Das stählerne Geheimnis
anbot.
»Sie würden mich durch eine Auskunft verpflichten, Mr. Drake«, eröffnete Bancroft die Unterhaltung.
»Bitte, Herr Kapitän. Ich stehe Ihnen ganz zur Verfügung, soweit es sich nicht etwa um Dinge handelt, zu deren Geheimhaltung ich beruflich verpflichtet bin.«
Bancroft nickte.
»Ich verstehe, Mr. Drake … Redaktionsgeheimnis. Ich glaube nicht, daß die Angelegenheit damit etwas zu tun hat.«
»Um so besser, Herr Kapitän. Es gibt Fragen, auf die ich nicht antworten dürfte, etwa nach den Gewährsleuten und Quellen für meine Aufsätze. Was meinen Sie, wie oft ich in diesen letzten Tagen wegen meiner Artikel über Roddington interpelliert worden bin.«
Bancroft machte eine Bewegung, als ob er etwas vom Tisch fortwischen wollte.
»Das interessiert uns nicht, Mr. Drake, das ist Roddingtons eigene Angelegenheit. Ich vermute allerdings, daß er Ihnen eine Schadenersatzklage anhängen wird, die nicht von schlechten Eltern ist.«
»Eine Schadenersatzklage? Warum? Was haben ihm meine Artikel geschadet?«
Drake stieß die Worte erregt heraus. Bancroft zuckte die Achseln.
»Man spricht davon, Mr. Drake, daß große Finanztransaktionen durch die fälschliche Todesmeldung gestört worden sind. Es soll sich um eine Summe von zehn Millionen Dollar handeln. Es liegt auf der Hand, daß er versuchen wird, Sie dafür haftbar zu machen …«
Durch die halbgeschlossenen Lider beobachtete Bancroft den Eindruck, den seine Worte auf Drake machten. Der lag zurückgesunken im Sessel und wischte sich die Stirn mit seinem Taschentuch. Eine Klage um solche Summen … Im Geiste sah er einen Riesenskandal, seinen wirtschaftlichen und journalistischen Ruin voraus.
»Sind das Tatsachen – oder nur Gerüchte, Kapitän?« fragte er stammelnd.
»Ich möchte es für Tatsachen halten. Sie wissen, das Secret Service erfährt unter der Hand so mancherlei.«
Bancroft ließ sein Opfer eine Weile zappeln, bevor er zum nächsten Schlag ausholte. »Die Angelegenheit, derentwegen ich zu Ihnen komme, betrifft einen gemeinsamen Bekannten, Mr. Drake, einen gewissen Henry Collins.«
Als der Name Collins fiel, konnte Drake eine plötzliche Bewegung nicht unterdrücken.
»Collins? Henry Collins? Ja, ich erinnere mich. Er spricht gelegentlich auf der Redaktion vor. Hat bisweilen ganz brauchbare Nachrichen gebracht.«
»Wann war er das letztemal bei Ihnen, Mr. Drake? Es ist für uns wichtig, das zu wissen.«
Drake überlegte und schien die Zeit an den Fingern nachzurechnen. »Heute vor zwölf Tagen«, sagte er dann. Bancroft nickte. »Das stimmt mit seiner eigenen Aussage überein.«
Drake wurde wieder unruhig.
»Liegt gegen Mr. Collins etwas vor?« fragte er unsicher.
»Es liegt so viel gegen ihn vor, Mr. Drake, daß wir uns veranlaßt sahen, ihn in Haft zu nehmen. Vermutlich wird er für eine längere Reihe von Jahren ein Quartier beziehen müssen, in dem es keinen Hausschlüssel gibt.«
Das war ein grober Bluff von Bancroft, denn zu dieser Zeit erfreute sich Henry Collins noch durchaus seiner Freiheit und ging in irgendeinem Staat der Union seinen zweifelhaften Geschäften nach. Aber auf Percy Drake verfehlte die Mitteilung ihre Wirkung nicht. Er verlor den letzten Rest seiner Sicherheit, setzte zu einer Frage an und stockte wieder, weil er fürchtete, mit jedem Wort zu viel zu sagen und sich selbst in die Affäre zu verwickeln. Eine Weile ließ Kapitän Bancroft ihn gewähren, dann fuhr er fort:
»In dem bevorstehenden Prozeß werden auch Sie voraussichtlich als Zeuge vernommen werden. Unter Ihrem Eid, Mr. Drake! Da gibt es kein Redaktionsgeheimnis, und Sie müssen die volle Wahrheit auf den Tisch legen.«
»Ich, Kapitän Bancroft? Zeuge in einem Prozeß gegen Collins? Ja, was habe ich denn mit der Sache zu tun?«
Kapitän Bancroft hielt jetzt Percy Drake für genügend erschüttert, um ihm den Knock-out zu geben.
»Es wird eine schwere Anklage gegen Collins erhoben«, sagte er in ernstem Ton. »Er hat sich gewisse Papiere verschafft, deren Geheimhaltung im Interesse unserer Wehrmacht erforderlich gewesen wäre, und hat sie an Privatpersonen verkauft … an Privatpersonen, Mr. Drake, für die sie ganz und gar nicht bestimmt waren und die sie auch niemals von ihm kaufen durften. Das hat er im Vorverhör gestanden.«
Drake mußte wieder zum Taschentuch greifen. Nervös und zittrig tupfte er sich damit die Stirn. Sein Gesicht war aschfahl, ein einziger Gedanke nur war in seinem Hirn … Der verdammte Code! Warum habe
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