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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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nicht auf. Das ist kein Brok-ken, es ist die Wand.
    Ich klopfe den Boden ab und suche nach dem Wagen, aber er ist nicht da. Er war rechts von mir, als ich hereingekommen bin, also halte ich mich links und taste mich weiter. Hinter mir klappert etwas metallisch, als ich mit dem Fuß gegen ein Hindernis stoße. Auf allen vieren bewege ich mich zurück und ertaste die dünnen Speichen eines Rades. Es gehört zu dem roten Waggon. Das kann nicht sein.
    Ich halte inne und lege meine Hände auf den Boden. Der Waggon müßte links von mir stehen. Ich betaste ihn erneut. Er ist rechts von mir. Ich habe mich um einhundertachtzig Grad gedreht. Also bin ich in die falsche Richtung gegangen, tiefer in den Stollen hinein, weg vom Ausgang. Ich schließe die Augen. Mit ist schwindlig von der Dunkelheit. Der Gestank scheint von überallher zu kommen. Nur zehn Schritte, und schon habe ich mich vollkommen verirrt.
    Ich wirble herum und suche Gewißheit. Ich taste über den Boden und krieche weiter. Meine ausgestreckte Hand stößt gegen den Waggon, gleitet über die schmutzigen Ränder des angeschlagenen Metalls und die Räder. Obwohl ich nichts sehen kann, setzt mein Verstand die Puzzleteile zusammen und gibt mir ein klares Bild von dem Waggon. Vorsichtig setze ich einen Fuß vor den anderen und taste den Waggon weiter ab. Es ist faszinierend, das alles nur zu erspüren. Unwillkürlich frage ich mich, ob Barry genauso wahrnimmt.
    Ich will weg. Mit den Handflächen taste ich mich an dem Waggon entlang zur Wand. Mit der Linken halte ich Kontakt zu dem Felsen und taste mit der Rechten den Boden ab, damit ich nicht wieder in eine Mulde trete. Auf Händen und Füßen erreiche ich schließlich den Eingang der Höhle.
    Von hier aus könnte ich mich an die Gleise halten, die bis zum Mittelpunkt führen, doch irgendwie kommen mir die Wände solider und sicherer vor.
    Acht Meter weiter tun mir die Knie weh. Der Gestank läßt nach, und eine Öffnung rechts von mir führt zu einem Parallelstollen, wo ich mich nach rechts oder links wenden kann. Solche Öffnungen gibt es hier überall, aber ich bin sicher, daß ich durch diese hierhergekommen bin. Ich taste die Schwelle des schlammigen Lochs ab und suche nach dem Papier, das ich zurückgelassen habe. Die Liste mit Filmen, die ich mir ausleihen wollte. Falls ich es finde, besteht vielleicht die Chance, meinen anderen Brotkrumen nach Hause zu folgen.
    Mit den Fingerspitzen suche ich unermüdlich den Boden ab. Ich beuge mich so weit nach vorn, daß mir das Blut in den Ohren rauscht und der Druck in meiner Stirn ständig zunimmt. Ich finde die Liste nicht. Fünf Minuten lang warte ich auf ein Knistern. Vergeblich. Wenigstens erinnere ich mich, daß ich hier rechts eingebogen bin. Also taste ich mich an der Wand bis zum Rand des Durchgangs und folge ihm nach links.
    Ich krieche diagonal über die Gleise und suche nach der rechten Wand. Sie müßte direkt vor mir sein. Ich strecke den Arm aus. Aus irgendeinem Grund ist sie nicht da. Ich hocke wie erstarrt da und halte mich an den Gleisen fest. Wenn ich irgendwo falsch abgebogen bin ...
    »Viv!« rufe ich.
    Niemand antwortet.
    Ich versuche mich zu orientieren und schließe die Augen in der Hoffnung, daß mir dann weniger schwindelt. Es ist ja nur ein dunkler Stollen, aber in dieser pechschwarzen Finsternis habe ich das Gefühl, als würde ich durch einen überdimensionierten Sarg krabbeln. Ich grabe meine Fingernägel in die Erde, nur um mich davon zu überzeugen, daß es kein Sarg ist und ich nicht gefangen bin. Doch genau das bin ich.
    »Viv!« Ich flehe um Hilfe.
    Nichts.
    Bloß keine Panik! sage ich mir, setze mich auf den Hintern und strecke die Beine aus, so weit ich komme, ohne die Gleise loszulassen. Die Wand muß hier irgendwo sein. Sie muß einfach da sein. Ich spreize die Beine und schiebe mich immer weiter vor. Tausende von Kieseln knirschen unter mir. Ich könnte gleich in ein offenes Loch fallen. Doch wenn die Wand da ist, und ich bin ziemlich sicher, daß sie ... Rumms!
    Da ist sie.
    Ich presse meinen Fuß an die Wand, bleibe auf dem Rücken liegen und lasse das Gleis los, beuge mich vor und drücke meine Hände auf die feuchte Wand vor mir. Ich betastete sie erleichtert, nur um sicherzugehen, daß sie wirklich da ist. Sie ist genau da, wo ich sie erwartet habe. Wie konnte mich mein räumliches Vorstellungsvermögen so im Stich lassen? Ich keuche und atme erleichtert auf. Mein Mund ist so dicht an der Wand, daß mir ein Gemisch aus

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