Das stählerne Geheimnis
etwas drückend, aber gut atembar. Jetzt, dicht vor dem Ziel, spürte er den eigenartigen Geruch von verbranntem und zerschmolzenem Metall. Mit einer schnellen Bewegung zog er die Maske vors Gesicht und drehte die Sauerstoffleitung auf.
Die Sonde hielt. Er trat aus ihr heraus und sah in Wirklichkeit, was er vorher in Gedanken erschaut hatte. Regungslos lagen zwei Gestalten auf dem Stahlboden, Roddington und Wegener. Stand er vor Ohnmächtigen oder vor Toten?
Die Schweißbrenner waren ihren Händen entglitten. Sie brannten nicht mehr, aber an der Wand zeigte eine Stelle die Spuren ihrer Arbeit. Über die Fläche eines Quadratmeters etwa war dort der Stahl weggebrannt und weggeschmolzen. Das Urgestein lag hier offen.
Ein leises Zischen drang von den am Boden liegenden Brennern her an Dickinsons Ohr und erfüllte sein Herz mit eisigern Schrecken. Strömte hier Knallgas aus den erloschenen Brennern? Vielleicht seit Stunden schon? Das geringste Fünkchen konnte dann eine verheerende Explosion auslösen, die ihn und die Leiber der beiden anderen im Bruchteil einer Sekunde zerschmettern, zerreißen, in formlose Masse verwandein mußte.
Mit einem Sprung war er bei den beiden großen Gasflaschen, griff nach den Ventilen und fühlte, wie die ungeheure Spannung seiner Nerven von ihm wich. Das Ventil der Wasserstoffflasche war geschlossen, das der Sauerstoffflasche geöffnet, nur reiner Sauerstoff entströmte den Brennern. Im letzten Augenblick noch, bevor ihm die Sinne schwanden, mußte einer der beiden Verunglückten die Kraft und Geistesgegenwart besessen haben, den gefährlichen Wasserstoff abzudrehen.
Dickinson riß die Maske vom Gesicht. Erst jetzt kam ihm die drückende Hitze, die hier auf dem Schachtgrund herrschte, zum Bewußtsein. Der Schweiß brach ihm aus allen Poren. Mit Gewalt bezwang er die Schwäche, die ihn überkommen wollte. Neben Roddingtons Körper warf er sich nieder, griff nach dessen Hand und suchte den Puls zu fühlen.
Es dauerte geraume Zeit, bis er ihn fand. Nur noch schwach und unregelmäßig schlug das Herz Roddingtons, und nicht viel anders stand es um Dr. Wegener. Während Dickinson neben ihm kniete, dessen Handgelenk zwischen den Fingern, und noch überlegte, was zunächst geschehen sollte, spürte er, wie ihn selbst ein eigenartiges Schwindelgefühl überkam. Mit Anstrengung raffte er sich auf, stand wieder auf seinen Füßen und fühlte, wie die Benommenheit von ihm wich. Begriff auch, was hier geschehen war.
Roddington und Dr. Wegener hatten die Stahlwand dicht über dem Schachtboden angeschweißt. Dort mußte sich Kohlensäure, die ja schwerer als Luft ist, in genügender Menge angesammelt haben, um die beiden zu betäuben. Nur dem Umstand, daß aus der Gasflasche fortwährend frischer Sauerstoff in diese vergiftete Atmosphäre strömte, war es wohl zu verdanken, daß sie überhaupt noch lebten.
Dickinson hob den Körper Roddingtons, schleppte ihn in die Sonde und sagte durch das Telefon in fliegenden Worten Bescheid nach Station V. Die Fördermaschine fuhr an. Die Sonde mit dem bewußtlosen Roddington schwebte in dem engen Rohr in die Höhe und verschwand im Dunkel. Dickinson blieb mit Dr. Wegener allein auf dem Schachtgrund. Wenigstens fünfzig Minuten würde es dauern, bis die Sonde zurück sein konnte, um auch den andern Verunglückten nach oben zu bringen. In den ewigen Schlaf konnte die Ohnmacht des Doktors übergehen, wenn ihm nicht früher Hilfe gebracht wurde.
Dickinson versuchte ihn aufzurichten, um seinen Kopf aus dem Bereich der gefährlichen Kohlensäure zu bringen, doch kraftlos sank der ohnmächtige Körper immer wieder in sich zusammen. Es glückte Dickinson erst, als er ihn gegen die Schachtwand stellte und die beiden großen Gasflaschen so vor ihn hinschob, daß er nicht mehr umfallen konnte. Die schweren Stahlflaschen hielten den Körper, doch kraftlos hing der Kopf des Doktors wie der eines Toten vornüber.
Es mußte sofort etwas geschehen, um sein Blut von der lähmenden Kohlensäure zu befreien. Dickinson griff nach seiner Maske, zog den Sauerstoff schlauch ab und schob ihn dem Doktor zwischen die Zähne. Gleichzeitig suchte er ihn zu verstärkter Atembewegung zu zwingen, soweit das an dem zwischen Schachtwand und den schweren Stahlflaschen festgehaltenen Körper des Bewußtlosen möglich war.
Lange Zeit mühte er sich vergeblich. Dann schien’s ihm, als ob eine leichte Röte in die wachsbleichen Züge Dr. Wegeners zurückkehrte. Er griff nach dessen
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