Das Sternenprogramm
Scanner aus
der Tasche und schwenkte ihn über Cat. »Bis morgen,
Catherin.«
Am nächsten Morgen tauchte sie zu einer unchristlichen
Zeit mit langen Papiertüten auf, die sie über der
Schulter trug. Die Krankenschwester schob eine Trennwand vors
Bett. Catherin warf einen Blick auf die Tüten.
»Modesty«, sagte sie. »Du meine
Güte!«
»Du sollst was Hübsches tragen, wenn du entlassen
wirst, Mädchen«, sagte Anette.
Man musste ihr beim Ankleiden helfen, nicht weil ihr
gebrochener Arm geschient war, sondern weil sie sich mit den
komplizierten Verschlüssen nicht auskannte. Es war
schlichtweg unmöglich, diese Kleidung selbständig an-
oder abzulegen. Als Anette und die Schwester fertig waren, traten
sie zurück und lächelten sie an.
»Oh«, machte die Krankenschwester. »Oh. Sie
sind wunderschön.«
Anette fasste Catherin bei den Schultern und drehte sie zu
einem Wandspiegel um. Sie starrte ihr Spiegelbild an,
ausstaffiert mit Haube und Korsett und einem Reifrock aus blauem
Satin und weißer Spitze. Sie machte einen Schritt nach
vorn, einen nach hinten, erstaunt über die schiere Masse wehenden, sich bauschenden Stoffs, die sie mit sich
herumschleppte. Sie musste lachen und schüttelte den Kopf,
so absurd kam ihr alles vor. Sie zupfte mit behandschuhten
Fingern am Rock, ließ ihn wieder fallen.
»Ich komme mir blöd vor«, gestand sie.
»Hilflos.«
»Nicht ganz«, meinte Anette grinsend. Sie reichte
Catherin eine kleine Handtasche. »Da drin, meine Liebe,
findest du neben einem auf deinen Hauttyp abgestimmten Make-up
auch eine hübsche, damenhafte Pistole.«
Catherin lächelte und entspannte sich ein wenig. Dieses
Überbleibsel der Art Schutz, auf den sie sich stets
verlassen hatte, vermittelte ihr Sicherheit und ermöglichte
es ihr, sich mit der anderen Art Schutz abzufinden, auf den sie
sich nun verlassen musste: mit einer Macht, die nicht aus dem
Lauf eines Gewehres kam. Das Gestell, das ihre Hüfte
umschloss, und der darunter befestigte Stoffrahmen – sie
waren kein Gefängnis, sondern eine Burg.
»Okay, Schwestern«, sagte sie. »Das
war’s dann.«
Sie verließ die Krankenstation mit hoch erhobenem Kopf,
den Blick starr geradeaus gerichtet. Im Fernsehen hatte sie
einmal eine königliche Hochzeit gesehen, daher wusste sie,
wie man das machte.
Moh musterte sie einen Moment lang schweigend.
»Hör mal, Cat, was ich getan habe, tut mir
aufrichtig Leid. Und was ich nicht getan habe. Aber das ist jetzt
Vergangenheit, das ist beigelegt…«
»Für mich gilt das, verdammt noch mal, nicht. Und
darum geht’s. Jetzt, da ich wieder mit im Spiel bin, kann
ich dich gefangen nehmen.« Sie grinste. »Und
das habe ich soeben getan.«
»In wessen Auftrag?«, fragte Moh verdrossen, um
Zeit zu schinden. »Solltest du dich auf das
Linksbündnis beziehen, das haben wir bereits
abgehakt…«
»Ach was«, meinte Cat. »In Donovans Auftrag.
Als ich eingeloggt war, habe ich ihn angerufen, sobald mein
Status geklärt war. Das BLK schickt ein paar Agenten
vorbei…«
»Du hast was getan?«
Mit der kleinen Pistole konnte sie nicht viel ausrichten,
überlegte er; er könnte sie töten, bevor er starb.
Einen Moment lang fand er die Vorstellung trostreich. Dann wurde
ihm klar, dass es einen Ausweg aus der Falle und der absurden
Fehde gab, die er selbst ausgelöst hatte und die zu beenden
Cat anscheinend entschlossen war. Er entspannte sich ein wenig,
wartete ab und rang sich ein Lächeln ab.
»Offiziell«, sagte Cat, »kommen sie her, um
das Lösegeld für mich zu bezahlen, was ihr gutes Recht
ist. Und nichts und niemand kann mich daran hindern, dich ihnen
zu übergeben.«
Moh hörte draußen auf dem Weg Schritte. Er blieb
wie festgewurzelt stehen, bis Valery eintrat und sich neben ihn
stellte. Cat warf ihr einen Blick zu, ohne die Pistole von Moh
abzuwenden.
»Das wird dich hindern«, sagte Moh. »Valery,
Miss Duvalier hat mich soeben im Auftrag des BLK gefangen
genommen. In Kürze werden zwei ihrer Kämpfer eintreffen
– wann genau?«
»Jeden Moment«, antwortete Cat. »Valery, das
hat nichts mit dir zu tun.«
»Doch, hat es«, entgegnete Valery. »Erstens
hältst du dich noch innerhalb unserer Gemeinde auf.
Zweitens…« Sie zögerte und schaute unsicher zu
Moh.
»Sagen Sie es ihr, verdammt noch mal«, meinte
Moh.
»Wenn nicht gleich etwas passiert, werde
ich…« Er brach ab, rang nach Atem, nach Worten,
kämpfte gegen die Bilder an,
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