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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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daß ich mich bei einem theologischen Programm für Hochschulabsolventen eingeschrieben habe. Allerdings bin ich auch schnell wieder ausgestiegen. Das wußte nicht einmal Matthew. Ich wollte den Menschen helfen, aber die Sache mit Gott kam mir quer ...«
    Diesmal verrät mir ihr Schweigen, daß ich ihre volle Aufmerksamkeit habe. Jetzt brauche ich sie einfach nur nach Hause zu holen. »Da ich jedoch immer noch meine Kredite für das Duke College zurückzahle, besitze ich fünf verschiedene Kreditkarten«, erkläre ich ihr. »Meine deutlichste Kindheitserinnerung ist, als ich meinen Dad weinend in der Kinderabteilung von Kmart erwischt habe. Er konnte es sich nicht leisten, einen Dreierpack T-Shirts von Fruit of fhe Loom zu kaufen, und mußte die billigere Hausmarke nehmen.« Leiser rede ich weiter. »Ich habe zuviel Zeit damit verbracht, mich darum zu kümmern, was andere von mir halten ...«
    »Das geht uns allen so«, erwidert Viv.
    »Während des Colleges habe ich in einem Eisladen gearbeitet. Wenn ein Kunde mit den Fingern schnippte, damit ich mich beeile, habe ich das Ende seiner Eiswaffel abgebrochen. Einen oder zwei Blocks später war er von oben bis unten mit Eis bekleckert...«
    »Harris ...«
    »Eigentlich heiße ich Harold. In der Highschool nannten sie mich Harry, und auf dem College habe ich meinen Namen in Harris geändert, weil ich dachte, das klänge smarter. Sollte ich nächsten Monat noch einen Job haben, was unwahrscheinlich ist, lasse ich vermutlich den Namen des neuen Kandidaten für den Obersten Gerichtshof an die Washington Post durchsickern. Nur, um zu beweisen, daß ich dazugehöre. Obwohl ich mich bemüht habe, es zu ignorieren, empfinde ich, daß nach Matthews und Pasternaks Dahinscheiden letzte Woche und trotz meiner zehn Jahre auf Capitol Hill niemand mehr da ist. Ich habe keine echten Freunde ...«
    Während ich das sage, knie ich nieder, halte mir den Bauch und krümme mich zusammen. Meine Stirn stößt gegen die scharfen Steine, aber es tut nicht weh. Ich fühle nichts. Ich bin vollkommen betäubt, wie damals, als sie den Grabstein meiner Mutter enthüllt haben. Direkt neben dem meines Vaters.
    »Harris ...!« ruft Viv.
    »Tut mir leid, Viv, mehr weiß ich nicht!« erwidere ich. »Folge einfach dem Klang.«
    »Ich versuch's.« Ihre Stimme dröhnt kaum noch. Sie kommt von rechts. Ich hebe den Kopf und gehe dem Geräusch nach, als es plötzlich heller wird. Vor mir zuckt ein schwacher Lichtschein über die Stollenwand. Er taucht auf wie der Lichtstrahl eines Leuchtturms mitten auf einem Ozean. Ich muß die Augen zusammenkneifen, weil es mich so blendet.
    Das Licht kommt auf mich zu und leuchtet mich an.
    Ich sehe kurz zur Seite und sammle meine Gedanken. Als ich mich umdrehe, lächle ich. Trotzdem weiß ich, was Vivs Lampe ihr enthüllt.
    »Harris, es tut mir leid ...«
    »Mir geht's gut«, behaupte ich.
    »Danach habe ich nicht gefragt.« Ihr Tonfall ist freundlich und beruhigend und enthält keine Spur von Kritik.
    Ich hebe den Kopf.
    »Was? Hast du noch nie einen Schutzengel mit Afro-look-Frisur gesehen? Von uns gibt's da oben etwa vierzehn.«
    Sie wendet den Kopf ab, damit das Licht mich nicht länger blendet. Zum ersten Mal sehen wir uns in die Augen. Ich lächle unwillkürlich. »Die süße Mocha ...«
    »... kommt zu Hilfe«, beendet sie meinen Gedanken. Sie steht vor mir, hebt die Arme wie ein Bodybuilder und läßt ihren Bizeps spielen. Es ist nicht nur eine Pose. Sie hat wirklich breite Schultern, und sie steht so breitbeinig da, daß ich sie nicht einmal mit einer Abrißbirne umwerfen könnte. Von wegen erschöpfte Reserven. Der Brunnen fließt über.
    Sie reicht mir die Hand, um mich hochzuziehen. Ich habe noch nie Hilfe ausgeschlagen, doch als sie mit den Fingern wackelt und wartet, daß ich ihre Hand nehme, schießen mir unwillkürlich alle möglichen Konsequenzen durch den Kopf. Was schulde ich ihr? Was will sie? Was wird mich das kosten? Nach zehn Jahren Washington betrachte ich selbst die Kassiererin in einem Supermarkt skeptisch, wenn sie fragt: »Plastik oder Papier?« Auf dem Hügel steckt immer noch etwas anderes hinter einem Hilfsangebot. Ich schaue auf Vivs Hand.
    Ohne noch länger zu zögern, ergreife ich sie. Viv packt zu und zieht mich mit einem kräftigen Ruck auf die Füße. Genau das habe ich gebraucht.
    »Ich verrate es keiner Menschenseele, Harris.«
    »Das habe ich auch nicht erwartet.«
    Sie denkt einen Moment nach.
    »Hast du das mit den Eistüten

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