Das Sternenprogramm
Anstalten, das Terminal einzuklappen, als ihr
auf dem Bildschirm etwas ins Auge fiel. Sie blickte Kohn mit
hochgezogener Braue an.
»Offenbar würde Catherin Sie gern
sprechen.«
Kohn spürte, dass er rote Ohren bekam. »Ja, ich
schätze, sie hat mir ein paar Worte zu sagen.«
»Na schön«, meinte Valery. »Gehen Sie
auf den Gang, dann durch die linke Tür in den Garten, bis
zur ersten Balkontür. Ich komme in ein paar Minuten
nach.« Sie lächelte eigenartig. »Ich nehme an,
das Schlimmste ist dann bereits überstanden.
Anschließend können wir das weitere Vorgehen
besprechen.«
»Ich bin mit einer Begleiterin gekommen«, sagte
Kohn. »Sie wartet im Wagen und sollte in die Entscheidungen
einbezogen werden.«
»Selbstverständlich.«
»Okay. Bis gleich«, sagte Kohn.
Er ging in den Garten hinaus und gelangte durch eine
Glastür in eine Art Salon mit dick gepolsterten Sesseln und
großen Vasen. In einem der Sessel saß vorgebeugt eine
Frau in einem weiten Kleid, den Kopf zur Hälfte unter einer
Haube verborgen. Sie war damit beschäftigt, die
Rückenseite einer Jeansjacke mit bunten Fäden zu
besticken. Ein kreisförmiges Muster mit Schriftzug nahm
bereits Gestalt an. Sie schaute bedächtig auf und hob
sittsam die Wimpern.
Cats Lächeln ähnelte dem einer Katze.
Moh grinste sie an. »Calamity Jane«, sagte er.
Funkelnde Zähne.
»Alles im Lot?«, fragte sie.
»Ja«, antwortete Moh. »Dein guter Ruf ist
wiederhergestellt. Du bist wieder eine richtige linke
Kämpferin.«
»Wieder an vorderster Front. Gut.«
Die Jacke glitt zu Boden, als sie die darunter verborgene
Pistole hochhob. Sie hielt sie in der Rechten und stützte
das Handgelenk mit der Linken – der Plastikverband wurde
sichtbar, als der weite, spitzenbesetzte Ärmel
zurückrutschte. Sehr cool, sehr professionell.
»Jetzt hab ich dich, du Hurensohn«, sagte Catherin
Duvalier.
Cat hatte das Gefühl, lange auf diesen Moment der Rache
gewartet zu haben, eher Jahre denn Tage. Sogleich wurde ihr
bewusst, dass sie von ihrer Trennung her tatsächlich einen
starken Groll zurückbehalten hatte. Der Gedanke verblasste;
zurück blieb die eiskalte Erinnerung daran, wie Moh aus dem
Krankenzimmer hinausstolziert war.
Auf Grund des Ärgers verspannten sich die Muskeln ihres
verletzten Unterarms und begannen zu schmerzen.
Sie hatte in der Sicherheitsabteilung mehr Besucher empfangen
als jeder andere. Zunächst Moh, dann – wenn auch nur
virtuell – Donovan. Und später hatte die
Nachtschwester, die ihr das Abendessen gebracht hatte, den Kopf
hinter die Trennwand gestreckt und lächelnd gesagt:
»Eine Freundin von mir würde Sie gerne
sprechen.«
»Wer denn?«
»Sie ist Kassiererin in der Körperbank. Sie hat
erfahren, in welcher Lage Sie sich befinden, und würde Ihnen
gern helfen.«
»Ich will nicht bei der Bank anheuern, vielen
Dank.«
»Ach, darum geht es nicht. Überhaupt nicht. Deshalb
will sie ja mit Ihnen sprechen. Ich glaube, es würde Sie
interessieren.«
Catherin willigte achselzuckend ein. Kurz darauf trat die
Bankkassiererin ein, mit klickenden Absätzen und untermalt
vom Rascheln ihrer Kleidung. Sie setzte sich auf die
Bettkante.
»Hallo«, sagte sie. »Ich bin Anette. Ich
habe gehört, du suchst nach einer sicheren Bleibe, fernab
des Kampfgeschehens.«
Anette brauchte nicht lange, um Catherin davon zu
überzeugen, dass die Feministinnengemeinde hervorragend
geeignet war, sie so lange zu verstecken, bis ihr Status als
Kämpferin wiederhergestellt war. Dort hätte sie Ruhe,
um sich ihr weiteres Vorgehen zu überlegen.
»Aber das ist auch schon alles«, erklärte
Catherin hastig. »Das soll nicht heißen, dass ich mit
euren Vorstellungen oder so konform ginge…«
»Natürlich nicht«, sagte Anette. »Aber
sei dir nicht so sicher. Wir haben schon ein paar
Kämpferinnen gewonnen, die der Jungenspiele
überdrüssig waren.«
Cat lächelte. Ihr würde das nicht passieren.
»Wann geht es los?«
»Gleich morgen früh?«
»Ist gut.«
»Schön. Dann wäre das geregelt.« Als sie
sich erhob, nahm Anette Catherins Jeanssachen in die Hand und
begutachtete sie geringschätzig.
»Wir müssen dir etwas Anständiges zum Anziehen
besorgen«, meinte sie und machte Anstalten, das ganze
Jeanszeug mitzunehmen.
»Nein, nein«, sagte Catherin. »Ich will das
behalten. Die Sachen sind noch gut.«
»Na schön… Ich nehme mal gerade deine
Maße. Einen Augenblick.« Sie holte einen
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