Das Sternenprogramm
Kriege.«
»So einfach kann es wohl kaum sein.«
»Scheint aber so.«
»Die Zukunft, und sie funktioniert, wie?«
Kohn lachte. »Auf diese Weise haben Leute wie ich zu
tun. In meiner Zukunftsgesellschaft stünde ich ohne Arbeit
da. Keine Grenzkriege und keine Streitigkeiten um
Privateigentum mehr…«
»Ja, ja…«
Kohn wies sie an, noch einige Male abzubiegen. Sie hielten vor
einem Parkplatz eines quadratisch angelegten großen
Wohnblocks: vor ihnen lag ein Eingang von drei Metern Höhe
und fünf Metern Breite. Im Hintergrund sah man eine Wiese
und Blumenbeete. Sämtliche Fenster der achtstöckigen
Anlage hatten Vorhänge aus pfirsichfarbenem
Rüschensatin und Stores aus Rüschengaze. Auf dem
Parkplatz waren ein weiterer Truck sowie mehrere kleine Fahrzeuge
und Fahrräder abgestellt.
Ein Mann trat aus dem Eingang hervor und näherte sich
ihnen energischen Schritts. Er trug einen schlichten, weiten
braunen Kittel und Hose und hatte kurzes blondes Haar. Er blieb
kurz vor dem Laster stehen, dann näherte er sich der
Fahrertür.
Kohn ließ das Fenster herunter. Er beschloss, die
Tarnung einstweilen aufrecht zu erhalten. »Hi«, sagte
er. »Ich bin der Sicherheitsberater…«
»Mr. Kohn? Ah, hallo. Ich bin Stuart Anderson. Ihre
Agentur hat Sie angekündigt. Ich werde Sie gleich
hereinbitten, zunächst aber würde ich gern mit der Dame
sprechen.«
Janis beugte sich herüber. »Ja?«
»Es tut mir Leid, Madam, aber würde es Ihnen etwas
ausmachen, draußen zu warten, während Ihr Begleiter
sich umschaut? Das ist nicht bös gemeint – aber unsere
Regeln sind eben so. Hier haben bloß diejenigen Frauen
Zutritt, die hier leben oder mit uns liiert sind, und
Sie…« Er lächelte bedauernd wie ein Ober, der
einem sagt, das Lokal habe heute geschlossen. »Wenn Sie
möchten, wird man Ihnen Erfrischungen herausbringen, oder
Sie könnten einen Spaziergang machen.«
»Sehr liebenswürdig«, meinte Janis.
»Welche frauenorientierte Gemeinschaft sperrt eigentlich
normale Frauen aus und lässt Männer ein?«
»Feministinnen«, antwortete Anderson.
»Ah ja«, meinte Kohn. »Du hättest ein
Kleid anziehen, dir die Poren mit Make-up zukleistern und falsche
Wimpern ankleben sollen. Dann hätte man dir die öde
Untersuchung des Wohnblocks gestattet, die jetzt allein mir
obliegt.«
Anderson lachte amüsiert und freimütig.
»Nehmen Sie sich’s nicht zu Herzen, Ma’am.
Es wird nicht länger als eine Stunde dauern, und wenn es
Ihnen nichts ausmacht, den Laster ein Stück vorzufahren,
damit wir ihn in der Zwischenzeit entladen und neu beladen
können…«
Janis zuckte die Achseln und warf ihm mit finsterer Miene eine
Kusshand zu. Kohn stieg aus.
»Bitte nehmen Sie keine Waffen mit«, sagte
Anderson.
Kohn koppelte den Rechner ab und wuchtete den Rucksack in den
Laster. Anderson hüstelte höflich. Kohn überlegte
einen Moment, dann seufzte er und reichte Janis eine Pistole, ein
Wurfmesser, ein Klappmesser und einen Schlagring aus Messing.
Sie durchquerten den Hof. Menschen schlenderten umher oder
waren mit Gartenarbeiten beschäftigt. Wie Kohn erwartet
hatte, waren die Frauen mit allen denkbaren Hilfsmitteln
herausgeputzt. Die Männer waren vergleichsweise trist und
konventionell gekleidet. Keine alten Menschen; keine Kinder.
»Sagen Sie mal, Stuart, worum geht es hier eigentlich?
Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten, wirken Sie nicht sonderlich
feminin.«
»Natürlich nicht«, meinte Stuart. »Das
ist nicht unser Ding. Unser Ziel ist es nicht, die
Geschlechterrollen miteinander zu verschmelzen oder sie
umzukehren, sondern das weibliche Geschlecht zum dominanten zu
machen.«
Moh schüttelte den Kopf. »Ich hab’s immer
noch nicht kapiert.«
»Vor allem geht es um den Frieden«, sagte
Anderson ganz ernsthaft, während sie die Wohnanlage betraten
und über einen hell erleuchteten Flur gingen. »Die
Gewalt ringsumher erfüllt uns mit Abscheu, und die
Feministinnen verfügen über eine Theorie, mit der sie
sich erklären lässt. Die so genannten männlichen
Tugenden haben sich überlebt. Aggressivität, Ehrgeiz,
Poduktivität. Wir sind an einem Punkt angelangt, da sich die
ganze Welt in ein Zuhause, einen Garten, eine Zuflucht verwandeln
könnte. Stattdessen dient sie als Fabrik, als Jagdgebiet,
als Schlachtfeld. Das meinen wir mit der Dominanz der
männlichen Tugenden. Der Feminismus setzt sich für die
längst überfällige Domestizierung der Spezies
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