Das stählerne Geheimnis
sich drehen und verschraubte es dabei mit dem Unterrohr.
Ein kurzes Knirschen und Rucken. Mit der Kraft eines Fünfhundert-PS-Motors war die Verschraubung zusammengewürgt.
»Fünf Minuten«, sagte Roddington.
»Vier Minuten und fünfzig Sekunden«, verbesserte ihn Dr. Wegener.
Noch während die beiden um die Zeit stritten, schoben sich kranzförmig hundert Schweißbrenner an die Verschraubungsstelle heran. Brausend und zischend beleckten ihre blauen Flammen die stählerne Rohrwand, der an dieser Stelle der Holzmantel auf eine kurze Strecke fehlte. Schon leuchtete das Metall unter den Flammen hell auf, begann weiß zu glühen, zu tropfen, zusammenzufließen.
»Sieben Minuten, dreißig Sekunden«, sagte Dr. Wegener und gab mit der Hand ein Zeichen. Die Flammen wurden klein, die Brenner wurden zurückgezogen, die erste Verschraubung war druckdicht verschweißt. Schweigend warteten die Ingenieure und Werkleute auf neue Befehle, während die Minuten verstrichen. Erst noch in Gelbglut, jetzt nur noch schwach rot leuchtete die Schweißnaht auf dem Rohr. Jetzt war sie dunkel.
»Sieben Minuten, dreißig Sekunden, Absenken!« rief Doktor Wegener dem neben ihm stehenden Ingenieur Scott zu. Der brachte eine Pfeife an die Lippen und gab ein Signal. Kranmotoren liefen an und ließen schenkelstarke Stahldrahttrossen aus. Um hundert Meter senkte sich der gelbe Turm in die Tiefe der unergründlichen See. Schon liefen die Motoren eines andern Krans, um ein drittes Rohr aufzurichten.
»Achtundzwanzig Minuten im ganzen«, stellte Dr. Wegener mit einem Blick auf den Zeiger seiner Uhr fest. »Zwei Minuten unter der errechneten Zeit.«
»Das würde bedeuten?« fragte Roddington.
»Daß wir nicht fünfundsiebzig, sondern nur siebzig Stunden brauchen, um den Grund zu erreichen … wenn es so bleibt«, erwiderte der Direktor.
»Liegt dir so viel an einer Zeitersparnis von fünf Stunden?« wandte sich Dickinson an Roddington.
»Es kann viel davon abhängen, Frank. Wie sind die Wettermeldungen, Doktor Wegener?«
»Bis jetzt gut, Mr. Roddington. Trotzdem betrachte ich jede Stunde, die wir früher ans Ziel kommen, als einen Gewinn.«
Die Stunden verstrichen, und unaufhörlich fügte sich eins der Riesenrohre an das andere. Immer länger wurde der Strang, der senkrecht in die tiefe See hineinstach. Immer zahlreicher, immer schwerer wurden die Drahtseiltrossen, an denen die Riesenlast hing. Wie ein Feuerball versank die Sonne im Westen in die See, da flammten Hunderte von Starklichtlampen auf der großen Plattform und den anderen Schiffen auf, und in ihrem grellen Schein ging die Arbeit rastlos weiter.
Immer neue Schiffe kamen von Davao her an, passierten den Kreis der Zerstörer, machten an der schwimmenden Insel fest und luden neue Rohre aus. Und nicht nur Rohre allein, sondern bisweilen auch riesenhafte, kugelförmige Stahlgußstücke, stählerne Hohlkugeln mit einem Durchmesser von mehr als sechs Meter.
Kyushu sah es durch das Periskop der »Karawa«, und eine Falte bildete sich auf seiner Stirn.
»Wir sind schlecht bedient worden, Oburu«, sagte er, »von der Herstellung dieser Stücke haben unsere Agenten aus Trenton nichts gemeldet.«
»Irgendwer denkt an mich«, sagte in diesem Augenblick Frank Dickinson auf der Plattform. »Mir klingt das rechte Ohr.«
Er hatte es nur scherzhaft gemeint und unbewußt doch das Richtige gesagt, denn mit Verdruß und Ärger dachte Kyushu in diesem Augenblick an die strengen Maßregeln, durch die Dickinson jeden Kundschafter von der alten Halle in Trenton ferngehalten hatte, in der diese stählernen Hohlkörper gegossen wurden. Vergeblich hatten Kyushus Agenten alle Künste spielen lassen, um bis dorthin vorzudringen. Ohne Ausnahme wurden sie schon auf halbem Wege erwischt und verschwanden auf unbestimmte Zeit in den Gefängnissen. Nicht die geringste Meldung über das, was in der alten Halle geschah, drang an die Außenwelt, obwohl Kyushu Wochen hindurch mit Ungeduld auf solche Nachrichten wartete.
Erst hier, von Bord des U-Kreuzers aus, sah er die eigenartigen Stücke zum erstenmal.
»Es ist so, wie ich es erwartete«, wandte er sich an Oburu »Nach jedem fünfundzwanzigsten Rohr schalten sie da drüben eine Kugelschleuse in den Strang ein. Es wäre auch anders kaum denkbar. Wie wollte Roddington sonst Förderanlagen bis auf den Seegrund in seinen Rohrschacht einbauen, und wie wollte er ohne die Schleusen den Luftdruck in der Tiefe meistern?«
Eine Seekarte in der Hand trat
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