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Das stählerne Geheimnis

Titel: Das stählerne Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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den Warnungsschrei des Doktors. Mit jähem Ruck warf er sich zu Boden und zog Roddington im Sturze nach sich. Seine Linke krallte sich in dessen Arm, seine Rechte umklammerte einen vorstehenden Haken in der Plattform. So vermochte er dem mächtigen Sog zu widerstehen, der alles in der Nähe mit Übergewalt zu dem Schachtmund hinriß, und es gelang ihm auch, Roddington festzuhalten.
    Auch Larking erkannte die drohende Gefahr, warf sich nieder, griff mit den Händen umher, um einen Halt zu suchen, und fand ihn auf der glatten Fördermaschine, die unmittelbar neben dem Schacht stand. Für den Bruchteil einer Sekunde schien er gerettet zu sein, da der weite Montageanzug, den er über seiner Kleidung trug, sich an dem Steuerhebel der Maschine verfing. Für einen Augenblick nur, dann wurde der Luftdruck, der auf seinen Körper wirkte, übermächtig. Bis zur Brust hin schlitzte der Maschinenhebel den starken blauen Leinenstoff des Montageanzuges auf, die in den Schacht einstürzenden Luftmassen rissen den Körper mit.
    Der Doktor sah es, ohne helfen zu können. Minuten vergingen, bis der Luftdruck im Schacht sich ausgeglichen, die Atmosphäre sich wieder beruhigt hatte.
    »Wo ist Larking?« fragte Roddington, als er wieder auf seinen Füßen stand.
    Der Doktor deutete auf den Schachtgrund. »Vom Sog mit in die Tiefe gerissen, Mr. Roddington.«
    »Das erste Opfer, das unser Werk gefordert hat; hoffentlich bleibt es das letzte, Doktor Wegener«, sagte Roddington bedrückt.
    »Grauenhaft, Roddington! Ein Sturz in eine Tiefe von zehn Kilometern. Der Körper Larkings muß mit Flintenkugelgeschwindigkeit bei Schleuse II aufgeschlagen sein.«
    »Ich fürchte, Doktor Wegener, dies Unglück wird wieder böses Blut bei unseren Leuten machen.«
    »Wir müssen daraus lernen, Roddington, es darf sich nicht wiederholen. Hoffentlich ist die Sache bei Schleuse I ohne Unfall verlaufen.«
     
    In Schleuse I hatte Mr. Trotter, ein erfahrener Ingenieur, die Leitung, und seiner Umsicht war es zu verdanken, daß hier alles glatt ging. Bevor er die Schleusentore öffnen ließ, band er seine beiden Maschinisten und sich selbst mit schweren Kabelenden an das Gestell der Fördermaschine fest, so daß sie von den mit Gewalt in den unteren Schachtabschnitt hineinstürzenden Luftmassen nicht mit fortgerissen werden konnten. Trotzdem durchlebten sie kritische Minuten, während der Orkan nach unten brauste. Hier wurde eine Mütze mitgenommen, dort das eine oder andere Werkzeug mit in die Tiefe geschleudert, und dann kam etwas von oben. Etwas Bläuliches, einer menschlichen Gestalt Ähnliches sauste mit Blitzzuggeschwindigkeit durch die Schleuse und verschwand in der Tiefe. Der Herzschlag stockte den drei Männern, die es sahen. Erst nach langer Zeit fanden sie die Sprache wieder.
    »Was war das? Wer war das?« fragte Trotter.
    »Einer von oben, den die Luft mitgerissen hat«, sagte einer der Maschinisten, »am Ende Mr. Larking, der hatte auf Station Null den Dienst an der Fördermaschine«, fügte der zweite hinzu.
    »Pfui Teufel, der hatte Fahrt!« Trotter schüttelte sich. »Von dem ist nichts mehr übrig, wenn er unten ankommt.«
    In der Tat war es Ingenieur Larking, der dreißig Sekunden, nachdem der Wirbelwind ihn in den Schachtmund hineinriß, durch die erste Schleuse stürzte. Trotz des rasenden Sturzes war er bei vollem Bewußtsein. Mit einer eigenartigen, fast gespenstischen Klarheit überschaute er seine Lage und erkannte, daß in wenigen Sekunden der fürchterliche Aufprall auf das stählerne Tor der zweiten Schleuse seinen Leib in Atome zerschmettern mußte. Mit dem Leben hatte er abgeschlossen, mit einer Art von wissenschaftlichem Interesse sah er seinem Ende entgegen.
    Sein Körper stürzte schnell, aber noch viel, viel schneller brach die Luft von oben her in den Schacht ein. Lange vor ihm traf sie auf das geschlossene Tor der zweiten Schleuse, brandete dagegen, staute sich auf und flutete nach oben zurück.
    Larking fühlte, wie ihn ein starker Luftstrom von unten her traf, und spürte plötzlich einen starken Ruck. Der zurückflutende Luftstrom hatte sich in seinem aufgerissenen Montageanzug verfangen und den Stoff in der Weise eines Fallschirmes nach oben gebauscht, so daß er überall dicht an der Schachtwand anlag. Der Schacht hatte ja nur ein Meter lichte Weite. Ein Teil dieses Querschnittes wurde bereits durch den Körper des Ingenieurs ausgefüllt, den Rest versperrte der Leinenstoff seines Anzuges, und so wurde das kaum

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