Das stählerne Geheimnis
nach seiner Ankunft auf Station VI telefonierte Dr. Wegener an Larking:
»Schachtgrund erreicht. Alles in Ordnung. Geben Sie die Nachricht an Mr. Dickinson weiter!«
Larking tat, wie ihm geheißen, und brauchte etwa zehn Minuten, bis er Dickinson erreichte. Inzwischen gingen Roddington und Dr. Wegener auf Station VI ans Werk und begannen die Rohrwand mit den Schweißbrennern zu bearbeiten. Die Verbindung mit Station V hörte dabei notwendigerweise auf, da das Telefon sich in der Sonde befand. Frank Dickinson erhielt durch Larking die Meldung Dr. Wegeners und eilte sofort zur Funkstation, um sie nach Washington an Harding weiterzugeben. Er blieb in der Station, um die Antwort des Staatssekretärs gleich an Ort und Stella in Empfang nehmen zu können.
Auf Station V wurde Ingenieur Larking inzwischen stark von seinen Aufgaben in Anspruch genommen. Ebenso wie die höherliegenden Schachtteile sollte ja auch die letzte Strecke mit elektrischen Leitungen und einem Bewetterungsrohr für die Zuführung von Frischluft nach Station VI ausgerüstet werden. Unaufhörlich brachten die Förderanlagen die Teile dafür hinab, und er war mit seinen Leuten voll beschäftigt, sie in Empfang zu nehmen und in dem beengten Raum für den Einbau vorzubereiten.
So geschah es, daß er sich länger als eine Stunde nicht um die Station VI kümmerte. Erst als die Anfuhr von Bauteilen von oben her für eine kurze Weile aussetzte, griff er wieder zum Telefon, um die Verbindung mit Roddington oder Dr. Wegener aufzunehmen. Es war vergeblich, so sehr er sich auch die nächste halbe Stunde bemühte.
Den schwachen Telefonruf mochten sie dort unten vielleicht bei ihren Arbeiten überhören. So griff er zum Schalthebel der Fördermaschine, ließ die Sonde auf Station VI ein wenig in die Höhe fahren und dann wieder so weit nach unten gehen, daß sie kräftig auf den Boden aufsetzte. Das hätten die beiden nach seiner Überzeugung sicher hören und sich daraufhin irgendwie melden müssen, aber nach wie vor blieb das Telefon stumm. Immer stärker wurde seine Befürchtung, daß auf Station VI etwas nicht in Ordnung sei, und so suchte er schließlich durch den Fernsprecher Frank Dickinson zu erreichen. Es dauerte geraume Zeit, bis er ihn bekam. Ein kurzes Telefongespräch gab es dann zwischen Larking und Dickinson, und schnell war dessen Entschluß gefaßt, selbst nach Station VI vorzudringen und wenn nötig Hilfe zu bringen.
Soweit stimmte die Nachricht, die Jonas Merrywater an Kyushu gefunkt hatte. Auch das traf zu, daß Griffith und Cranford gleich nach Dickinson in den Schacht einfuhren, um sich an der Rettungsaktion zu beteiligen. Unbegründet war dagegen die Nachricht vom Zusammenbruch des Schachtes. Hier hatte Mr. Merrywater ein Gerücht weitergegeben, ohne sich vorher über den wirklichen Tatbestand zu vergewissern.
Auf Station V stieg Dickinson in die Sonde. Werkzeug brauchte er nicht mit nach unten zu nehmen. Nur eine Gasmaske, eine kleine Sauerstoffflasche und eine elektrische Lampe hatte er bei sich. So ausgerüstet, trat er die Fahrt über die letzte Strecke nach Station VI an.
Eine knappe halbe Stunde nahm sie in Anspruch, doch wie eine Ewigkeit kamen ihm diese dreißig Minuten vor. Hin und her flogen seine Gedanken zwischen dem, was seine Augen in nächster Nähe erblickten, und dem, was ihn am Ende der Fahrt in der Tiefe erwarten mochte. Langsamer wurde jetzt die Fahrt der Sonde, immer enger der Schacht. Mit sorgenvollem Blick betrachtete er die von dem riesigen Außendruck zusammengeschobene Stahlwand und begann als Ingenieur zu überlegen, wie man hier die notwendigen Leitungen einbauen und doch noch genügend Platz für den Durchgang der Sonde behalten könne. Frischluft und elektrischer Strom mußten unbedingt bis zum Schachtgrund geführt werden, wenn Leben und Arbeit dort unten in der fürchterlichen Tiefe möglich sein sollten.
Frischluft vor allen Dingen. Er verwünschte den Übereifer Roddingtons, der dort sofort mit irgendwelchen Arbeiten begonnen haben mochte, ohne den Einbau der Bewetterungsleitung abzuwarten. Während die Sonde langsam durch den Schacht kroch, eilten seine Gedanken ihr voraus. Im Geiste sah er seinen Freund und den Doktor mit dem Erstickungstode kämpfen, war über die Langsamkeit der Fahrt verzweifelt und atmete erst wieder leichter, als die Einschnürung passiert war und die Sonde schneller nach unten glitt.
Bisher hatte er die Gasmaske noch nicht benutzt. Die Luft im Schacht war wohl
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