Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Sterben in Wychwood

Das Sterben in Wychwood

Titel: Das Sterben in Wychwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
Vom Netzwerk:
nicht leugnen – besonders seit Carter zu seinem Haus gegangen ist und gebrüllt hat.»
    Luke zog seine Schlüsse aus dieser etwas verworrenen Rede. «Mr Abbott sieht aus, als ob er ein hübsches Mädel zu würdigen wüsste», sagte er.
    «Das ist oft der Fall bei den Gentlemen», sagte Mrs Pierce. «Sie meinen gar nichts weiter – wechseln nur ein paar Worte im Vorübergehen, aber was die Herrschaften tun, das wird eben beredet. Das ist in so einem stillen Ort nicht anders zu erwarten.»
    «Es ist ein sehr hübscher Ort», sagte Luke. «So unverdorben.» Luke zahlte für seine Zigaretten und die Zeitschrift, dann ging er langsam die Straße entlang.
    «Also», sagte er zu sich, «Abbot. Was spricht gegen Abbot? Zu drei Opfern bestand eine Verbindung. Er hatte Krach mit Humbleby. Krach mit Carter und Krach mit Tommy Pierce – und alle drei sind tot. Wie ist es mit Amy Gibbs? Was war das für ein Privatbrief, den der verdammte Junge sah? Wusste er, von wem er war? Oder wusste er es nicht? Er mag es seiner Mutter nicht gesagt haben, aber gesetzt den Fall, er wusste es, und Abbot hat es für notwendig gehalten, ihm den Mund zu verschließen? Es könnte sein! Das ist alles, was man dazu sagen kann. Es könnte sein! Genügt nicht!»
    Luke beschleunigte seinen Schritt und sah mit jäher Erbitterung um sich.
    «Dieses verfluchte Dorf – es fällt mir auf die Nerven! So lächelnd und friedlich – so unschuldig –, und dabei sind diese verrückten Mordtaten hier geschehen! Oder bin ich der Verrückte? War Lavinia Pinkerton verrückt? Schließlich könnte das Ganze ja Zufall sein – ja, Humblebys Tod und alles…»
    Er schaute die ganze Länge der Hauptstraße hinunter – und wurde von einem starken Gefühl der Unwirklichkeit ergriffen.
    Er sagte sich:
    «Solche Sachen geschehen nicht…»
    Dann hob er seine Augen zu dem langen, finsteren Rücken des Ashe Ridge – und augenblicklich schwand dieses Gefühl. Der Ashe Ridge war wirklich – er kannte seltsame Dinge, Hexerei und Grausamkeit, vergessene blutige Riten und schlimmere Bräuche.
    Er fuhr auf. Zwei Gestalten gingen am Berg entlang. Er erkannte sie sofort – Bridget und Ellsworthy. Der junge Mann gestikulierte mit seinen seltsamen, unangenehmen Händen, sein Kopf neigte sich Bridget entgegen. Sie wirkten wie zwei Gestalten aus einem Traum, man glaubte, dass ihre Füße lautlos von Busch zu Busch sprangen. Er sah Bridgets schwarzes Haar im Wind flattern. Wieder fesselte ihn ihr seltsamer Zauber.
    «Verhext, das ist’s, was ich bin, verhext», sagte er zu sich selbst.
    Er blieb still stehen – ein seltsam betäubendes Gefühl bemächtigte sich seiner.
    Er dachte traurig:
    Wer soll den Zauber brechen? Es gibt niemanden.

10
     
    E in leises Geräusch hinter ihm veranlasste ihn, sich rasch umzudrehen. Ein Mädchen stand dort, ein auffallend hübsches Mädchen mit braunem Haar, das sich um seine Ohren lockte, und etwas schüchternen dunkelblauen Augen. Es wurde ein wenig rot vor Verlegenheit, bevor es sprach.
    «Mr Fitzwilliam, nicht wahr?»
    «Ja, ich – »
    «Ich bin Rose Humbleby. Bridget sagte mir, dass – dass Sie Leute kennen, die meinen Vater kannten.»
    Luke errötete leicht.
    «Es war vor langer Zeit», sagte er etwas verlegen. «Sie kannten ihn als jungen Mann – bevor er heiratete.»
    «Ach so.»
    Rose Humbleby sah ein wenig enttäuscht aus.
    «Sie schreiben ein Buch, nicht wahr?»
    «Ja, das heißt, ich mache Aufzeichnungen dafür. Über lokalen Aberglauben und dergleichen.»
    «Das klingt furchtbar interessant.»
    «Es wird wahrscheinlich furchtbar langweilig sein.»
    «Ach nein, sicher nicht.»
    Luke lächelte sie an. Er dachte: Unser Dr. Thomas hat Glück! Rose Humbleby erwiderte sein Lächeln.
    «Glauben Sie daran – an Aberglauben und alle diese Sachen?»
    «Das ist eine schwierige Frage. Man kann sich auch für Dinge interessieren, an die man nicht glaubt.»
    «Ja, das mag sein», es klang etwas zweifelnd.
    «Sind Sie abergläubisch?»
    «N-nein – ich glaube nicht. Aber ich glaube, dass Ereignisse in – in Wellen kommen.»
    «In Wellen?»
    «Wellen von Unglück oder Glück. Ich meine – ich habe das Gefühl, als ob in letzter Zeit ganz Wychwood unter einem Bann von Unglück stände. Dass der Vater starb – und Miss Pinkerton überfahren wurde, und der kleine Junge aus dem Fenster fiel! – Ich – hatte ein Gefühl, als hasste ich diesen Ort als müsste ich fort!»
    Ihr Atem ging etwas rascher. Luke sah sie nachdenklich an. «So

Weitere Kostenlose Bücher