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Das Steinbett

Das Steinbett

Titel: Das Steinbett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kjell Eriksson
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den Eimer ab.
    Lindell stand auf. Sie sahen einander an. Er kam auf sie zu.
    »Herzlich willkommen.«
    »Danke.«
    Er sah aus wie früher.
    »Schön, daß du kommen konntest.«
    Sie nickte. »Wir haben uns lange nicht gesehen.«
    Er war braungebrannt, trug die Haare länger, als sie es gewohnt war, und auf seinem Gesicht lag das gleiche verlegene Lächeln wie immer. Es war seltsam, ihn wiederzutreffen, einen fremden Mann, der einem dennoch so vertraut war. Sie betrachtete ihn. Würde sie sich in dieses nicht mehr ganz junge, abgerissene Landei noch einmal verlieben, wenn sie ihm heute zum ersten Mal begegnet wäre? Er lächelte, war sich ihres Blickes bewußt und machte eine Geste, die soviel bedeutete wie: Besser wird’s nicht.
    Er wollte etwas sagen, aber das Motorengeräusch eines Traktors ließ ihn stumm bleiben. Sie drehten sich zur Straße um und sahen Victor Grålie heranzuckeln. Victor saß am Steuer, und auf dem Anhänger hüpften seine drei Cousins Sven-Olle, Kurt und Tore sowie Tores Frau Gerda auf und ab.
    »Da kommt ja die ganze Rasselbande«, sagte Edvard und lachte.
    Das Gespann drehte eine Kurve auf dem Hof, Victor hupte und winkte ihnen gleichzeitig zu. Ann Lindell sah Violas Gesicht im Fenster. Sven-Olle warf eine Kußhand in Richtung Haus.
    »Ich habe das ganze Dorf mitgebracht«, schrie Victor und hielt mit einer Vollbremsung, so daß Gerda beinahe vom Hänger gefallen wäre.
    »Denk doch an die Heringe«, schimpfte sie lauthals.
    Gerda war für ihre kräftige Stimme bekannt. Schrei-Gerda nannten die Fährleute sie. Wenn sie zweimal in der Woche aufs Festland nach Öregrund fuhr, stellte sie sich immer ganz nach vorn an den Schlagbaum und blockierte die Abfahrt der Autos. Die Fährleute ließen sie gewähren, weil es ihnen Spaß machte, daß jemand die Stockholmer Touristen ärgerte.
    Edvard lachte, und Ann sah ihn an.
    »Wir haben Schnaps«, rief Victor, und Lindell vermutete, daß der weiße Plastikkanister auf dem Anhänger Gräsö-Absolut enthielt, von dem einem schwindlig wurde und der einen in Stimmung brachte. Victor und seine Cousins hatten sich mit Sicherheit bereits einen Schluck aus dem Kanister genehmigt.
    Wie oft hatte sie als Polizistin schon ein Auge zudrücken müssen, wenn Kanister und Flaschen bei Festen auf den Tisch gestellt wurden. Anfangs hatte Victor noch Vorsicht walten lassen, vor allem, wenn auf den Genuß der milchiggrauen Flüssigkeit eine Fahrt mit dem Traktor folgte, aber als ihm im Laufe der Zeit klar wurde, daß sie nicht weiter darauf achtete, verlor er alle Hemmungen.
    Sie hatten nicht nur Heringe und Selbstgebrannten Schnaps dabei, sondern auch Töpfe und feuerfeste Formen mit Lauchgemüse und Kartoffelgratin. Frisches Gemüse und Bier wurde abgeladen. Kurt und Tore hoben einen Wäschekorb vom Anhänger, der sechs verschiedene Sorten eingelegten Hering, neue Kartoffeln, rote Beete, Dill, gekauften Schnaps, Schweinekoteletts, Lachs und fangfrische Strömlinge enthielt.
    Lindell und Edvard begutachteten die Köstlichkeiten unter Gerdas wachsamen Blicken. Victor blinzelte zum Küchenfenster hinauf. Die Cousins schleppten die Sachen. Gerda gab Anweisungen.
    »Großartig«, sagte Edvard voller Respekt zu Gerda. »Da hast du dir aber eine Menge Arbeit gemacht.«
    Sie tat, als hätte sie seine Worte nicht gehört, und schimpfte mit Tore, weil der sich angeblich so ungeschickt anstellte. Plötzlich wurde das Küchenfenster aufgerissen, und Viola steckte den Kopf heraus.
    »Fahr diesen alten Trecker zur Seite«, rief sie und schlug das Fenster gleich wieder zu.
    Victor lächelte, ging zu Lindell und legte ihr die Hände auf die Schultern.
    »Jetzt kannst du bei uns ein wenig zu Kräften kommen«, sagte er.
    Lindell sah in Victors faltiges Gesicht und roch seine Schnapsfahne.
    »Du hast dich nicht verändert, Victor. Schön, dich zu sehen.«
    Er lächelte und drehte sich um, damit er das Abladen überwachen konnte. Tore nahm den Kanister, und Gerda sah immer mürrischer drein, aber alle wußten, daß sich ihre Stimmung bessern würde, wenn sie erst einmal am Tisch saßen. Gerdas beste Seite zeigte sich erst, wenn sie Essen zubereitete oder es verspeiste.
    »Wir haben das Kalb geschlachtet«, sagte Victor zu Lindell.
    Sie verstand nicht recht, was er damit meinte. Sie hielten doch gar keine Tiere mehr. Er sah ihre fragende Miene und lachte, aber statt einer Erklärung wandte er sich an Edvard.
    »War das verkehrt?« fragte Victor und zeigte vielsagend auf seine Cousins und

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