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Das Sterben in Wychwood

Das Sterben in Wychwood

Titel: Das Sterben in Wychwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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der Gentleman mit den Bulldoggen. Nachdem das Unglück passiert war, erwähnte er zufällig, dass er unseren Tommy unbesonnen hatte handeln sehen – und natürlich zeigt es, dass, wenn ihn etwas erschreckt hätte, er leicht fallen konnte. Übermut, Sir, das war’s, was Tommy plagte! Eine schwere Prüfung war er auf manche Weise für mich», schloss sie, «aber es war nur Übermut – nichts als Übermut –, wie jeder Junge ihn haben mag. Er war nicht böse, kann man ruhig sagen.»
    «Nein – nein – sicher nicht, aber wissen Sie, Mrs Pierce, manchmal ist es Leuten – nüchternen, ältlichen Leuten – schwer, sich zu erinnern, dass sie auch einmal jung gewesen sind.»
    Mrs Pierce seufzte.
    «Sehr wahr sind diese Worte, Sir. Ich kann nicht umhin, zu hoffen, dass gewisse Gentlemen, die ich nennen könnte, aber es nicht will, sich die Art zu Herzen genommen haben, wie sie gegen den Jungen hart waren – nur wegen seines Übermutes.»
    «Hat seinen Arbeitgebern ein paar Possen gespielt, was?» Mrs Pierce ging sogleich darauf ein.
    «Es waren nur Dummheiten, Sir, das war alles. Tommy konnte Leute so gut nachmachen! Wir hielten uns die Seiten vor Lachen, wenn er geziert herumspazierte und tat, als sei er Mr Ellsworthy vom Antiquitätenladen – oder der alte Mr Nobbs, der Kirchenvorsteher, und er machte gerade oben im Herrenhaus Seine Lordschaft nach, und die zwei Untergärtner lachten, als Seine Lordschaft dazu kam – keiner hatte ihn kommen hören – und Tommy auf der Stelle entließ – natürlich war das zu erwarten und ganz recht, und Seine Lordschaft trug ihm später nichts nach, sondern verhalf Tommy zu einer anderen Stelle.»
    «Aber andere Leute waren nicht so großmütig, wie?»
    «Das waren sie nicht. Ich nenne keine Namen. Aber man würde es nie von Mr Abbot glauben, der immer so nett war und immer ein freundliches Wort oder einen Spaß parat hatte.»
    «Tommy hatte Ärger mit ihm?»
    «Der Junge hat doch sicher nichts Böses gewollt… Und schließlich, wenn Papiere privat sind und nicht gesehen werden sollen, darf man sie nicht offen auf einen Tisch legen – das sage ich.»
    «Freilich», sagte Luke. «Private Papiere in einer Rechtsanwaltskanzlei gehören in einen verschlossenen Schrank.»
    «Ganz recht, Sir. Das finden wir beide, mein Mann und ich, auch. Und dabei hat Tommy gar nicht viel davon gelesen!»
    «Was war es – ein Testament?» fragte Luke.
    «O nein, Sir, nichts dergleichen, gar nichts Wichtiges! Es war nur ein Privatbrief – von einer Dame –, und Tommy sah nicht einmal, wer die Dame war. Soviel Lärm um nichts, sage ich!»
    «Mr Abbot muss ein Mensch sein, der sehr leicht beleidigt ist», mutmaßte Luke.
    «Das scheint so, nicht, Sir? Obwohl, wie gesagt, er so ein freundlicher Gentleman sein kann – immer mit einem Spaß oder einem frohen Wort auf den Lippen. Aber wahr ist’s, ich habe gehört, dass er schwierig sein kann, wenn man sich gegen ihn stellt, und er und Dr. Humbleby waren erbitterte Feinde, gerade bevor der arme Doktor starb. Das mag nachher kein angenehmer Gedanke für Mr Abbot gewesen sein; denn wenn einmal der Tod kommt, denkt man nicht mehr gern an die harten Worte, die gesprochen wurden und die man nicht mehr zurücknehmen kann.»
    Luke nickte ernst und murmelte:
    «Sehr wahr – sehr wahr!»
    Er fuhr fort:
    «Komischer Zufall – das! Scharfe Worte gegen Dr. Humbleby, und Dr. Humbleby stirbt – harte Behandlung Ihres Tommy, und der Junge stirbt! Man sollte denken, dass eine solche doppelte Erfahrung Mr Abbot für die Zukunft etwas vorsichtiger im Gebrauch seiner Zunge machen würde.»
    «Zwischen Harry Carter von den ‹Sieben Sternen› und Mr Abbot gab es auch sehr böse Worte eine Woche vor Carters Tod; aber dafür konnte er nichts. Das Schimpfen ging alles von Carter aus, er war damals betrunken, zog vor Mr Abbots Haus und schrie, so laut er konnte, die wüstesten Sachen hinauf. Die arme Mrs Carter hatte viel durchzustehen, und soweit es sie betraf, muss man gestehen, dass Carters Tod eine Erlösung bedeutete.»
    «Er hat auch eine Tochter hinterlassen, nicht wahr?»
    «Ah», sagte Mrs Pierce. «Ich bin keine, die schwätzt.»
    Das war unerwartet, aber vielversprechend; Luke spitzte die Ohren und wartete.
    «Ich sage nicht, dass es etwas anderes als Gerede war. Lucy Carter ist ein fesches Frauenzimmer in ihrer Art, und wäre nicht der Standesunterschied gewesen, hätte man wohl keine Bemerkung darüber gemacht. Aber dass es Gerede gegeben hat, kann man

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