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Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien

Titel: Das Sterben der Bilder: Ein unheimlicher Roman aus dem alten Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Hasler
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Familie?“
    „Und du? Hast du Mitleid mit mir, dass du das fragst? Du hast doch auch niemanden.“
    Der Inspektor reichte Julius einen Teller mit kaltem Braten, Hähnchenkeulen und Käse, alles in einem Bett aus Erbsen, Kohl und Kartoffeln. Er schämte sich für sein armseliges Mitbringsel und fragte: „Hattest du vor, das allein zu verdrücken?“
    „Nein“, winkte der Inspektor ab, „das ist noch von gestern. Ich war gestern zu müde, um zu essen. Ich hab’ es von einer Schmauswaberl gekauft. Das ist billig, praktisch und spart eine Menge Arbeit.“
    „Einer was?“ Julius hatte das Wort noch nie gehört.
    „Schmauswaberl. Das sind die Frauen, die die Reste von großen Tafeln und Banketten aufkaufen und sie in billigen Wirtshäusern günstig weiterverkaufen. Weißt du, ich bin es gewohnt, gut zu essen, aber ich bin zu faul, selber zu kochen. Und seit Charlotte … nicht mehr da ist … na ja, da bin ich eben auf diese Möglichkeit gekommen.“
    Sie setzten sich im Wohnzimmer an einen Tisch und aßen eine Weile schweigend. Julius war verlegen. Er hatte noch nie in der Wohnung eines anderen Menschen am Tisch gesessen, und die Nähe zu Lischka verwirrte ihn. Doch dieser erweckte den Anschein, als freute er sich tatsächlich über Julius’ Besuch.
    „Ich kann dir leider keine Neuigkeiten aus den letzten Tagen berichten, Julius. Seit ich von diesem Fall abgezogen wurde, hat man mich mit tausend Kleinigkeiten zugeschüttet. Überfälle, Diebstähle, verschwundene Kinder. Ich hab’ mir die Hacken abgelaufen und bin kaum zum Schnaufen gekommen.“
    „Ist das nicht erniedrigend?“, fragte Julius. „Ich meine, du bist doch ein Mordermittler. Warum geben sie den Kleinkram an dich?“
    Lischka lachte. „Ach, schau an, du kennst ja schon die Logik meines geliebten Berufs. Der Kleinkram soll bloß einen unfähigen Mordermittler beschäftigen. Aber weißt du, was das Gute daran ist? Ich habe für ein paar Stunden doch tatsächlich vergessen, was alles passiert ist. Glaub mir, das hat gutgetan!“
    Julius war viel zu aufgewühlt von den jüngsten Ereignissen, um sich nach Ruhe und Ereignislosigkeit zu sehnen. Er erzählte Rudolph Lischka von seiner unseligen Begegnung mit Luise von Schattenbach im Prater und davon, dass er erfahren hatte, wo seine Mutter war.
    Sein Freund hörte mit angespanntem Gesichtsausdruck zu.
    „Aber dann habe ich etwas entdeckt …“, fuhr Julius fort. „Danach bin ich einfach ziellos durch die Leopoldstadt gelaufen. Ich war so aufgewühlt und wusste nicht, was ich tun sollte.“
    „Ich frage mich gerade …“, unterbrach Lischka ihn, „warum deine Mutter, Maria Habermann, im Allgemeinen Krankenhaus liegt, aber in Wien nicht gemeldet ist. Kann es sein, dass sie jahrelang im Ausland war? Hat Johanna etwas darüber gesagt?“
    Julius schüttelte den Kopf.
    „Erzähl weiter.“
    „Ich bin an einem Juwelierladen in der Kleinen Mohrengasse vorbeigekommen, und da hab’ ich etwas im Schaufenster gesehen, was dich interessieren dürfte.“
    Lischka sah ihn fragend an.
    „Kannst du dich an die Schmuckstücke erinnern, die Luise getragen hat? Stell dir vor, in diesem Schaufenster lag der fehlende Armreif.“
    Julius beobachtete Lischka aufmerksam. Fast erwartete er, dass der Inspektor ungläubig den Kopf schütteln würde. Doch es schien, als habe der inzwischen ein eigenartiges Vertrauen in Julius’ Fähigkeiten, Dinge wiederzuerkennen.
    Lischkas Augen weiteten sich, und er sagte: „Dann war dein Gang in die Leopoldstadt doch nicht ganz so ziellos.“
    „Es ist genau die gleiche Art, Rudolph. In dem Schaufenster lagen lauter billige alte Schmuckstücke. Der Armreif war ganz neu, und er sah ganz genauso aus wie die Sachen, die Luise getragen hat. Oder besser gesagt, wie sie bei der Ruhenden Venus auf dem Gemälde zu sehen sind.“
    „Also hat sie die Schmuckstücke bei diesem – wie heißt der Juwelier?“, fragte Lischka.
    „Efrussi.“
    „… bei diesem Efrussi anfertigen lassen. Du warst aber doch bestimmt im Laden und hast gefragt, oder?“
    Julius schüttelte den Kopf. „Ich wollte hinein, aber dann hab’ ich plötzlich eine solche Unruhe verspürt. Verstehst du – das mit meiner Mutter … ich musste der Sache auf den Grund gehen.“
    Lischka nickte verständnisvoll, aber um seinen Mund lag ein enttäuschter Zug.
    „Du hast also vor der Tür kehrtgemacht.“
    „Ja. Ich bin in die nächste Straßenbahn gestiegen und zum Allgemeinen Krankenhaus gefahren. Und weißt du, was

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