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Das Sternenprogramm

Das Sternenprogramm

Titel: Das Sternenprogramm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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Isolierblase tauchte auf und hüllte sie beide sowie
zwei weitere Personen ein: einen Mann in Schwarz, der aussah wie
einer der Men in Black, der mythischen Vollstrecker der
mythischen Ufo-Vertuschung, sein Gesicht leichenblass, die Augen
safirblau, die Stirn an den falschen Stellen ausgebeult,
bekleidet mit einem schlecht sitzenden Anzug; und einen kleinen
Mann, der anscheinend ein Firmen-Avatar war, mit einem
Namensschild am blauen Overall. Ein Asiate, wahrscheinlich
Vietnamese.
    Der Mann in Schwarz ergriff als Erster das Wort. Auch seine
Stimme klang irgendwie nicht richtig, wie die Raubkopie einer
menschlichen Stimme. Donovan fragte sich, welche ironische
Anspielung dieser Simulation eines Abbilds wohl zu Grunde lag,
oder ob es sich um einen Einschüchterungsversuch
handelte.
    »Guten Abend. Ich bin Agent der Ermittlungsbehörde
der Vereinten Nationen für Wissenschaft, Technik und
Software. Sie können mich Bleibtreu-Fèvre
nennen.«
    Donovan hatte das Gefühl, als wäre er eine Katze,
die eine Schlange fixierte: er und die Stasis hatten die gleichen
Feinde und jagten die gleiche Beute, gleichwohl aber war er der
Ansicht, dass die Behörde mit ihren angeblich
hardwareerweiterten Ermittlern und ihrer unbestreitbar
fortschrittlichen Technik – die fortschrittlicher war als
die Technologie, die sie ausmerzen sollte – den Übeln,
die er seit Jahren fürchtete und bekämpfte,
gefährlich nahe stand. In der Vergangenheit war das
Bündnis für Leben auf Kohlenstoffbasis hin und wieder
gezwungen gewesen, mit der Stasis zusammenzuarbeiten, was ihm
jedes Mal eine Gänsehaut verursacht hatte.
    »Dr. Nguyen Thanh Van, Forschungsleiter bei Da Nang
Phytochemicals«, sagte der Vietnamese. Die schlechte
Qualität der Stimme und der Lippensynchronisation deutete
entweder auf primitive Hardware oder starke Verschlüsselung
hin.
    Donovan und Lawson stellten sich Van vor, worauf
Bleibtreu-Fèvre fortfuhr.
    »Heute Nachmittag«, sagte er, »musste ich
persönlich eingreifen. Es handelte sich um gefährliche
Drogenanwendungen, die – zweifellos unabsichtlich –
von einer, sagen wir, Tochtergesellschaft von Dr. Vans Firma
entwickelt wurden. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, dass
die Sicherheitsvorkehrungen dieser Forschungsabteilung
früher am Tag von einem Schwarm informationsbeschaffender
Softwarekonstrukte kompromittiert worden waren. Wie Sie wissen,
kam es in der Datensphäre kurz darauf zu mehreren
vorübergehenden, potenziell katastrophalen
Zwischenfällen. Man könnte dies als zufälliges
Zusammentreffen abtun, doch dagegen sprechen zwei Dinge. Erstens
konnte der Auslöser der Zwischenfälle in der
erwähnten Forschungseinrichtung lokalisiert werden. Zweitens
waren von den Zwischenfällen zwar zahlreiche Dienste und
Firmen betroffen, doch lässt sich eine statistisch
signifikante Häufung bei Forschungsprogrammen, die auf die
eine oder andere Weise mit Da Nang Phytochemicals in Verbindung
stehen, nicht übersehen.«
    Dr. Vans Avatar flackerte leicht, als wollte er etwas sagen,
habe es sich aber anders überlegt.
    »Beunruhigend ist, dass eine beträchtliche Menge
von Forschungsdaten, darunter schwer zu ersetzendes genetisches
Archivmaterial, das an über die ganze Welt verteilten Orten
gespeichert war, einfach verschwunden ist. Am beunruhigendsten
aber ist Folgendes:
    Eine vorläufige Analyse des Wirkungskreises und der
möglichen Ursache der Störungen deutet darauf hin, dass
wir es günstigstenfalls mit einem Virus bislang unbekannter
Komplexität und schlimmstenfalls mit der Manifestation einer
autonomen künstlichen Intelligenz zu tun haben.«
    »Der Uhrmacher«, murmelte Melody Lawson.
    »Das wäre eine Möglichkeit«, meinte der
Stasis-Agent.
    »Weshalb haben Sie mit uns Kontakt aufgenommen?«,
fragte Donovan in möglichst unschuldigem Ton.
    »Verarschen kann ich mich selbst!«, knurrte
Bleibtreu-Fèvre. Nachdem er bislang so gestelzt
dahergeredet hatte, wirkte seine plötzliche Vulgarität
wie ein Schock. »Sie wissen ganz genau, dass die West
Middlesex-Zelle Ihrer Organisation gestern Nacht die
AI-Forschungsabteilung der Brunei Universität angegriffen
hat. Zur gleichen Zeit wurde in das Drogenlabor
eingebrochen…«
    »Damit habe ich nichts zu tun«, warf Donovan ein.
Bleibtreu-Fèvre nahm dies zur Kenntnis, fuhr aber
unerbittlich fort:
    »… und eines Ihrer Viren – ein illegales,
auf seine Art ebenfalls gefährliches Virus, möchte

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