling von Mensch genau in dem Moment verschwunden, als er den Inspektor anrufen und Sie wegen dieser armseligen Fälschung eines Pissarros verpfeifen wollte, die, wie Sie zugeben müssen, nichts von der Pracht des Originals hatte. Ein bemerkenswerter Zufall, finden Sie nicht?« fragte Janos.
»Tatsächlich?« Sauls blieb überraschend gelassen. »Um eines klarzustellen: Der Pissarro war das Original. Das Museum ist im Besitz der Fälschung. Nicht, daß Sie oder Mister Lin jemals gerissen genug gewesen wären, diese Möglichkeit in Betracht zu ziehen, nein?«
Janos antwortete nicht.
»Erledigen Sie Ihren Job«, forderte Sauls. »Verstanden? Sind wir uns einig, was die Mine angeht? Sobald alles installiert ist und wir die Einheimischen hinauswerfen können, ist diese Mine sicherer als Fort Knox. Und was den Sicherheitsdienst angeht: Ich habe den Sicherheitsdienst bereits gerufen. Sie sind der Sicherheitsdienst. Regeln Sie das Problem, und hören Sie auf, mich zu belehren. Sie haben ihren Wagen gefunden, Sie haben ihre Plaketten in der Hosentasche. Jetzt brauchen Sie nur noch vor der Mine auf sie zu warten.«
Janos hörte das Klicken im Lautsprecher und konzentrierte sich wieder auf den Aufzugschacht. Am liebsten wäre er selbst hinuntergefahren. Doch die Gefahr war zu groß, daß er Harris und Viv verpaßte, wenn sie auf einer anderen Ebene ausstiegen. Diesmal hatte Sauls recht. Was runtergeht, kommt auch wieder hoch. Er brauchte nur abzuwarten.
52. KAPITEL
Das rostige Sicherheitsgitter quietscht höllisch, als ich es hinunterziehe. Die Metallräder drehen sich, bis es scheppernd einrastet. Wir befinden uns in 4850 Fuß Tiefe und stehen endlich in dem Fahr korb, der uns nach oben bringt. Wie zuvor ignoriere ich das Wasser, das von oben heruntertropft, und trete an die Gegensprechanlage.
»Käfig hält«, verkünde ich, als ich den Knopf drücke. »Wir sind klar ... und fahren nach eins - drei.«
»Eins - drei«, wiederholt die Frau in der Zentrale.
»Käfig heben«, sage ich.
»Käfig heben«, wiederholt sie.
Der Fahrkorb ruckt, als sich das Stahlkabel strafft, und er schießt hoch. Während wir zur Oberfläche sausen, hängt mir mein Magen zwischen meinen Knöcheln.
Viv steht mir gegenüber. Sie preßt die Augen und den Mund fest zu. Nicht aus Angst, sondern aus purem Trotz. Einmal hat sie die Beherrschung verloren, noch mal soll ihr das nicht passieren. Der Korb knallt gegen den Holzschacht, und das Wasser prasselt auf unsere Helme herunter. Viv kämpft um ihr Gleichgewicht und lehnt sich an die Käfigwand. Es fühlt sich an, als würden wir auf dem Dach eines Aufzugs surfen. Sie wirft einen kurzen Blick auf den
Weitere Kostenlose Bücher