Das Sternenprogramm
keine Antitechs.«
»Der gleichzeitige Überfall auf den AI-Trakt,
könnte das ein Zufall gewesen sein?« Kohn kreiste mit
der Fingerspitze gedankenverloren um ihren bemerkenswert flachen
Bauch. »Oder waren die beiden Aktionen miteinander
abgestimmt? Nee, das wäre zu zynisch – die ANR hasst
die Grünen von ganzem Herzen. Aber warum hasst sie sie
– ah-ha! Ich hab’s!«
»Autsch.«
»Verzeihung. – Also, es verhält sich so. Die
ANR ist stark im Kabel engagiert – das ist
schließlich das Baby der Republik –, vom Schwarzen
Plan ganz zu schweigen. Nach dem Staat und den Schutzsystemen ist
ihr schlimmster Feind Donovans hässliche Viren-Kampagne.
Daher ist zumindest davon auszugehen, dass sie die
BLK-Aktivitäten genau im Auge behält, in der
Realität wie in der Virtualität. Hm. Daher wusste die
ANR von dem geplanten Überfall und hat die Gelegenheit
wahrgenommen.«
Janis zuckte die Achseln. »Okay, aber ich verstehe noch
immer nicht, weshalb sie sich für meine Arbeit interessieren
sollte.«
»Vielleicht weil das ein Teil ihrer Forschung
war?« Kohn setzte sich ruckartig auf, dann drehte er sich
herum und packte Janis bei den Schultern. »Könnte es
sein, dass es dabei vor allem um mich ging, dass alles von Anfang
an geplant war?«
»Nein«, sagte Janis. »Das ist verrückt.
Das ist einfach zu paranoid.«
Er war nicht überzeugt. Er spürte, wie sich seine
Bauch- und Kiefermuskeln verkrampften, und entspannte sie
willentlich. Er wälzte sich auf den Rücken und
ließ den Arm schlaff auf den Boden baumeln. Mit den
Fingerspitzen berührte er das Gewehr.
Das Gewehr! Er stützte die eine Hand auf den Boden
und wuchtete mit der anderen das Gewehr aufs Bett, so dass es
quer über seinen Beinen zu liegen kam.
»Was…?« Janis setzte sich ebenfalls auf,
während Moh die Kommunikationsgeräte anschloss und nach
der VR-Brille tastete.
»Dein Projekt war das Letzte, wonach ich das Gewehr habe
suchen lassen, bevor alles anfing und dieses komische Zeug
downgeloaded wurde«, erklärte er. »Hab ganz
vergessen, mich zu erkundigen, was es herausgefunden
hat.«
»Suche Projektbeschreibung/Taine/Brunel/«, sagte
er.
»Hey, das könnte…«
Weißes Licht flammte in der Brille auf; weißes
Rauschen toste im Kopfhörer. Kohn duckte sich fluchend und
riss sich die Geräte vom Kopf.
»… riskant sein«, schloss Janis.
»Alles in Ordnung?«
»Was, zum Teufel, war das?«
»Ein Aufpasser-Programm«, antwortete Janis
amüsiert. »Eine dieser universitären
Sicherheitsmaßnahmen, über die du so gelästert
hast. Offenbar hat das Gewehr das Programm
mitgespeichert.«
Kohn rieb sich Augen und Ohren. »Lösch das!«,
knurrte er das Gewehr an, das noch immer Strom damit
verschwendete, ihn nervös zu machen. Das aus dem
Kopfhörer dringende Kreischen brach ab.
»Was ist hinter dem Schutzschirm?«, fragte er das
Gewehr.
»Das ist… unübersetzbar«, antwortete
der kleine Lautsprecher mit einem kleinen Zögern.
»Das war’s dann wohl.«
Janis hatte ihm schon wieder die Steppdecke geklaut.
»Wie wär’s, wenn wir’s indirekt versuchen
würden?«, schlug sie vor. »Wir könnten
Jordan anrufen, vielleicht kommt der ja damit zurecht.«
Kohn blickte sich im Zimmer um und entdeckte die wohlbekannte
weiße Plastikabdeckung des Netzanschlusses an der Wand.
»Wenn ich wollte, ginge das«, sagte er
bedächtig, »aber… ich habe ihm eine Nachricht
hinterlassen, die besagte, er solle die Angelegenheit sausen
lassen und sich um seinen eigenen Kram kümmern, und ich habe
das Gewehr sogar von der Kurzwelle abgekoppelt, weil… na
ja, angeblich sollen ein paar Sicherheitsebenen
unzuverlässig sein, nicht wahr? Deshalb waren die
Feministinnen ja auch so kontaktscheu. Das Risiko mag klein sein,
ist es aber trotzdem nicht wert.«
Janis musterte ihn schweigend. Er legte seine kalte Hand auf
ihre warme Schulter und drückte sie zärtlich.
»Los, komm«, sagte er. »Stehen wir auf und
lassen wir uns überraschen, was unsere neue Republik
für uns bereithält.«
Das Haus war nur mit dem Nötigsten ausgestattet. Der
Geruch ließ darauf schließen, dass es längere
Zeit unbewohnt gewesen war. In einem kleinen Raum im oberen
Stockwerk, der Ausblick bot aufs Wasser, stand ein Schreibtisch
mit einem Terminal. Kohn blickte das Terminal an und sah gleich
wieder aus dem Fenster. Es war still im Dorf, doch kurz darauf
näherte sich ein brummendes Humvee.
Janis kam herein;
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