Das Sternenprogramm
Ihr Labor zu überprüfen. Wir veranlassten unsere
Genossen von der ANR, einige Proben…
sicherzustellen.«
Er blickte Janis vielsagend an. »Es hat unsere
Repräsentanten beeindruckt, wie geschickt Sie den Vorfall
übergangen haben.«
Janis errötete, entweder vor Stolz oder vor
Verlegenheit.
»Und dann geschah etwas«, fuhr Van fort. Er
berichtete ihnen vom Clearinghaus (»Soll das heißen,
es existiert wirklich?«, warf Kohn ein) und von den
dortigen Vorgängen. Es erfüllte Kohn mit grimmiger
Genugtuung, dass außer ihm noch jemand glaubte, er sei
für das Erscheinen einer neuen AI verantwortlich. Also war
er doch nicht verrückt.
Allerdings war dies eine ziemlich eigensüchtige Form von
Erleichterung, wie er sich eingestehen musste.
Er biss sich beinahe auf die Zunge, als Van das Muster der von
den Tochterfirmen seines Arbeitgebers entnommenen biologischen
Daten erläuterte und erklärte, wie sie an die
US/UN-Files herangekommen waren und dass sein Name sie zu den
Daten über seinen Vater geführt habe.
Bleibtreu-Fèvres und Donovans Plan zu seiner Ergreifung
war deshalb gescheitert, weil sie nicht gewusst hatten, dass Van
im Rat der Lao Dong eine weit höhere Stellung einnahm als in
seiner Firma. In Minutenschnelle hatte Van die ANR alarmiert, die
ihre vor Ort verfügbaren Agenten – die
Krankenschwester und die Kassiererin in der Körperbank
– darauf ansetzten, Cat aus dem Weg zu schaffen und Moh
einzuspannen. Van war mit dem nächsten Shuttle nach Sydney
und von dort aus mit dem Suborbitalgleiter nach Glasgow
geflogen.
»Und von dort aus ins befreite Gebiet«, schloss
er, hinter einer Rauchwolke lächelnd. »Es wäre
nett, wenn Sie den Gang der Ereignisse nun aus Ihrer Sicht
schildern würden.«
Kohn zog eine von Vans Marlboros aus der Packung und
zündete sie umständlich an, während seine Gedanken
rasten. Das Ganze würde nur dann einen Sinn ergeben, wenn er
ihnen auch alles über die Sternenfraktion erzählte.
Hieße das, ein Geheimnis preiszugeben, das Josh vor der ANR
und sogar vor seiner eigenen Partei und der Internationalen hatte
verbergen wollen? Jetzt war es zu spät – ganz gleich,
welche geheimen Absichten Josh dem Schwarzen Plan mitgegeben,
welche Organisationen er gegründet – und programmiert
hatte –, jetzt waren sie aktiv, funktionierten in der
realen Welt. Man konnte davon ausgehen, dass sie robust waren und
dass man gut beraten war, sie zu verstehen. Daher erzählte
er den beiden Männern, unterstützt von Janis, alles,
was er wusste. MacLennan runzelte die Stirn, als er den Schwarzen
Planer erwähnte, und war offenbar so beunruhigt, dass er das
Thema gleich ansprach, als Kohn geendet hatte.
»Es gibt keine Schwarzen Planer«, sagte er mit
unerschütterlicher Gewissheit. »Das ist… eine
Desinformation, die wir in die Welt gesetzt haben. Das Gesicht,
das dieser Jordan gesehen hat, muss ein Interface des Schwarzen
Plans gewesen sein. Nicht, dass ich dergleichen schon einmal
gesehen hätte«, setzte er nachdenklich hinzu,
»aber das System hat eben seine Eigenheiten.«
»Was genau bewirkt der Schwarze Plan eigentlich?«,
fragte Janis.
Moh beugte sich vor und lauschte aufmerksam, als MacLennan das
System in nüchternen Begriffen erläuterte.
Bruchstücke des Programmcodes, verinnerlicht in den Stunden
und Tagen, die er vor dem Bildschirm seines Vaters verbracht
hatte, zogen durch seinen Geist wie die offenbar irrelevanten
bildlichen Vorstellungen, die bisweilen seine Gedanken
überschatteten, wenn er eine komplizierte Berechnung
anstellte: eine Penumbra von Zahlen.
Der Plan, so erzählte man ihnen, nehme Informationen aus
verschiedenen Quellen auf, angefangen von Aktienindizes bis zu
Kaderberichten; anschließend sichte es sie mit Hilfe von
Analyseroutinen; speichere die extrahierten Zahlen komprimiert im
CAL-System, einer auf Leontieff-Matrizen basierenden
mächtigen Analysemaschine, und ziehe in einem zweigleisigen
Prozess seine Schlüsse: ein sachkundiges System, dessen
Regeln im Laufe von Jahren anhand von ausgewerteten politischen
Erfahrungen aufgestellt worden waren, und ein neurales Netz, das
mit der Zeit neue Regeln festlegte und neue Hypothesen
entwickelte.
»Und nun kommen wir zum springenden Punkt. Wir pflegen
das als Just-in-time-Vernichtung zu bezeichnen«, fuhr
MacLennan mit einem Anflug von Humor, gleichwohl aber ernst und
geduldig, fort. »Wir fügen die einzelnen Komponenten
einer
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